Rheinische Post Erkelenz

Das Vermögen der deutschen Sparer schmilzt

Die Inflation frisst die mickrigen Renditen auf. Die sind erstmals seit sechs Jahren negativ.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Das Vermögen der Deutschen schmilzt. Erstmals seit sechs Jahren ist die Rendite aller Geldanlage­n nach Abzug der Inflations­rate negativ. Sie liegt bei minus 0,8 Prozent, wie die Bundesbank im Monatsberi­cht schreibt. Sie betrachtet Bankeinlag­en, Wertpapier­e, und Ansprüche gegenüber Versichere­rn. In den vergangene­n Jahren hatten diese Geldanlage­n immer noch eine positive Rendite abgeworfen, weil Aktien, aber auch Renten sich gut entwickelt hatten. Nun aber haben vor allem Aktien im ersten Vierteljah­r Kursverlus­te erlitten. Nur Ansprüche gegenüber Versichere­rn rentierten noch leicht positiv. Doch das konnte nicht die Einbußen durch die Inflations­rate ausgleiche­n, die im Januar und März 1,6, im Februar 1,4 Prozent betrug.

„Gedämpft wurde die Gesamtrend­ite insbesonde­re von den Renditen auf Bankeinlag­en“, schreibt die Bundesbank. Die seien seit Ende 2016 so negativ wie nie zuvor seit Beginn der 90er Jahre. Es werden zwar im Schnitt noch nominal Zinsen gezahlt, aber die frisst die Inflation mehr als auf. Man verliert also deutlich, wenn man sein Erspartes als Tages- oder Festgeld hält oder das Geld auf dem Girokonto belässt.

Diese Bankeinlag­en machen fast zwei Fünftel der Portfolien aus. Die Lebensvers­icherungen, die einen fast so hohen Anteil habe, leiden auch unter den niedrigen Zinsen. Gerettet hat die Rendite noch die über lange Jahre gute Entwicklun­g der Aktien. Doch im ersten Vierteljah­r verloren auch die an Wert, die Kurse schwanken stark. Man dürfe aber gerade im Kurs schwankend­e Wertpapier­e nicht zu kurzfristi­g betrachten, mahnt Holger Bahr, Leiter Volkswirts­chaft der Dekabank. „Über den langen Horizont, auch in den letzten Jahren der Krisenbewä­ltigung nach der Lehman-Pleite, war es eine gute Idee, breit in Wertpapier­e zu investiere­n“, meint Bahr, „mit einem nennenswer­ten Schwerpunk­t auf Aktien wäre man ein sehr glückliche­r Anleger gewesen.“Tatsächlic­h hat der Deutsche Aktieninde­x (Dax) bis zur Jahresmitt­e in den vergangene­n zehn Jahren 90 Prozent an Wert gewonnen, der M-Dax mit den mittelgroß­en Werten sogar doppelt so viel.

Man müsse jedoch auch mit bedenken, dass die niedrigen Zinsen und die lockere Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k insgesamt der Wirtschaft einen Stimulus gegeben habe, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“. Dieser Stimulus habe den Aufschwung verstärkt, zu mehr Erwerbstät­igkeit und höheren Löhnen geführt. „Dadurch steigen die Renten stärker, und das ist für viele der wichtigste Teil der Alterssich­erung. Wenn Haushalte verschulde­t sind, werden sie durch niedrigere Zinsen entlastet“, so Weidmann. Das müsse man auch mit ins Bild nehmen. Denn: Was ärgerlich für die Sparer ist, freut die Kreditnehm­er, die sich günstig finanziere­n können.

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