Rheinische Post Erkelenz

Neuer Spacey-Film spielt nur 126 Dollar ein

Der von Missbrauch­svorwürfen belastete Schauspiel­er ist nach einem Jahr wieder im Kino zu sehen.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF In den USA ist am Wochenende ein neuer Film mit Kevin Spacey ins Kino gekommen. Er heißt „Billionair­e Boys Club“und spielte am ersten Tag 126 Dollar ein und am zweiten 162 Dollar. Nur zehn Häuser haben den Film überhaupt auf der großen Leinwand gezeigt; im Schnitt kauften sich in jedem Kino also zwei Kunden Karten für das Werk. Diese rekordverd­ächtig kleine Zahl dokumentie­rt, wie schnell die Filmwelt Kevin Spacey aus ihrem Gedächtnis gestrichen hat.

Noch vor einem Jahr war Spacey ein Gigant. Für sein Spiel in „Die üblichen Verdächtig­en“(1996) und „American Beauty“(2000) wurde er mit dem Oscar geehrt, er war der Star der TV-Serie „House Of Cards“. Die Studios verdienten viel Geld mit ihm. Sein Film „Baby Driver“startete Ende Juni 2017 und spielte am ersten Wochenende fast 20 Millionen Dollar ein.

Am 29. Oktober 2017 endete seine Karriere völlig überrasche­nd, sogar die Uhrzeit ist hinterlegt: Um 18.27 Uhr erschien auf der Nachrichte­nseite Buzzfeed ein Artikel, in dem der Schauspiel­er Anthony Rapp schwere Vorwürfe gegen Spacey erhebt. Der habe ihn 1986 am Rande einer Party sexuell bedrängt; er sei damals 14 gewesen, Spacey 26. In der Folge meldeten sich Dutzende weitere Männer, die angaben, ähnliche Erfahrunge­n mit Spacey gemacht zu haben. Heute laufen Ermittlung­en in acht Fällen gegen Spacey, eine Anklage wurde indes nicht erhoben, auch eine Anhörung hat nicht stattgefun­den.

Spacey reagierte auf die ersten Vorwürfe bei Twitter. Er sei schockiert über die Geschichte, schrieb er. Er könne sich nicht mehr erinnern, aber wenn sie sich so zugetragen habe, sei sie unverzeihl­ich. Er bat um Entschuldi­gung und verband die Bitte mit seinem Outing: „Ich habe in meinem Leben Männer geliebt und mit ihnen romantisch­e Begegnunge­n gehabt und habe mich nun entschiede­n, als schwuler Mann zu leben.“Spacey wurde das Geständnis als Manöver ausgelegt, von den Vorwürfen der Nötigung und Pädophilie abzulenken. Dass er kommunizie­ren ließ, er habe den Text nicht selbst verfasst, half nichts.

Der „Spiegel“hat jüngst in einer Geschichte aus Los Angeles aufgeschlü­sselt, was in den Tagen nach der Veröffentl­ichung der Vorwürfe geschah. Netflix beschloss das Ende von „House Of Cards“, der angekündig­te Spezial-Emmy für Spacey wurde abgesagt, Ridley Scott ließ Spacey aus dem fertigen Film „All The Money In The World“schneiden, obwohl das zehn Millionan Dollar an Kosten verursacht­e.

Im selben „Spiegel“-Artikel berichtet Spaceys älterer Bruder von der harten Kindheit unter einem übergriffi­gen Vater. Sein Leben lang sei der Bruder heimatlos gewesen. Spacey selbst äußerte sich nicht mehr, kaum jemand hat Kontakt zu ihm. Es heißt, er lasse sich wegen Sexsucht behandeln. Das letzte Paparazzo-Foto zeigt ihn Ende November 2017 auf dem Gelände einer Klinik in Arizona.

Hollywood hat Kevin Spacey, der kürzlich 59 wurde, binnen eines Jahres ausradiert. Umso erstaunlic­her, dass nun dennoch ein Film mit ihm ins Kino gekommen ist. „Billionair­e Boys Club“wurde bereits 2015 gedreht. Dahinter steht die kleine Firma Vertical Entertainm­ents. Sie brachte die Produktion bereits Mitte Juli als Video On Demand im Internet heraus. Ins Kino habe man den Film gebracht, damit der Crew und den anderen Darsteller­n die Chance gegeben werde, das Ergebnis ihrer Arbeit auf der großen Leinwand zu erleben, heißt es in einer Erklärung. Und weiter: „Wir hoffen, dass die Vorwürfe gegen Kevin Spacey den Kinostart nicht trüben.“

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FOTO: DPA Kevin Spacey als US-Präsident Frank Underwood mit Robin Wright in der inzwischen beendeten TVSerie „House of Cards“.

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