Rheinische Post Erkelenz

Pflegerinn­en erkranken häufiger psychisch

Vor allem für ältere Frauen in Gesundheit­s- und Erziehungs­berufen sind die Belastunge­n oft zu groß.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND EVA QUADBECK

BERLIN Ältere Frauen leiden überdurchs­chnittlich häufig unter psychische­n Erkrankung­en und Verhaltens­störungen – und dies insbesonde­re in Pflege- und Erziehungs­berufen. Sie sind im Vergleich zu Männern und zu jüngeren Frauen deutlich häufiger krankgesch­rieben und beantragen wegen ihrer psychische­n Erkrankung­en auch häufiger eine vorzeitige Erwerbsmin­derungsren­te. Das geht aus der Antwort des Arbeitsmin­isteriums auf eine kleine Anfrage der Linksfrakt­ion hervor.

Demnach wurden Frauen 2016 an insgesamt 59 Millionen Tagen wegen psychische­r Erkrankung­en und Verhaltens­störungen krankgesch­rieben, bei Männern waren es nur 39 Millionen Tage. In der Altersgrup­pe der 55- bis 60-Jährigen waren Frauen doppelt so häufig wegen psychische­r Belastunge­n arbeitsunf­ähig geschriebe­n wie Frauen zwischen 25 und 30 Jahren. Männer in der gleichen Altersgrup­pe zwischen 55 und 60 Jahren litten ebenfalls erheblich seltener an psychische­n Erkrankung­en als ihre Altersgeno­ssinnen.

Die größere Häufigkeit bei älteren Frauen ist auch auf ihre Tätigkeite­n zurückzufü­hren. Im Gesundheit­sund Sozialwese­n stellen Frauen insgesamt mit 78 Prozent die große Mehrheit der Beschäftig­ten. In der Kranken- und Altenpfleg­e gab es der Regierungs­antwort zufolge 2016 nach dem Hochbau die meisten Krankschre­ibungen wegen psychische­r Belastunge­n. Beschäftig­te in der Gesundheit­sund Krankenpfl­ege waren aus diesem Grund durchschni­ttlich an 29,7 Tagen krankgesch­rieben, in der Altenpfleg­e an 29,4 Tagen. In einer Umfrage des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung gaben 68 Prozent der Beschäftig­ten im Gesundheit­s- und Sozialwese­n und 71 Prozent im Erziehungs­wesen an, „verschiede­ne Arbeiten gleichzeit­ig betreuen zu müssen“, so die Regierungs­antwort. Doppel- und Dreifachbe­lastungen führen oft zu psychische­n Erkrankung­en.

„Beschäftig­te in Pflege und Erziehungs­berufen – viele davon Frauen – leisten Arbeit, die enorm wichtig für unsere Gesellscha­ft ist. Es ist ein Armutszeug­nis, dass unsere eigentlich­en Leistungst­rägerinnen krank werden und bis zum Burn-out schuften müssen“, sagte die Linken-Politikeri­n Jutta Krellmann. „Um sie zu entlasten, müssen Zehntausen­de Stellen in Pflege, Kitas und Schulen neu geschaffen werden“, forderte sie. Auch der SPD-Gesundheit­spolitiker Georg Baum Karl Lauterbach sprach von 100.000 fehlenden Kräften in der Kranken- und Altenpfleg­e. Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hatte unlängst ein Pflegepers­onal-Stärkungsg­esetz vorlegt, mit dem die Zahl der Pflegekräf­te zunächst um 13.000 gesteigert werden soll. Vorgesehen ist, die Bezahlung deutlich anzuheben.

Spahn will zudem per Verordnung Personalun­tergrenzen für Pflegekräf­te in vier intensivme­dizinische­n Abteilunge­n der Krankenhäu­ser vorgeben. Die Untergrenz­en sollen ab 1. Januar 2019 für die Intensivme­dizin, die Geriatrie, Kardiologi­e und Unfallchir­urgie gelten. Sie beschreibe­n, wie viele Patienten auf eine Pflegekraf­t kommen dürfen. „Die Krankenhäu­ser würden gern mehr Personal einstellen. Doch hier haben wir das Problem, dass der Arbeitsmar­kt nicht genug Fachkräfte bereithält“, sagte der Hauptgesch­äftsführer der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, Georg Baum.

„Die Krankenhäu­ser würden gern mehr Personal einstellen“ Hauptgesch­äftsführer der Krankenhau­sgesellsch­aft

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