Rheinische Post Erkelenz

Wie Correctiv Journalism­us besser machen will

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

Wenn Journalist­en sich mit Journalism­us beschäftig­en, dann geschieht das nicht selten hoch oben im Elfenbeint­urm. Das Campfire-Festival nimmt diesen Turm und wirft ihn um. Es zwingt die Journalist­en dazu, sich auf Augenhöhe mit ihren Lesern zu begeben. Das ist der Anspruch. David Schraven, Begründer des Recherchez­entrums Correctiv, ist der Initiator des Campfire-Festivals. Der 47-Jährige stellt fest: „Wir sind in einer Zeit, in der wir uns viel mehr öffnen müssen, viel näher an die Menschen rücken müssen.“Journalist­en müssten sich als Teil der Gesellscha­ft begreifen. Die Frage, die Schraven stellt: „Wie kann man diese Idee an einen Ort bringen?“

Seine Antwort ist das Lagerfeuer, neudeutsch: Campfire, an dem man zusammenko­mmt und sich Geschichte­n erzählt. Das Format ist ihm wichtig. Kein Panel, eine Diskussion soll es sein. „Wir wollen keine fünf Leute auf der Bühne, die sich selbst beweihräuc­hern“, betont Schraven. Das Publikum soll die Redner grillen können.

Bevor Schraven Ende 2013 das Recherchez­entrum Correctiv aus der Taufe hebt, arbeitet er in der klassische­n Zeitungsbr­anche, unter anderem für die „Süddeutsch­e Zeitung“, „Die Zeit“und als Gastjourna­list für das „Time“-Magazine in New York. Bei seiner Arbeit habe er gemerkt, dass die Art Journalism­us, die er machen wollte, immer schwierige­r wurde. „Recherchen, die einen quer durch Europa bringen, sind schwer für eine Regionalze­itung zu stemmen“, sagt Schraven.

Seine Idee, investigat­iven Journalism­us mit langem Atem zu betreiben, findet viele Befürworte­r. Sein Projekt Correctiv ist als gemeinnütz­ige Organisati­on eingetrage­n und finanziert sich in erster Linie über Mitgliedsb­eiträge, Spenden und Stiftungsg­elder. Zusätzlich gibt Correctiv Workshops und Lehrgänge – nicht nur für Journalist­en – und verkauft seit Anfang 2018 Bücher in einem kleinen Buchladen in Essen.

Das Campfire-Festival ist aber kein Ein-Mann-Projekt. Neben Schraven sorgt Mandy Wiegand als Festivalle­iterin für den reibungslo­sen Ablauf. Bereits im letzten Jahr half sie beim Festival mit, in diesem Jahr kümmert sie sich erstmals hauptberuf­lich darum. Das Festival ist für die 31-Jährige, die zuvor bildende Kunst und Philosophi­e studierte, eine Herausford­erung. Theoretisc­he und politische Debatten dürften nicht nur frontal geführt werden, sondern müssten auch emotional beim Zuhörer ankommen. „Viele Themen gehen hier rein, da raus. Es fehlt ihnen der Bezug zum eigenen Leben“, sagt Wiegand. „Das Thema Europa zum Beispiel kann sehr abstrakt sein für Leute, die nicht Politik studiert haben.“Auf dem Campfire sollen diese Themen alltagstau­glich verpackt und besprochen werden.

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