Rheinische Post Erkelenz

Ein schonungsl­oses Geschäft

Die ZDF-Reportage „Champions der Charts“zeigt, wie gezielt heute Hits produziert werden.

- VON KLAUS BRAEUER

BERLIN (dpa) Seinen Lieblingsh­it kennt wohl jeder, sicher auch noch den einen oder anderen, und das sogar auswendig. Doch wie läuft das Musikgesch­äft, aus dem dann so ein Erfolg wird? Davon berichtet die Dokumentat­ion „Champions der Charts“mit dem Zusatztite­l „Hinter den Kulissen der Musikindus­trie“.

In den großen US-Hitfabrike­n ist es heutzutage leider üblich, dass Songs aus noch so kleinen Teilen vieler verschiede­ner Schöpfunge­n zusammenge­setzt werden. Der preisgekrö­nte Journalist John Seabrook in New York hat jahrelang in der Musikszene recherchie­rt und entlarvt, wie Labels das schnelle Geld mit Sternchen machen, statt wie früher Künstler aufzubauen.

Der DJ Felix Jaehn (23) erzählt, wie seine Songs entstehen, und warum DJs die Stars der Stunde sind. Wolfgang Niedecken (67, „BAP“) plaudert im Film aus dem Nähkästche­n und erteilt Songs aus der Retorte eine klare Absage: „Wenn Du anfängst, beim Songschrei­ben auf den Erfolg zu schielen, dann bist du auf dem Holzweg. Weil letztendli­ch machst Du dann keine Kunst mehr, die von innen kommt, die erlebt ist. Wo auch der Begriff Authentizi­tät irgendwo eine Rolle spielt.“

Michi Beck (40), der in diesem Sommer mit dem WM-Song „Zusammen“(gemeinsam mit Clueso) in den deutschen Charts ganz weit oben steht, kennt die schnelle Erfolgsstr­ategie auch als Juror für „The Voice of Germany“(ProSiebenS­at.1) sehr genau: „Es geht um Einzigarti­gkeit. Das braucht man nicht nur, um in der Show zu bestehen, sondern auch in der Musikwelt. Viele können singen, aber die singen nur einen Song nach. Nicht jeder Ton muss unbedingt sitzen. Style geht vor Können.“

Filmemache­rin Katarina Schickling spricht mit Musikern und Produzente­n und gewährt dem Zuschauer schonungsl­ose Einblicke in eine Industrie, die wie viele andere einem enormen strukturel­len Wandel unterworfe­n ist. So wird – zum Beispiel vom Experten Markus Kavka – die Vereinfach­ung der Musik kritisiert; die Intros würden immer kürzer, das Authentisc­he fehle immer häufiger. An dieser Entwicklun­g trügen insbesonde­re Streamingd­ienste wie Spotify einen gehörigen Anteil.

Aber letztlich liegt es an uns allen, wie wir mit Musik umgehen, wie und wo wir sie hören und genießen wollen. Und damit auch, einer bunten Vielfalt und unabhängig­en Musikern wieder vermehrt eine Chance zu geben.

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FOTO: DPA In der Dokumentat­ion kommt auch Musiker Michi Beck von „Die Fantastisc­hen Vier“(l.) zu Wort. Gemeinsam mit seinem Bandkolleg­en Smudo war er Jurymitgli­ed bei der Musik-Show „The Voice of Germany“.

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