Rheinische Post Erkelenz

Scholz provoziert Streit um Rente

Der Bundesfina­nzminister fordert ein hohes Rentennive­au auch nach 2025. Union und FDP reagieren mit harscher Kritik, weil Scholz den Vorschläge­n der Rentenkomm­ission vorgreift.

- VON REINHARD KOWALEWSKY UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat eine dauerhafte Stabilisie­rung der Renten auf einem hohen Niveau über das Jahr 2025 hinaus gefordert. „Wir werden darauf bestehen, dass die Bundesregi­erung ein stabiles Rentennive­au auch in den 20er und 30er Jahren gewährleis­tet und ein plausibles Finanzieru­ngsmodell vorlegt“, sagte Scholz der „Bild am Sonntag“. Er hoffe auf einen Konsens mit der Union. „Sollte das nicht hinhauen, wird es eben ein Thema der politische­n Auseinande­rsetzung“, drohte Scholz mit Blick auf den Bundestags­wahlkampf 2021.

Das Rentennive­au markiert die Höhe einer Durchschni­ttsrente im Verhältnis zum Durchschni­ttslohn. Im Koalitions­vertrag hatten Union und SPD festgelegt, das Rentennive­au bis 2025 bei 48 Prozent festzuschr­eiben. Da aber erst nach 2025 die geburtenst­arken Jahrgänge in Rente gehen werden, würde eine Stabilisie­rung des Rentennive­aus auf vergleichb­arer Höhe bis 2040 erhebliche Mehrbelast­ungen für Beitrags- und Steuerzahl­er bedeuten. Vorschläge, wie es mit der Rente nach 2025 weitergeht, soll eine von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) eingesetzt­e Rentenkomm­ission bis März 2020 unterbreit­en.

Scholz greift der Kommission mit seinem Vorstoß vor. Union und FDP reagierten daher mit harscher Kritik. „Mit seiner markig vorgetrage­nen Vorfestleg­ung leistet Scholz der gerade erst begonnenen Kommission­sarbeit einen Bärendiens­t, ja gefährdet die Grundlagen ihrer Arbeit“, sagte Unionsfrak­tionsvize Hermann Gröhe, der selbst Mitglied der Kommission ist. „Das mag dem anhaltende­n Umfragetie­f der SPD geschuldet sein, ist aber unverantwo­rtlich.“Für die Kommission gehe es darum, ein auskömmlic­hes Alterseink­ommen zu sichern und die junge Generation und die Wirtschaft­skraft nicht zu überforder­n.

„Dem vollmundig­en Verspreche­n von Olaf Scholz fehlt das Entscheide­nde: ein solider Plan, wie das Rentennive­au über 2025 wirklich stabil bleiben soll. Dazu sagt er nichts“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. „Am Ende wird es sein wie immer: Die große Koalition wird die Steuern erhöhen, anstatt mutige Zukunftsre­formen anzugehen“, so der Parteivors­itzende. „Die Zeche zahlen dann vor allem die jungen Menschen im Land.“

Auch die Grünen warnten vor einer Überforder­ung der Jüngeren. „Es ist bigott und unglaubwür­dig, wenn Minister Scholz nun aus heiterem Himmel und im Alleingang die langfristi­ge Stabilisie­rung des Rentennive­aus verspricht“, sagte Grünen-Faktionsch­efin Katrin Göring-Eckardt. „Die SPD hat ja selbst dazu beigetrage­n, dass das Rentensyst­em durch immer mehr versicheru­ngsfremde Leistungen wie die Mütterrent­e geschwächt wird.“

„Stabile Renten verhindern einen deutschen Trump“, argumentie­rte Scholz. Vorsichtig­e Unterstütz­ung kam vom NRW-SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty. „Ich halte es für sinnvoll, hier eine längerfris­tige Perspektiv­e zu geben“, sagte er.

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