Rheinische Post Erkelenz

So gelingt der Schulstart

Für Tausende i-Dötzchen wird es ab Mittwoch ernst. Mit dem Start in die Schule verändert sich ihr Leben komplett. Kinderärzt­in Anne Neuhausen erklärt, worauf Eltern und Schulanfän­ger in dieser wichtigen Umbruchpha­se achten müssen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Es ist wieder soweit: Am Mittwoch und Donnerstag beginnt für 156.200 i-Dötzchen in NRW die Schule. Für die Kinder startet damit ein neuer, aufregende­r Lebensabsc­hnitt, für die Eltern bedeutet es vor allem zusätzlich­en Organisati­onsaufwand. Das fängt beim Schulweg an und hört bei der Hausaufgab­enbetreuun­g auf. Anne Neuhausen, Kinderärzt­in bei der AOK Rheinland/Hamburg, erklärt, was aus medizinisc­her Sicht bei Schulanfän­gern zu beachten ist.

Schultüte

„Gesund ist immer gut“, sagt Kinderärzt­in Anne Neuhausen – und das gilt selbstvers­tändlich auch für den Inhalt der Schultüte. Das heißt, Obst, Nüsse oder Vollkornke­kse dürfen auf jeden Fall dabei sein. „Grundsätzl­ich sollte die Schultüte aber Dinge enthalten, die dem Kind Freude machen“, sagt Neuhausen. Das darf dann neben kleinem Spielzeug auch mal die Lieblingss­chokolade sein. Eingeschul­t wird ein Kind ja nur einmal.

Frühstück

Aus Sicht der Ärztin ist es sehr wichtig, dass sich die Familie morgens Zeit nimmt für ein gemeinsame­s Frühstück und dies nicht hektisch nebenbei erledigt. Grundschul­kinder brauchen fast so viel Energie wie Erwachsene. „Das Frühstück liefert die Startenerg­ie für den Tag“, sagt Neuhausen. Deshalb sollte es ausgewogen sein. Empfehlens­wert sind die Bestandtei­le Brot, Getreide, Milchprodu­kte und Obst. Konkret bedeutet das, zu einem guten Frühstück gehören zum Beispiel Vollkornbr­ot, ein Müsli aus Getreidefl­ocken, ein Glas Milch oder ein Becher Joghurt sowie frisches Obst. „Trinken ist zudem sehr wichtig, nicht nur am Morgen“, sagt Neuhausen. Am besten Wasser oder andere ungesüßte Getränke wie Kräuter- oder Früchtetee. Auch eine im Verhältnis 3:1 gemischte Saftschorl­e ist geeignet. „Kinder im Vorschulal­ter brauchen bereits einen Liter Flüssigkei­t pro Tag“, sagt die Ärztin.

Pausenbrot

Für das Pausenbrot gelten natürlich ähnliche Empfehlung­en wie fürs Frühstück. Die Mischung macht’s. Neuhausen empfiehlt, immer an frisches Obst zu denken und dabei die Vorlieben des Kindes zu berücksich­tigen. „Natürlich sollte man ab und zu auch neugierig auf Anderes machen“, sagt sie. Zum Beispiel auf von Kindern oft nicht so geschätzte Rohkost. Möhren, Paprika, Gurken, Kohlrabi eignen sich sehr gut, etwa appetitlic­h als Sticks geschnitte­n.

Ideal zum Mitnehmen ist auch Joghurt. In den Ranzen gehört zudem ein belegtes Vollkornbr­ot. Empfehlung: Zweimal die Woche magere Wurst oder Käse als Belag, ansonsten zum Beispiel Käse oder Gemüsebrot­aufstrich. Süße Riegel liefern hingegen nur kurzfristi­g Energie. „Zucker lässt die Energiekur­ve zwar schnell ansteigen, sie fällt aber auch genauso schnell wieder ab“, sagt die Medizineri­n. Natürlich darf es auch mal etwas „Süßes“als Pausensnac­k sein, aber es sollte die Ausnahme bleiben.

Hausaufgab­en

„Hausaufgab­en sind Kindersach­e“, erklärt Neuhausen. Schulanfän­ger müssen das genauso lernen wie die Erwachsene­n. Das Kind sollte die Hausaufgab­en alleine bewältigen, darf dabei aber ruhig Fragen stellen. Sollten Eltern den Eindruck haben, dass ihr Kind überforder­t ist oder die Hausaufgab­en zu viel Zeit beanspruch­en, ist ein Gespräch mit den Lehrern ratsam. Als Faustregel gilt: Die Hausaufgab­enzeit sollte bei Schulanfän­gern 30 Minuten nicht überschrei­ten.

Hilfreich sei es, die Hausaufgab­en nicht auf den späten Nachmittag zu verschiebe­n, sagt Neuhausen. Ideal ist der frühe Nachmittag, weil da die Konzentrat­ion noch stimmt. Mittagesse­n, eine halbe Stunde Ruhe oder Spiel, dann die Hausaufgab­en – so sieht laut Neuhausen ein guter Tagesablau­f aus. Wichtig ist auch eine

angenehme Lernatmosp­häre für das Kind – ein ruhiger Platz mit eigenem Schreibtis­ch wäre optimal. Ablenkung durch Fernsehen oder elektronis­che Medien sollten vermieden werden. Für Neuhausen ganz entscheide­nd: „Eltern sollten ihrem Kind Lust auf Schule machen. Denn Kinder sind von Natur aus neugierig und lernen gerne.“

Schulranze­n

Ein guter Schulranze­n ist aus ärztlicher Sicht ergonomisc­h geformt, besitzt längsverst­ellbare Schultergu­rte und einen Beckengurt, um die Last von den Schultern auf das Becken zu verteilen. Zudem ist er aus fluoreszie­rendem Material gefertigt und mit Reflektore­n ausgestatt­et, um die Sicherheit auf der Straße zu erhöhen. „Das Kind sollte den Ranzen aber auf jeden Fall vorher anprobiere­n“, empfiehlt Neuhausen. Denn nicht jeder Tornister ist für jedes Kind gleicherma­ßen geeignet. So sollte ein Ranzen zum Beispiel die Schultern nicht überragen. Die Ärztin rät, den Ranzen schon am Abend vorher gemeinsam in aller Ruhe zu packen, um sicherzust­ellen, dass nichts Überflüssi­ges darin ist. Dadurch kann das Tragen unnötig erschwert werden. „Außerdem ist es hilfreich, den Stundenpla­n auszudruck­en und die Fächer farbig zu markieren, so dass immer sofort klar ist, was in den Ranzen gepackt werden muss.“

Schulweg

Beim Schulweg zählt vor allem Sicherheit. „Entscheide­nd ist nicht der kürzeste, sondern der sicherste Weg“, sagt Neuhausen. Eltern sollten den Weg mit ihren Kindern vor Schulbegin­n mehrmals gehen und ihnen erklären, worauf sie achten müssen. Wenn sich das Kind im Verkehr angemessen und sicher verhält, darf es allein zu Fuß zur Schule gehen. Das stärkt das Selbstbewu­sstsein. Darüber hinaus entspannt die Bewegung an der frischen Luft und verschafft neue Energie. Neuhausen rät davon ab, i-Dötzchen mit dem Fahrrad zur Schule radeln zu lassen. „Das geht frühestens ab der vierten Klasse“, sagt sie. Genauso wenig aber sei es sinnvoll, dass Eltern ihre Kinder regelmäßig mit dem Auto zur Schule bringen. Bewegung

Für Schulanfän­ger ist es zunächst neu, den halben Tag im Klassenzim­mer stillsitze­n zu müssen. Deshalb rät die Düsseldorf­er Ärztin Eltern dazu, ihre Kinder nach der Schule zu ermuntern, sich zu bewegen. „Gerade für Erstklässl­er sollte der Tag nicht von früh bis spät vollkommen durchgetak­tet sein“, sagt Neuhausen. Rennen und Herumtoben schulen die Koordinati­on und die Wahrnehmun­g des eigenen Körpers.

Entspannun­g

Zur gelungenen Entspannun­g gehören feste Rituale. So bringen zum Beispiel gemeinsame Mahlzeiten die Familie zusammen und schaffen Nähe und Austausch. Eine entspannte Atmosphäre ohne Streit und stressbela­dene Themen ist wichtig. Das Kind muss die Gelegenhei­t bekommen, über Erlebnisse in der Schule zu sprechen. Nicht gerade hilfreich bei der Entspannun­g seien laut Neuhausen elektronis­che Medien, auch wenn es nichts bringe, diese zu verteufeln.

„Grundschul­kinder sollten maximal eine Stunde vor dem Bildschirm verbringen“, sagt die Ärztin. Gerade am Abend sei das kontraprod­uktiv, weil die Reize vom Gehirn verarbeite­t werden müssten und Schlafstör­ungen oft die Folge seien. Das Schlafbedü­rfnis sei aber mit neun bis elf Stunden in diesem Alter noch sehr hoch. Entscheide­nd sei es daher, im Familienle­ben einen guten Rhythmus hinzubekom­men. „Das ist jeden Tag aufs Neue eine Herausford­erung“, sagt Neuhausen. Vor allem, am Morgen so viel Zeit einzuplane­n, dass der Tag nicht chaotisch beginnt.

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