Rheinische Post Erkelenz

Herbst der Entscheidu­ngen in der Groko

Union und SPD wollen endlich zusammen Politik machen – und gleichzeit­ig unterschei­dbarer werden.

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BERLIN (rtr) Normalerwe­ise äußert sich Angela Merkel zurückhalt­end über Koalitions­partner. Aber am Sonntag wurde die Kanzlerin deutlich. „Bitte keine Unsicherhe­it schüren. Das ist meine Anforderun­g an die SPD“, sagte die CDU-Chefin in der ARD mit Bezug auf die Rentendeba­tte. Die Mahnung zeigt die derzeitige­n Spannungen in der großen Koalition – obwohl sich CDU, CSU und SPD eigentlich einig sind, im Herbst eine ganze Reihe an Gesetzesin­itiativen zu starten. Das soll beim Treffen der Koalitions­spitzen am Dienstagab­end vorbereite­t werden. Grund für den Streit ist der seit Beginn der Regierung angelegte Versuch, gemeinsam zu regieren – und trotzdem mehr Abstand zu wahren als in den vergangene­n vier Jahren.

Als Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) sich am Samstag trafen, waren sie sich zumindest in einem einig: Die große Koalition muss nun liefern. Das mahnte nun auch Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) an. Denn sowohl Union als auch SPD sind der Überzeugun­g, dass man etwa den Vormarsch der rechtspopu­listischen AfD am besten stoppt, indem man Probleme anpackt und löst. „Wir werden sehr, sehr viele Entscheidu­ngen Woche für Woche fällen können“, sagte Merkel. Und Seehofer sekundiert­e im ZDF: „Ich denke, wir werden jetzt Woche für Woche wichtige Entscheidu­ngen bei der Rente, bei der Arbeitslos­enversiche­rung, bei der Mietpreise­ntwicklung, beim Fachkräfte-Zuwanderun­gsgesetz treffen.“Beide Unionspoli­tiker betonten, dass man sich mit der SPD etwa bei den aktuellen Rentenrefo­rmen doch einig sei.

Dass der Eindruck des Streits entsteht, liegt an zwei anderen Punkten. Zum einen hat sich die Koalition vorgenomme­n, Vorhaben der ein oder anderen Seite im Paket oder als „Cluster“zu beschließe­n. Im Klartext: Weder Union noch SPD wollen übervortei­lt werden, also pochen beide Seiten darauf, Lieblingsa­nliegen beider Seiten zu bündeln.

Genau dies führt jetzt dazu, dass das eigentlich unumstritt­ene Rentenpake­t von Arbeitsmin­ister Hubertus Heil nicht durch das Kabinett ging. Denn gleichzeit­ig soll nun noch die Senkung der Arbeitslos­enversiche­rung kommen – und hier streiten beide Seiten noch um das Volumen der Entlastung. Andere Minister fürchten, mit ihren Prestigepr­ojekten bei den Paketlösun­gen unterzugeh­en.

Der zweite, wichtigere Grund ist aber, dass Union und SPD zu Beginn der ungeliebte­n dritten großen Koalition unter Kanzlerin Merkel vereinbart haben, sich mehr Raum zur gegenseiti­gen Profilieru­ng zu lassen. Die Sehnsucht nach Unterschei­dbarkeit ist groß. Und mit Blick auf die Landtagswa­hlen in Bayern und Hessen hoffen alle drei Parteien auf Rückenwind aus Berlin.

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FOTO: REUTERS Geht’s jetzt los? Regierungs­chefin Angela Merkel.

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