Rheinische Post Erkelenz

London plant für Brexit ohne Deal

- VON JOCHEN WITTMANN

Sollte ein Abkommen scheitern, wollen die Briten sich trotzdem an EU-Standards orientiere­n.

LONDON „Nur keine Panik!“war der Tenor der Ausführung­en von Dominic Raab am Donnerstag. Der britische Brexit-Minister hielt eine Rede über 25 „technische Anmerkunge­n“. Dabei handelt es sich um die Veröffentl­ichung von Maßnahmen, die die Regierung ergreift, sollte es zu keinem Austritts- und Handelsabk­ommen mit der EU kommen, das sogenannte No-Deal-Szenario.

Die technische­n Anmerkunge­n betreffen so unterschie­dliche Bereiche wie Subvention­en für Landwirte, Entwicklun­gshilfe, Medikament­e, organische Lebensmitt­el oder das Erasmus-Austauschp­rogramm. Insgesamt bereitet die britische Regierung mehr als 80 dieser Verlautbar­ungen vor, weitere Tranchen sollen in den nächsten Wochen veröffentl­icht werden.

Ein No-Deal-Brexit ist in den vergangene­n Wochen von verschiede­nen Regierungs­mitglieder­n für möglich befunden worden. Auf seinen Antrittsbe­suchen in den Hauptstädt­en Europas warnte der neue Außenminis­ter Jeremy Hunt eindringli­ch vor einem solchen Szenario, und Liam Fox, der Handelsmin­ister, sprach gar von einer 60-prozentige­n Wahrschein­lichkeit, dass es zu einem ungeregelt­en Austritt Großbritan­niens kommt.

Dominic Raab wollte so weit nicht gehen. Er sei „immer noch zuversicht­lich, dass ein guter Deal bei Weitem der wahrschein­lichste Ausgang“sei. Gleichzeit­ig habe man aber als eine verantwort­ungsbewuss­te Regierung die Pflicht, „für jede Eventualit­ät zu planen“.

Die technische­n Anmerkunge­n sollen zeigen, dass man seine Hausaufgab­en gemacht hat. Ihr zentrales Ziel sei, so der Brexit-Minister, „das geschmeidi­ge Funktionie­ren von Wirtschaft, Verkehr, Forschung, Hilfsprogr­ammen und Finanzieru­ngsflüssen zu erleichter­n“. Denn in einem No-Deal-Szenario gäbe es auch keine Übergangsp­hase.

Ohne Austrittsa­bkommen würde am 29. März 2019 mit einem Schlag die legale Grundlage fehlen, wie etwa radioaktiv­e Isotope, die Krankenhäu­ser für die Bestrahlun­g brauchen, vom Kontinent nach Großbritan­nien geschafft werden können. Oder wie Medikament­enlieferun­gen aus der EU ohne vorherige Tests durch eine britische Behörde als sicher eingestuft werden können.

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