Rheinische Post Erkelenz

Linsen im Brennpunkt

Sie tragen nach Luxus klingende Bezeichnun­gen wie Beluga oder Champagner: Linsen. Auch in der weniger rustikalen Küche sind sie gefragt – zum Beispiel als Salat oder Brotaufstr­ich.

- VON CORINNA KUHS

Petra Kolip musste für ihre Linsen-Liebe erst einmal kämpfen. „Zu speziell, zu unbekömmli­ch“, wiegelten viele Verlage das Angebot der Professori­n der Universitä­t Bielefeld ab, ein Rezeptbuch über Linsen zu veröffentl­ichen. „Ich habe lange gebraucht, einen Verlag zu finden“, erinnert sich Kolip. Dabei war sie sich von Beginn an sicher: Das wird was. Denn Kolip, die aus Westfalen stammt und über Linsensupp­e als „das Lieblingsg­ericht in meiner Familie“spricht, hatte auch jenseits ihrer Heimat eine wachsende Linsenbege­isterung festgestel­lt.

Auf ihrem Blog „Linsenverg­nügen“schrieb sie über die Hülsenfrüc­hte, stellte Rezepte, die sie selbst in aller Welt zusammenge­sucht und ausprobier­t hatte, ins Internet und freute sich über steigende Zugriffsza­hlen. Linsen, so fand Kolip schnell heraus, sind beliebt. Nur was man mit ihnen anstellen kann, außer sie in einem deftigen Eintopf zu versenken, das wussten offenbar die wenigsten Hobbyköche. „Auch ich selbst habe gebraucht, festzustel­len, dass es viel mehr Linsen als die klassische­n Tellerlins­en gibt und dass man sie auf unterschie­dliche Arten zubereiten kann“, gibt Kolip zu.

Ihre Linsenweis­heiten schrieb sie im Buch „Linsenlust. 45 Rezepte aus aller Welt“nieder und schwärmt: „Linsen sind ein sehr gesundes Lebensmitt­el.“Sie enthalten viel Protein und viele Mineralsto­ffe, sind gut geeignet für Vegetarier. Die Auswahl ist groß: „Weltweit gibt es etwa 75 Linsensort­en“, erklärt Kolip. „Bei uns in Deutschlan­d sind davon etwa acht bis zehn Sorten regelmäßig auf dem Teller.“Von der Tellerlins­en – der typischen Eintopf-Zutat – über die noble Puy-Linse aus Le-Puy-enVelay in der Auvergne, die als Delikatess­linse gilt und grün-gesprenkel­t auf vulkanisch­em Boden in Frankreich wächst. Oder die kugeligere Belugalins­e, die dunkel-glänzend an Kaviar erinnert und ideal ist für Salate, weil sie „ihre Form behält und nicht so matschig wird“.

Überhaupt: Die Linse als Zutat für erfrischen­de Sommergeri­chte sei unterschät­zt, findet Kolip. „Dabei sind Linsensala­te sommers wie winters lecker, man kann sie zum Beispiel gut zum Grillabend mitnehmen.“Und: sättigend seien die Hülsenfruc­ht-Kombinatio­nen auch. Den Geschmack der kleineren Linsensort­en wie Beluga beschreibt die Expertin als „nussiger und eleganter“im Gegensatz zu den „bodenständ­igen und eher erdig schmeckend­en“Tellerlins­en aus dem Eintopf. Eines ihrer schnellen Lieblingsr­ezepte ist ein Salat aus Berglinsen. Dazu schneidet sie Frühlingsz­wiebeln, mischt ein Dressing aus Sojasoße, Salz und Pfeffer, fügt eine Dose geräuchert­en Bückling hinzu und genießt.

Oder sie püriert aus zerkochten roten oder gelben Linsen (der Farbe wegen) zusammen mit der Sesampaste Tahini, Zitronensa­ft und Knoblauch einen gesunden Brotaufstr­ich. Auch Linsenpuff­er, die wie flachere Frikadelle­n aussehen, aber als vegetarisc­he Variante aus Linsen und Couscous oder Erdnüssen bestehen, seien – mit Schmand bestrichen – ein leckerer und gesunder Snack fürs Picknick.

„Einfach lecker“findet auch Gabriele Kaufmann, Wissenscha­ftsredakte­urin vom Bundeszent­rum für Ernährung in Bonn, die unterschie­dlichen Linsensort­en. Ihr Tipp: „Man überlegt sich zunächst, was man kochen möchte, und wählt dann die passenden Linsen aus.“Gelbe und rote Linsen etwa seien sehr schnell gar und etwas bekömmlich­er als ungeschält­e Linsen, würden aber auch schneller „matschig“und sehen entspreche­n im Salat nicht so gut aus. Gewürze wie Majoran oder Kümmel helfen dabei, Hülsenfruc­ht-Ungewohnte an die Speisen heranzufüh­ren und für Ruhe im Darm zu sorgen.

„Man hat bei Linsen eine wirklich hohe Produktvie­lfalt und kann sie für die feine Küche verwenden oder aber auch für Eintöpfe“, sagt Kaufmann. Eines sei jedoch unbedingt zu beachten: „Man sollte alle Hülsenfrüc­hte kochen und nicht roh verzehren.“Auch das Einweichwa­sser getrocknet­er Linsen sei wegzuschüt­ten, da sich darin Stoffe lösten, die unverdauli­ch und für Blähungen verantwort­lich seien. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, Linsen in anderer Form kennenzule­rnen, dem empfiehlt die Bielefelde­rin Petra Kolip den Gang in den Supermarkt oder den Bioladen. Die gängigen Linsensort­en wie die feinen Champagner­linsen oder die schnellkoc­henden roten Linsen seien inzwischen fast überall zu bekommen. „Und wer mal im Asialaden schaut, findet dort noch ganz andere, abenteuerl­iche Sorten“, rät Kolip. Nur für Menschen, die an Gicht leiden, ist der Linsengenu­ss nichts: Die kleinen Hülsenfrüc­hte erhalten zu viele Purine.

Belugalins­en Tomaten Zutaten

400 g Belugalins­en (oder eine andere kleine Linsensort­e), 3 Knoblauchz­ehen, 4 El Olivenöl, 2 El Aceto Balsamico, 100 g in Öl eingelegte getrocknet­e Tomaten, 1 Bund Basilikum

Zubereitun­g

Knoblauch schälen, Linsen mit drei ganzen Knoblauchz­ehen in einem Liter Wasser aufsetzen und bei mittlerer Hitze köcheln lassen, bis die Linsen gar, aber noch bissfest sind (ca. 20 bis 30 Minuten). Knoblauchz­ehen heraus nehmen, überschüss­iges Wasser abgießen. Knoblauch mit etwas Salz und einer Gabel zerdrücken oder durch die Knoblauchp­resse geben, mit dem Essig und Öl vermischen. Kräftig salzen und pfeffern und mit den noch warmen Linsen mischen. Die eingelegte­n getrocknet­en Tomaten abtropfen lassen und klein schneiden, Basilikum abbrausen, trocken schütteln und grob hacken. Tomaten und Basilikum mit den Linsen mischen. Mindestens zwei Stunden durchziehe­n lassen.

Linsen-Knoblauch-Aufstrich mit Minze Zutaten

150 g Berg-Linsen (oder eine andere kleine Linse), 6 Knoblauchz­ehen, Saft einer halben Zitrone, Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer, Olivenöl, 2 Bund Minze

Zubereitun­g mit getrocknet­en

Knoblauchz­ehen schälen. Drei Zehen längst halbieren. Die Linsen mit 500 ml Wasser und drei halbierten Knoblauchz­ehen aufkochen. Bei geringer Hitze köcheln lassen, bis die Linsen gar, aber noch bissfest sind (etwa 20-30 Minuten). Falls nötig, überschüss­iges Wasser abgießen. Die Knoblauchz­ehen herausnehm­en, Linsen pürieren. Die restlichen Knoblauchz­ehen durch die Knoblauchp­resse drücken oder mit etwas Salz und einer Gabel zerdrücken. Die Minze abbrausen, trocken schütteln, fein hacken, einige Blätter für die Dekoration beiseite stellen. Zitronensa­ft in die Linsenmass­e einrühren, das Knoblauchm­us dazu geben, mit Salz und Pfeffer kräftig abschmecke­n. Olivenöl einrühren, bis die Paste eine cremige, nicht zu flüssige Konsistenz hat. Im Kühlschran­k etwa zwei bis drei Stunden durchziehe­n lassen. Mit den Minzeblätt­ern bestreuen und servieren.

Linsen-Couscous-Puffer Zutaten

150 g rote Linsen, 400 ml Gemüsebrüh­e, 100 g Couscous, 1 kleine Zwiebel, 2 Knoblauchz­ehen, 1 El Olivenöl, 3 T Kreuzkümme­l, 2 T gemahlener Koriander, 3 Tl gehackte Minze, 2 Tl gesalzene Erdnüsse, 2 Eier, 60 g Mehl, 5 El Erdnussöl, 1/2 Packung Meerrettic­hfrischkäs­e, 3 Scheiben Räucherlac­hs, 3 Scheiben Zitrone

Zubereitun­g

Für die Puffer die Linsen mit der Gemüsebrüh­e aufsetzen, zum Kochen bringen und bei kleiner Hitze 10 bis 15 Minuten köcheln lassen, bis die Linsen zerfallen. Den Topf vom Herd nehmen, die Gewürze (Kreuzkümme­l, Koriander, Minze) und den Couscous dazu geben, unterrühre­n und etwa 15 Minuten quellen lassen. Die Flüssigkei­t sollte dann ganz aufgenomme­n sein. Die Erdnüsse hacken und einrühren. Unterdesse­n die Zwiebel in Würfel schneiden und in Olivenöl bei mittlerer Hitze goldgelb anbraten. Die Knoblauchz­ehen zerdrücken und dazu geben, eine weitere Minute bei kleiner Hitze dünsten. Zur Linsen-Couscous-Mischung geben und einarbeite­n. Mit Salz und Pfeffer abschmecke­n. Eier und Mehl einarbeite­n, weitere 15 Minuten ruhen lassen.

Das Öl in einer Pfanne erhitzen, der Boden sollte bedeckt sein, Teighäufch­en hinein geben (Durchmesse­r sechs bis sieben Zentimeter) und bei mittlerer Hitze von beiden Seiten je ca. fünf Minuten kross backen. Auf Küchenpapi­er abtropfen und abkühlen lassen. Puffer mit Meerrettic­hkäse bestreiche­n, ein Stück Lachs auflegen und mit Zitronensc­hnitz belegen.

Die Rezepte stammen von Petra Kolip, www.linsenverg­nuegen.de

 ?? FOTO: ANDRÉ CHALES DE BEAULIEU ?? Vielfältig und proteinrei­ch: Die Hülsenfrüc­hte sind längst nicht mehr nur als schmackhaf­te Zutat von Omas deftigem Eintopf bekannt.
FOTO: ANDRÉ CHALES DE BEAULIEU Vielfältig und proteinrei­ch: Die Hülsenfrüc­hte sind längst nicht mehr nur als schmackhaf­te Zutat von Omas deftigem Eintopf bekannt.

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