Neuer Spacey-Film spielt nur 126 Dollar ein
Der von Missbrauchsvorwürfen belastete Schauspieler ist nach einem Jahr wieder im Kino zu sehen.
DÜSSELDORF In den USA ist am Wochenende ein neuer Film mit Kevin Spacey ins Kino gekommen. Er heißt „Billionaire Boys Club“und spielte am ersten Tag 126 Dollar ein und am zweiten 162 Dollar. Nur zehn Häuser haben den Film überhaupt auf der großen Leinwand gezeigt; im Schnitt kauften sich in jedem Kino also zwei Kunden Karten für das Werk. Diese rekordverdächtig kleine Zahl dokumentiert, wie schnell die Filmwelt Kevin Spacey aus ihrem Gedächtnis gestrichen hat.
Noch vor einem Jahr war Spacey ein Gigant. Für sein Spiel in „Die üblichen Verdächtigen“(1996) und „American Beauty“(2000) wurde er mit dem Oscar geehrt, er war der Star der TV-Serie „House Of Cards“. Die Studios verdienten viel Geld mit ihm. Sein Film „Baby Driver“startete Ende Juni 2017 und spielte am ersten Wochenende fast 20 Millionen Dollar ein.
Am 29. Oktober 2017 endete seine Karriere völlig überraschend, sogar die Uhrzeit ist hinterlegt: Um 18.27 Uhr erschien auf der Nachrichtenseite Buzzfeed ein Artikel, in dem der Schauspieler Anthony Rapp schwere Vorwürfe gegen Spacey erhebt. Der habe ihn 1986 am Rande einer Party sexuell bedrängt; er sei damals 14 gewesen, Spacey 26. In der Folge meldeten sich Dutzende weitere Männer, die angaben, ähnliche Erfahrungen mit Spacey gemacht zu haben. Heute laufen Ermittlungen in acht Fällen gegen Spacey, eine Anklage wurde indes nicht erhoben, auch eine Anhörung hat nicht stattgefunden.
Spacey reagierte auf die ersten Vorwürfe bei Twitter. Er sei schockiert über die Geschichte, schrieb er. Er könne sich nicht mehr erinnern, aber wenn sie sich so zugetragen habe, sei sie unverzeihlich. Er bat um Entschuldigung und verband die Bitte mit seinem Outing: „Ich habe in meinem Leben Männer geliebt und mit ihnen romantische Begegnungen gehabt und habe mich nun entschieden, als schwuler Mann zu leben.“Spacey wurde das Geständnis als Manöver ausgelegt, von den Vorwürfen der Nötigung und Pädophilie abzulenken. Dass er kommunizieren ließ, er habe den Text nicht selbst verfasst, half nichts.
Der „Spiegel“hat jüngst in einer Geschichte aus Los Angeles aufgeschlüsselt, was in den Tagen nach der Veröffentlichung der Vorwürfe geschah. Netflix beschloss das Ende von „House Of Cards“, der angekündigte Spezial-Emmy für Spacey wurde abgesagt, Ridley Scott ließ Spacey aus dem fertigen Film „All The Money In The World“schneiden, obwohl das zehn Millionan Dollar an Kosten verursachte.
Im selben „Spiegel“-Artikel berichtet Spaceys älterer Bruder von der harten Kindheit unter einem übergriffigen Vater. Sein Leben lang sei der Bruder heimatlos gewesen. Spacey selbst äußerte sich nicht mehr, kaum jemand hat Kontakt zu ihm. Es heißt, er lasse sich wegen Sexsucht behandeln. Das letzte Paparazzo-Foto zeigt ihn Ende November 2017 auf dem Gelände einer Klinik in Arizona.
Hollywood hat Kevin Spacey, der kürzlich 59 wurde, binnen eines Jahres ausradiert. Umso erstaunlicher, dass nun dennoch ein Film mit ihm ins Kino gekommen ist. „Billionaire Boys Club“wurde bereits 2015 gedreht. Dahinter steht die kleine Firma Vertical Entertainments. Sie brachte die Produktion bereits Mitte Juli als Video On Demand im Internet heraus. Ins Kino habe man den Film gebracht, damit der Crew und den anderen Darstellern die Chance gegeben werde, das Ergebnis ihrer Arbeit auf der großen Leinwand zu erleben, heißt es in einer Erklärung. Und weiter: „Wir hoffen, dass die Vorwürfe gegen Kevin Spacey den Kinostart nicht trüben.“