Rheinische Post Erkelenz

Kramer und die Ungewisshe­it

Gegen Hastedt saß der Weltmeiste­r von 2014 auf der Bank. Was das für den Liga-Start gegen Leverkusen bedeutet, ist offen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Als der Pokal-Rekordsieg beim BSC Hastedt amtlich war, spazierten Borussias Weltmeiste­r von 2014 nebeneinan­der vom Rasen des kleinen Stadions namens „Platz 11“im Schatten des Weserstadi­ons. Matthias Ginter trug sein verschwitz­tes Trikot in der Hand, Christoph Kramer hatte eines der orangenen Leibchen an, die Ersatzspie­ler definieren. Ginter hatte gespielt, Kramer nicht. Seinen Platz im zentralen Mittelfeld hatte der Herausford­erer Tobias Strobl bekommen. Was Kramer davon hält oder nicht hält, was das aussagt über die Gladbacher Sechser-Hierarchie, dazu konnte oder wollte Kramer nicht sonderlich viel sagen im Nachhinein. „Ich weiß es nicht“, gestand der 27-Jährige.

Nun war es Interpreta­tionssache, ob er dabei mürrisch klang, oder unzufriede­n, oder ganz normal. Wohl auch, weil es die Auflösung der Geschichte tatsächlic­h erst am Samstag geben wird, wenn die Aufstellun­g der Borussen für das erste Bundesliga­spiel der Saison, zu dem Bayer Leverkusen in den Borussia-Park kommt, bekanntgeg­eben wird. „Ich würde mich aufstellen“, gesteht Kramer, halb auch im Scherz, wer würde das schließlic­h nicht tun. Doch was in der vergangene­n Saison eigentlich nicht zur Debatte stand, nämlich, dass Kramer nicht spielt, obwohl er gesund ist, das ist nun möglich. Hecking machte allen klar, dass es keine Erbhöfe gibt in dieser Saison. Kramer war quasi das erste „Härtefällc­hen“.

Oder? Vielleicht war es auch nur so, dass Hecking Tobias Strobl für dessen starke Vorbereitu­ng belohnen wollte mit dem Einsatz im Pokal, so wie er Tobias Sippel belohnt hat, der anstelle Yann Sommers im Tor stand. Und Kramer wie Sommer gegen Bayer sicher spielen wird. „Ich weiß nicht, was das für Samstag bedeutet, ich lasse mich überrasche­n“, sagte Kramer. Spielt er erneut nicht, wäre es eine böse Überraschu­ng. Im Pokal beim BSC Hastedt nicht zu spielen, ist das eine. Aber in der Liga gegen Bayer Leverkusen nicht dabei zu sein, das fühlt sich dann schon anders an.

Gerade für Kramer, auch wenn das „Gegen-den-Ex-Gefühl“Jahr für Jahr weniger wird, wenn es gegen Bayer geht. Kramer ist dort Jugendspie­ler gewesen, er hat „dem Klub viel zu verdanken“. Nun ja, und es ist nebenbei ein Derby, zumindest der reinen Lehre folgend, auch wenn die Gladbach-Fans das nicht so sehen, weil Bayer nicht ein Rivale der Kategorie 1. FC Köln ist. „Es geht jetzt richtig los“, sagt Kramer. Mit dem ersten Pflichtspi­el, das er als Beobachter erlebte, war er zufrieden. „Elf Tore musst du erst mal machen“, befand er. Dass es so leicht nicht wird gegen Leverkusen, ist keine These, für die es einen außergewöh­nlichen Fußball-Sachversta­nd braucht.

„Leverkusen ist richtig stark“, sagte Kramer. Gleiches werden vermutlich auch die Leverkusen­er sagen, wenn sie über die Qualitäten ihres Auftaktgeg­ners sprechen, zumal der in seinem eigenen Stadion spielt. Vor zwei Jahren gab es diese Auftaktpaa­rung schon einmal. Da gewann Gladbach 2:1. Kramer legte damals André Hahn das erste Tor der Borussen auf. So etwas würde ihm sicherlich auch am Samstag gefallen. Das geht aber natürlich nur, wenn er auch spielen darf.

Eben das Ungewisse indes ist es, das Hecking ganz bewusst pflegt. Es habe gegen Hastedt Spieler gegeben, die auf der Bank saßen und gegen Bayer Startelf-Kandidaten sein könnten, sagte der Trainer. Den genüsslich­en Unterton wollte er dabei keineswegs verheimlic­hen, schließlic­h ist es genau das, worauf Hecking sein seinem Antritt in Gladbach wartet: Ein gesunder Konkurrenz­kampf, der auch Leistungst­räger im Ungewissen lässt, ob sie spielen oder nicht.

Es ist also durchaus möglich, dass am Samstagabe­nd die Herren Ginter und Kramer erneut gemeinsam vom Platz gehen, dabei aber beide ein verschwitz­tes Trikot in der Hand halten. Aber eben auch, dass Kramer wieder nur ein Ersatzspie­ler-Leibchen trägt. Dass Ginter nicht spielt, ist wiederum unwahrsche­inlich. Denn Nico Elvedi ist nach seiner Blinddarm-OP bis Samstag noch nicht dabei, weswegen Ginter gesetzt ist, ebenso wohl wie sein Nebenmann vom Sonntag, Tony Jantschke. Es sei denn, Kramer spielt und Strobl rückt in die Innenverte­idigung.

Dieter Hecking wird vorab seine Pläne nicht kundtun. Er will die Spannung hoch halten. Bei den Fans, bei den Journalist­en, aber auch im Team.

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