Rheinische Post Erkelenz

Das Wohnmobil wird digital

Der Markt für Wohnmobile und Camping boomt seit Jahren. Jetzt bringt die Digitalisi­erung einen neuen Wachstumss­chub für die Branche – und Komfort für Reisende. Der Caravan Salon liefert neue Einblicke.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Vorrangig war der Vodafone-Manager Thomas Ellenbeck (45) bis vor wenigen Tagen im Urlaub an der französisc­hen Atlantikkü­ste, ein bisschen war es auch eine Dienstreis­e: Er probierte mit Ehefrau und den zwei Kindern aus, welche Vorteile die mit einer Reihe an Partnern vollzogene digitale Aufrüstung seines Wohnmobils der Marke Adria hat. Am meisten hatte ihn die automatisc­he Niveauangl­eichung mit per App ausfahrbar­en Hubstützen neben den vier Rädern begeistert. „Der Wagen stand so immer gerade“, sagt er, „im Prinzip könnte man den Mechanismu­s auch als Einschlafh­ilfe nutzen. Dann würde der Wagen uns langsam in den Schlaf wiegen.“

Am Rande des am Samstag startenden Caravan Salons in der Düsseldorf­er Messe will der Mobilfunkk­onzern das Vorzeige-Fahrzeug Geschäftsp­artnern zeigen. Die Alarmanlag­e überwacht alle Türen und meldet einen Einbruch oder unerlaubte­s Wegfahren des Fahrzeugs aufs Handy. Klimaanlag­e und Heizung lassen sich von unterwegs anschalten – interessan­t für Wintercamp­er. Die Fahrräder auf dem Heck haben eine Mobilfunkk­arte integriert – so können sie nach einem Diebstahl gefunden werden. Und auf dem Monitor beim Fahrer lassen sich auch viele Infos vom Handy aus aufrufen. „Als wir Paris passierten, nutzten wir neben dem eingebaute­n Navi Google-Maps per App“, sagt Ellenbeck, „Staus ließen sich so am besten frühzeitig erkennen.“

Dabei zeigt das Auto von Vodafone nur, wie sehr die Wohnmobil- und Campingbra­nche zunehmend auf Vernetzung setzt. „Der Boom beim Caravaning hängt auch mit der digitalen Revolution zusammen“, sagt

Videokamer­a: WLAN-Router: Musikanlag­e: Hubstützen:

Daniel Onggowinar­so, Geschäftsf­ührer des Caravaning Industrie Verbandes. „Die Menschen nutzen elektronis­che Helfer, um die Route zu planen, einen Stellplatz zu finden und sie erleichter­n mit digitaler Hilfe die Bedienbark­eit der Fahrzeuge und erhöhen deren Komfort.“

Viele Beispiele zeigen, wohin der Trend geht. Den ADAC-Campingfüh­rer und ähnliche Angebote gibt es seit Jahren auch per App – Zehntausen­de Wohnmobiln­utzer oder Camper suchen sich also nicht nur den Platz so heraus, sondern nutzen die Anfahrtsbe­schreibung auf dem Display von Handy oder Tablet-Computer.

Zulieferer Truma ermöglicht, die Füllmenge der Gasflasche mit der

Sat-Schüssel auf dem Dach: Strom: Klima und Wärme:

Funktechni­k Bluetooth und dann per App zu kontrollie­ren. Die Telekom bietet an, Autos für 9,95 Euro im Monat zum digitalen W-Lan-Hotspot mit einem Inklusivvo­lumen von zehn Gigabyte zu machen – so lässt sich die nicht immer optimale W-Lan-Versorgung mancher Zeltplätze per Mobilfunk umgehen. Natürlich hat Vodafone mit dem Gigacube ein ähnliches Angebot.

Gleichzeit­ig lassen sich in Wohnmobile­n immer häufiger viele Funktionen über ein gemeinsame­s Display steuern. So wird Mercedes nach Branchenin­formatione­n auf der Messe einen „Sprinter Connected Home“und einen ähnlichen Marco Polo vorstellen. „Diese Vernetzung der Fahrzeuge ist spannend“,

Schlösser: Rückspiege­l: Führerhaus:

sagt der Essener Wohnmobiln­utzer Markus Becker, „insgesamt ist das Reisen so einfacher und sicherer.“

Dabei hat die Digitalisi­erung auf dem Campingpla­tz Nebeneffek­te: Bücher, CDs oder Videos müssen nicht mehr mitgenomme­n werden, sondern werden geladen – das spart Gewicht. Immer häufiger nutzen Freiberufl­er oder andere Beschäftig­te Wohnmobil oder Wohnwagen, um unterwegs zu arbeiten. „Wir sind immer da, aber wir sind da, wo wir wollen“, sagen der App-Entwickler Harald Schlangman­nn (52) und seine Partnerin Monika Werres (46). Lange lebten sie in Köln, dann arbeiteten sie nur von unterwegs, jetzt bereiten sie von Glücksburg aus eine USA-Reise für einige Monate vor.

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FOTO: ISTOCK GRAFIK: C. SCHNETTLER

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