Indien kämpft mit den Fluten nach Monsun
Der Bundesstaat Kerala erlebt die schlimmsten Überschwemmungen seit 100 Jahren.
NEU-DELHI (dpa) In Rettungsbooten bringen Menschen ihre Habseligkeiten in Sicherheit, viele müssen sich an Dächer klammern, Hunderttausende harren in Notunterkünften aus: Die nach offiziellen Angaben schlimmste Flut seit 100 Jahren hat den südindischen Bundesstaat Kerala fest im Griff. Wassermassen haben mehr als 100.000 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Die Staatsregierung bemühe sich, Trinkwasser, Nahrung und Medikamente auf dem Luftweg zu ihnen zu bringen, sagte der Landwirtschaftsminister von Kerala, VS Sunil Kumar.
Trotz der langsam nachlassenden Regenfälle sind die Herausforderungen für die Helfer gewaltig: Zwischen 800.000 und einer Million Menschen seien in Notunterkünften untergebracht, sagte Kumar. Zehntausende warteten noch auf Dächern auf Hilfe.
In der auch bei Touristen beliebten Region sind mehr als 40 Flüsse über die Ufer getreten, 80 Dämme mussten geöffnet werden. Straßen wurden zu Flüssen, Brücken stürzten ein, vielerorts gibt es keine Telefonverbindungen und keinen Strom mehr, es besteht Seuchengefahr.
Papst Franziskus betete auf dem Petersplatz für die Opfer: „Möge es diesen Brüdern nicht an unserer Solidarität und an konkreter Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft fehlen.“
Seit dem 8. August kämpfen die Menschen in Kerala gegen die Wassermassen. Heftige Regenfälle sind in der Monsun-Saison üblich – doch in diesem Jahr fallen sie außergewöhnlich stark aus. Mehr als 350 Menschen starben bereits. Die meisten Opfer ertranken oder kamen bei Erdrutschen um.
In vielen Städten und Dörfern stieg das Wasser so hoch, dass zweigeschossige Gebäude überflutet wurden. 1300 Einsatzkräfte, 30 Militärhubschrauber und rund 400 Boote waren an den Rettungsarbeiten beteiligt. Mancherorts liehen sich Retter Boote von Fischern, um nach Opfern suchen zu können. Auf Bildern waren alte Frauen zu sehen, die Bündel mit ihren kostbarsten Besitztümern festhielten, während sie per Boot in Sicherheit gebracht wurden.
Regierungschef Narendra Modi versprach Nothilfe in Höhe von fünf Milliarden Rupien (rund 60 Millionen Euro). Die Regierung des Bundesstaats verlangt jedoch 20 Milliarden Rupien. Die Schäden hätten Schätzungen zufolge bereits eine Höhe von 195 Milliarden Rupien (2,4 Milliarden Euro) erreicht.
Die Monsun-Saison dauert in Indien von Juni bis September. Die Regenfälle sind unerlässlich für die Landwirtschaft der Region, können aber enorme Zerstörungen anrichten.