Erneut Wirbel um AfD-Politiker Steinke
Der Ex-Chef des AfD-Nachwuchses in Niedersachsen soll in Sprachnachrichten den Zweiten Weltkrieg als Verteidigungskrieg bezeichnet haben.
DÜSSELDORF Er hatte den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als „Feigling“und „Verräter“bezeichnet – darum ist Lars Steinke nicht mehr Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) in Niedersachsen. Das Schiedsgericht der JA hatte den 25-Jährigen am vergangenen Dienstag nach einem Eilantrag seines Amtes enthoben. Nun gibt es einen weiteren Vorwurf: Kriegs verherrlichende Sprachnachrichten machen die Runde, die Steinke aufgenommen haben soll.
In den Aufnahmen wird der Zweite Weltkrieg als Verteidigungskrieg bezeichnet und der Angriff der Deutschen auf Polen am 1. September 1939 als unvermeidlich. Der Überfall sei „die Wiedereinnahme des völkerrechtlich uns gehörenden Gebiets“gewesen, heißt es unter anderem in der Sprachnachricht. „Dass das als Angriffskrieg in der Geschichte ausgelegt wird, ist einfach Geschichtsfälschung.“Hitler sei gezwungen gewesen, Polen anzugreifen, „weil es seine Wähler von ihm verlangt haben.“
Lars Steinke bestreitet, dass die Aufnahmen von ihm stammen: „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals diese Aussagen getätigt zu haben“, sagt er. „Die angeblichen Sprachnachrichten sind mir nicht bekannt. Ich lehne die Inhalte der Sprachnachricht vollkommen ab.“
Aus Kreisen der Jungen Alternative heißt es, die Tonaufnahmen seien Lars Steinke zuzuordnen und hätten sich unter seinem Namen unter mehreren JA-Mitgliedern verbreitet. Die Nachrichten seien bereits vor dem Ausschluss am vergangenen Dienstag bekannt gewesen.
Laut Protokoll der Bundeskonventsitzung, das unserer Redaktion vorliegt, stimmten 15 Mitglieder für den Ausschluss von Steinke, es gab fünf Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Von den Bundesvorstandsmitgliedern votierte lediglich Matthias Scholz, Vorsitzender der JA Sachsen, gegen den Rauswurf. Felix Koschkar, ebenfalls Bundesvorstandsmitglied, enthielt sich.
In JA-Kreisen sind Scholz und Koschkar dafür bekannt, sich am rechten Rand der Jugendorganisation zu positionieren. Beide fielen auch durch Nähe zur rechtsradikalen, vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“auf. Scholz teilte in der Vergangenheit Beiträge der Gruppe auf seiner Facebookseite und kommentierte diese lobend. Dafür hatte die JA den 28-Jährigen gerügt. Koschkar organisiert nachweislich Stammtische der JA Sachsen-Anhalt in Räumen der „Identitären Bewegung“.
Das Bundesschiedsgericht der JA hatte mit dem Urteil vom Dienstag dem Antrag des JA-Bundesvorstands zur sofortigen Amtsenthebung stattgegeben, teilte die JA am Mittwoch mit. Steinke habe vorsätzlich das öffentliche Ansehen der Jugendorganisation durch möglicherweise rechtswidrige Äußerungen beschädigt, hieß es. Der angerichtete Schaden sei erheblich.
Lars Steinke hatte in einem nicht öffentlich einsehbaren Facebook-beitrag den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg diffamiert. In Interviews bestätigte Steinke, den Text selbst geschrieben zu haben und distanzierte sich von seiner Formulierung.
AfD-Chef Alexander Gauland hatte sich nach Bekanntwerden des Beitrags für einen Parteiausschluss Steinkes ausgesprochen, Steinke habe sich „für die AfD disqualifiziert“. „Solche Äußerungen sind ein bodenloser Schwachsinn“, ließ er über einen Sprecher verlauten. „Stauffenberg ist ein Held der deutschen Geschichte.“(mit dpa)