Nahles bringt deutsche Türkei-Hilfe ins Gespräch
Bundesfinanzminister Scholz soll die angeschlagene Türkei gedrängt haben, IWF-Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Union stellt Hilfe unter Bedingungen.
BERLIN Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat deutsche Hilfe für die wirtschaftlich in Bedrängnis geratene Türkei ins Gespräch gebracht. „Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss – unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident Erdogan“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden.“Die Union reagierte ablehnend.
Laut „Spiegel“hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die türkische Regierung bereits in einem Telefonat gedrängt, ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu akzeptieren. Die türkische Lira verlor seit Jahresbeginn bereits 40 Prozent ihres Werts. Die Krise vertiefte sich, nachdem US-Präsident Donald Trump vorvergangene Woche weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Nato-Partner angekündigt hatte. Hintergrund ist, dass Erdogan den US-Pastor Andrew Brunson in der Türkei unter Hausarrest gestellt hatte. Ihm wirft er Terrorismus vor.
IWF-Hilfe habe in einem Telefonat von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit seinem türkischen Amtskollegen Berat Albayrak am Donnerstag eine Rolle gespielt, so der „Spiegel“. Scholz soll Albayrak ermuntert haben, die ablehnende Haltung der Türkei zu überdenken.
CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt lehnte Hilfe für die Türkei nicht grundsätzlich ab, machte sie aber von Bedingungen abhängig. „Die Ursache für die Wirtschaftsund Währungskrise in der Türkei sind die fahrlässigen Äußerungen von Präsident Erdogan mit Blick auf die Unabhängigkeit der Zentralbank und die Rechtsstaatlichkeit. Wenn Erdogan diese Haltung nicht grundsätzlich ändert, machen Wirtschaftshilfen keinen Sinn, dann wäre das vergeudetes Geld“, sagte Hardt. „Wenn die türkische Regierung allerdings umschwenken würde, könnte man über Hilfen nachdenken. Wir haben ein Interesse an einer starken Türkei.“
Der Druck auf die Türkei wächst, nachdem die Ratingagenturen Standard & Poor‘s (S&P) und Moody‘s die Kreditwürdigkeit des Landes am Freitag weiter herabgestuft haben. Aus Sicht der Bonitätswächter droht der Türkei eine anhaltende Wirtschaftskrise.
Erdogan war am Samstag auf dem Kongress seiner islamisch-konservativen AKP als Parteichef wiedergewählt worden. Zu diesem Anlass teilte er erneut gegen die USA aus und gab sich kampfeslustig. Die Türkei werde sich weder von US-Sanktionen noch von schlechten Noten für ihre Bonität einschüchtern lassen, sagte Erdogan. „Einige Leute drohen uns über die Wirtschaft, durch Sanktionen, Wechselkurse, Zinssätze und Inflation“, sagte der türkische Präsident. „Wir sagen ihnen: Wir haben eure Spielchen erkannt, und wir fordern euch heraus.“Man werde nicht vor denen kapitulieren, die nur vorgäben, ein „strategischer Partner“zu sein.