„Angebote für Gamer über 50“
Der Deutschland-Chef des Spieleentwicklers Electronic Arts über die Spieler von heute.
KÖLN Jens Kosche (49) ist Deutschland-Geschäftsführer des Spiele-Entwicklers und -Publishers Electronic Arts („Fifa“, „Battlefield“, „Die Sims“), der weltweit mehr als 4,3 Milliarden Euro umsetzt.
Herr Kosche, wie kommt man von Süßwaren zu Computerspielen?
Ich habe in Bremen für Milka gearbeitet. Und das ist wahr: Ich wollte wegen des schlechten Wetters in den Süden. So kam ich ins Rheinland und habe für Mars in Viersen gearbeitet. Ich musste aber feststellen, dass das Wetter in Düsseldorf nicht sehr viel besser war als in Bremen. Ich bin trotzdem geblieben. Auch wegen der rheinischen Frohnatur. Und vor 15 Jahren sah ich eine Stellenanzeige mit einem Logo, das mir bekannt vorkam.
KOSCHE
Das von Electronic Arts.
Genau. Und das Logo kannte ich aus dem Strategiespiel „Command & Conquer“für den PC, das ich gerne gespielt habe. Es war eine wunderbare Gelegenheit, Beruf und Freizeit zusammenzubringen.
KOSCHE
Liegt Deutschland bei der Spiele-Entwicklung im internationalen Vergleich zurück?
Auch in Deutschland wächst und wächst der Umsatz mit Computerspielen – allein im ersten Halbjahr 2018 um 17 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Aber deutsche Entwickler haben daran nur noch einen Anteil von rund fünf Prozent. Würden wir das auf andere klassische Industriezweige übertragen, dann wäre das kein guter Wert. Wir würden sogar von einer Krise sprechen. Es ist also gut, wenn die Bundesregierung erkennt, dass wir bei den Computerspielen in Deutschland handeln müssen.
KOSCHE
In Zukunft dürften viele Spiele gestreamt werden. Konsolen würden unwichtiger, weil ein Fernseher dafür ausreicht. Nvidia, Xbox und Sony arbeiten daran und Electronic Arts ebenfalls.
So schnell wird das nicht kommen. Vor allem nicht in Deutschland. Es gibt kaum ein anderes Land, in dem so viele Spiele in einem Geschäft gekauft und mit Bargeld bezahlt werden. Es scheint eine deutsche Eigenheit zu sein, dass man die Dinge anfassen möchte. Aber wir sind Plattform-Agnostiker und wollen dort vertreten sein, wo die Leute spielen. Das kann ein
KOSCHE
Smartphone sein oder eine Konsole zu Hause oder langfristig ein Fernseher mit der entsprechenden App.
Vor ein paar Monaten gerieten bei Electronic Arts die kostenpflichtigen Zusatzinhalte für Spiele in die Kritik, die entscheidend für den
Sieg sein können. Die sogenannten Lootboxen.
Wir haben daraus gelernt, dass die Spieler Angebote haben wollen, mit denen sie ihre Figur kosmetisch verändern und anpassen können – die aber nicht entscheidend für das Spiel sind oder Einfluss auf den Erfolg haben. Wir wären schlecht beraten, wenn wir unseren Kunden nicht das bieten, was sie tatsächlich wollen.
KOSCHE
Das funktioniert bei Sportspielen wie „Fifa“besser als bei anderen Titeln?
Wenn jemand ein Fan von Arsenal London ist und er Franz Beckenbauer im Team haben möchte, dann ist das natürlich nicht mehr realistisch. Aber wir bieten ihm die Gelegenheit über „Fifa Ultimate Team“– wenn er die passenden Spielerkarten gesammelt hat. Die kann er auch über kostenpflichtige Angebote erhalten. Und das wird bei „Fifa“auch angenommen. Denn selbst mit einem Dream-Team aus den besten Spielern der Gegenwart und der Vergangenheit gewinnt man nicht sofort jedes Match. Es kommt immer auf das Können an.
KOSCHE
Wie schwierig ist es, Spiele zu entwickeln, wenn es keinen typischen Spieler mehr gibt?
Eine Herausforderung. Jeder zweite Deutsche spielt ein Computerspiel. Das Durchschnittsalter liegt bei 37 Jahren und viele Spieler sind über 50 Jahre alt. Spiele sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Mit „Command & Conquer“-Rivals, an dem wir arbeiten, sprechen wir beispielsweise auch eine ältere Zielgruppe an, die nun das bekannte Spiel aus ihrer Jugend auf einem Smartphone genießen kann. Jüngere Spieler lernen dagegen eine bewährte Marke aus der Vergangenheit kennen. Das heißt für uns, etwas auszuprobieren.
KOSCHE
Ihr persönliches Lieblingsspiel?
Momentan ist es noch „Battlefield 1“, aber im Oktober kommt ja „Battlefield V“heraus.
KOSCHE