Wie Correctiv Journalismus besser machen will
Wenn Journalisten sich mit Journalismus beschäftigen, dann geschieht das nicht selten hoch oben im Elfenbeinturm. Das Campfire-Festival nimmt diesen Turm und wirft ihn um. Es zwingt die Journalisten dazu, sich auf Augenhöhe mit ihren Lesern zu begeben. Das ist der Anspruch. David Schraven, Begründer des Recherchezentrums Correctiv, ist der Initiator des Campfire-Festivals. Der 47-Jährige stellt fest: „Wir sind in einer Zeit, in der wir uns viel mehr öffnen müssen, viel näher an die Menschen rücken müssen.“Journalisten müssten sich als Teil der Gesellschaft begreifen. Die Frage, die Schraven stellt: „Wie kann man diese Idee an einen Ort bringen?“
Seine Antwort ist das Lagerfeuer, neudeutsch: Campfire, an dem man zusammenkommt und sich Geschichten erzählt. Das Format ist ihm wichtig. Kein Panel, eine Diskussion soll es sein. „Wir wollen keine fünf Leute auf der Bühne, die sich selbst beweihräuchern“, betont Schraven. Das Publikum soll die Redner grillen können.
Bevor Schraven Ende 2013 das Recherchezentrum Correctiv aus der Taufe hebt, arbeitet er in der klassischen Zeitungsbranche, unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“, „Die Zeit“und als Gastjournalist für das „Time“-Magazine in New York. Bei seiner Arbeit habe er gemerkt, dass die Art Journalismus, die er machen wollte, immer schwieriger wurde. „Recherchen, die einen quer durch Europa bringen, sind schwer für eine Regionalzeitung zu stemmen“, sagt Schraven.
Seine Idee, investigativen Journalismus mit langem Atem zu betreiben, findet viele Befürworter. Sein Projekt Correctiv ist als gemeinnützige Organisation eingetragen und finanziert sich in erster Linie über Mitgliedsbeiträge, Spenden und Stiftungsgelder. Zusätzlich gibt Correctiv Workshops und Lehrgänge – nicht nur für Journalisten – und verkauft seit Anfang 2018 Bücher in einem kleinen Buchladen in Essen.
Das Campfire-Festival ist aber kein Ein-Mann-Projekt. Neben Schraven sorgt Mandy Wiegand als Festivalleiterin für den reibungslosen Ablauf. Bereits im letzten Jahr half sie beim Festival mit, in diesem Jahr kümmert sie sich erstmals hauptberuflich darum. Das Festival ist für die 31-Jährige, die zuvor bildende Kunst und Philosophie studierte, eine Herausforderung. Theoretische und politische Debatten dürften nicht nur frontal geführt werden, sondern müssten auch emotional beim Zuhörer ankommen. „Viele Themen gehen hier rein, da raus. Es fehlt ihnen der Bezug zum eigenen Leben“, sagt Wiegand. „Das Thema Europa zum Beispiel kann sehr abstrakt sein für Leute, die nicht Politik studiert haben.“Auf dem Campfire sollen diese Themen alltagstauglich verpackt und besprochen werden.