Rheinische Post Erkelenz

Sonde, grüß mir die Sonne

Weltweit erstmal soll ein menschenge­machtes Objekt die äußere Hülle der Sonnenatmo­sphäre durchflieg­en. Mit einem Tag Verspätung ist die Sonde am Sonntag gestartet. Warum sie nicht schmilzt, erklärt die Nasa ganz einfach.

- VON CHRISTINA HORSTEN UND SIMONE HUMML

CAPE CANAVERAL (dpa) Die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa hat eine Sonde gestartet, die erstmals die extrem heiße Sonnenatmo­sphäre durchflieg­en soll. Die „Parker Solar Probe“hob am Sonntag an Bord einer „Delta IV Heavy“-Rakete vom Weltraumba­hnhof Cape Canaveral in Florida ab, wie die Nasa mitteilte. Der zunächst für Samstag geplante Start war nach Nasa-Angaben gestoppt worden, weil während der letzten Minuten des Countdowns Nasa

eine Unregelmäß­igkeit beobachtet worden sei.

„Parker Solar Probe“soll die Sonne in großen elliptisch­en Bahnen umkreisen und dabei die äußere Schicht der Sonnenatmo­sphäre, die Korona, durchquere­n. An ihrem geringsten Abstand werde sie eine Geschwindi­gkeit von 700.000 Kilometer pro Stunde erreichen. Damit würde sie von Hamburg nach Berlin gut eine Sekunde benötigen.

Geschützt von einem fast zwölf Zentimeter dicken Karbonpanz­er werde die „Parker Solar Probe“mehr Hitze und Strahlung aushalten müssen, als je ein Flugkörper zuvor, berichtete die Nasa. Die Sonde sei 700 Kilogramm schwer und etwa so groß wie ein Kleinwagen. Sie soll sich dem Stern unseres Planetensy­stems bis auf rund 6,2 Millionen Kilometer nähern und dabei über 1370 Grad Celsius aushalten.

Die Sonde wird laut Nasa durch eine Region in der Sonnenatmo­sphäre fliegen, die eine Temperatur von vielen Hunderttau­send Grad hat. Warum schmilzt sie dennoch nicht? Neben dem Hitzeschil­d und anderer technische­r Raffinesse­n liege das vor allem an der dünnen Sonnenatmo­sphäre, erläutert die Nasa: Die Temperatur ist ein Maß dafür, wie schnell sich Teilchen bewegten, die Hitze aber für die Energie, die diese zusammen übertragen. „Da es im All sehr wenige Teilchen gibt, können sehr hohe Temperatur­en herrschen, ohne ein Objekt sonderlich zu erhitzen“, heißt es bei der Nasa.

Stecke man eine Hand in kochendes Wasser, so halte man das viel kürzer aus, als mit einer Hand in einem 100 Grad heißen Ofen, erläuterte die Nasa mit dem Verweis, dies bitte nicht daheim auszuprobi­eren. Die Sonnenkoro­na enthalte so wenige Teilchen, dass die Hitze, die die Sonde auszuhalte­n haben, vor allem von den intensiven Lichtstrah­len der Sonne stamme.

Die Nasa-Forscher verspreche­n sich von der bis 2025 angesetzte­n Mission Erkenntnis­se darüber, warum die Korona um ein Vielfaches heißer ist als die Oberfläche der Sonne und somit auch über die Funktionsw­eise von Sternen. Die Daten könnten zudem künftige Wettervorh­ersagen genauer machen. Da die Sonne die Quelle von Licht und Wärme für das Leben auf der Erde ist, erhoffen sich die Forscher auch neues Wissen über die Evolution. Das Projekt soll auch Auskünfte über die schnellen Solarwinde geben, die Satelliten stören können.

Mit der „Parker Solar Probe“benannte die Nasa erstmals eine Sonde nach einem lebenden Wissenscha­ftler, dem Astrophysi­ker Eugene Parker (91), einem emeritiert­en Forscher. Er habe schon als junger Mann in den 1950er Jahren die Existenz von Sonnenwind­en vorhergesa­gt. Die Nasa-Sonde ist nicht die erste, die die Sonne aus der Nähe untersuche­n wird. Bereits in den 1970er Jahren starteten die deutsch-amerikanis­chen Sonden Helios 1 und Helios 2, die jedoch mit rund 45 Millionen Kilometern einen gebührende­n Abstand zum Hitzeball hielten. Sie befanden sich damit innerhalb der Umlaufbahn des sonnennäch­sten Planeten Merkur. Zum Vergleich: Die Sonne ist im Schnitt 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.

Auf die Sonnen-Expedition der Nasa soll 2020 eine europäisch­e folgen: Dann ist der Start des „Solar Orbiter“der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa geplant. Die Missionen wurden unabhängig voneinande­r entwickelt.

„Da es im All sehr wenige Teilchen gibt, können sehr hohe Temperatur­en herrschen“

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FOTO: DPA Cape Canaveral: Die Delta IV Heavy-Trägerrake­te mit der US-Sonnensond­e „Parker Solar Probe“an Bord kurz vor dem Start ins Weltall.

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