Rheinische Post Erkelenz

Neuanfang in der Burgstuben Residenz

Die Erkelenzer Alexander Wulf und Ronny Schreiber haben die Burgstuben Residenz in Randerath mit dem Restaurant St. Jacques und der Brasserie übernommen. „Patron“Rainer Hensen konzentrie­rt sich auf seine Kochschule.

- VON KURT LEHMKUHL

ERKELENZ/HEINSBERG Was treibt bloß einen jungen Mann dazu, seinen gut bezahlten Arbeitspla­tz mit einer Vier-Tage-Woche in einer der ersten Restaurant­adressen in Belgien aufzugeben und einen Freund in Australien anzurufen, der dort ebenfalls einen gut bezahlten Traumjob besitzt, nur um im idyllische­n Randerath den riskanten Sprung in die Selbststän­digkeit zu wagen? „Die Verbundenh­eit zur Heimat und das Herzensanl­iegen, unsere berufliche Herkunft zu erhalten“, sagen Alexander Wulf und Ronny Schreiber.

Für sie war es fast schon eine Notwendigk­eit, die Burgstuben Residenz in Randerath mit dem Gourmetres­taurant St. Jacques und der Brasserie zu übernehmen, nachdem „Patron“Rainer Hensen mit dem Gedanken spielte, das seit Jahren mit einem Michelin-Stern ausgezeich­nete Restaurant abzugeben und sich auf seine Kochschule zu konzentrie­ren. Der 36-jährige Wulf, der im Rahmen seiner Ausbildung zum Koch bereits sieben Jahre lang bei Hensen in der Küche gestanden hatte, und der 37-jährige Schreiber, der von Randerath ausgehend eine glänzende Karriere als Sommelier hingelegt hatte, waren gerne bereit, das etablierte Restaurant weiterzufü­hren, „aber nur gemeinsam.“

Zum 1. März war es dann so weit, nicht zuletzt getragen von dem Gedanken, was wohl mit dem Restaurant passieren würde, wenn sie nicht einsteigen sollten, entschloss­en sich die beiden jungen Männer zur Übernahme. „Es sollte nicht aufhören“, sagen sie rückblicke­nd auf die ersten Monate, „es war der richtige Schritt, wenn auch ein verdammt schwerer.“

Die Übernahme der Burgstuben Residenz hat sich nicht negativ ausgewirkt. „Die Qualität, die Hensen auf den Tisch gebracht hat, ist einmalig“, meint Wulf anerkennen­d, aber es ist ihm gelungen den hohen Qualitätsa­nspruch zu bewahren, was nicht zuletzt durch die jüngste Anerkennun­g mit einem Michelin-Stern bestätigt wurde. Seitdem kann sich Wulf als „weitweilt erster Sternekoch mit russischen Wurzeln“bezeichnen. Außerdem hat er auch noch beachtlich­e 17 von 20 möglichen Punkten im Gault Millau erkocht und ist in die Elitegrupp­e der Jeunes Restaurate­urs d’Europe, der Vereinigun­g der besten europäisch­en Köche, aufgenomme­n worden. Als Kind ist Wulf mit den Eltern aus Russland in den Bauxhof nach Erkelenz übergesied­elt, hat von dort seine Karriere nach der Schulzeit als Koch gestartet, die ihn jetzt in die Heimat zurückführ­te. Ebenso wie sein langjährig­er Freund Schreiber lebt er wieder in Erkelenz.

Veränderun­gen in der Küche gibt es ebenso wie in der Einrichtun­g. „Wir wollen moderner, luftiger, legerer werden, ohne dass die Qualität leidet“, lautet das Credo, das Wulf und Schreiber Stück für Stück umsetzen. Zwar gebe es langjährig­e Stammgäste, die das Konzept mit schlichter Dekoration und gering bestückten Tischen nur zaudernd akzeptiere­n. „Aber sie kommen dennoch immer wieder und wir haben neue Kunden hinzugewon­nen“, meint Schreiber. Es gehe lockerer zu im Gourmettem­pel St. Jacques und im Restaurant Brasserie. „Einfacher, puristisch­er, aber ohne Qualitätsv­erlust.“Schreiber, der als Herr des Weinkeller­s mit über 600 verschiede­nen Weinen die Gäste berät, bezieht die Qualität nicht nur auf das Äußere, sondern auch auf die Gerichte, für die Wulf mit seinem Team verantwort­lich zeichnet. „Ich will bei den Gästen eine Explosion im Mund herbeiführ­en“, umschreibt der Sternekoch seine Philosophi­e, „weg von Butter und Sahne, hin zu Kokosnuss und Olivenöl.“Und auch die russischen Wurzeln sollen bei den Speisen nicht gänzlich außer Acht bleiben.

Wulf und Schreiber haben sich vieles vorgenomme­n, das Wichtigste ist ihnen dabei aber neben dem Wohlgefühl der Gäste das Klima in ihrem Betrieb. Aus der Erfahrung, die sie bei ihrer berufliche­n Reise durch die Restaurant­s der Welt mitgebrach­t haben, sind ihre Vorstellun­g erwachsen: fünf-Tage-Woche, geregelte Arbeitszei­ten und angemessen­e Bezahlung sollen für die Mitarbeite­r gelten. „Man muss nicht jeden Tag 14 Stunden arbeiten.“Und sie vergessen ihre eigenen Wurzeln nicht, wenn sie bei den Auszubilde­nden nicht unbedingt darauf achten, welchen Schulabsch­luss sie haben. Mit Talent, Fleiß, Ausdauer und Können ist vieles machbar, das wollen sie dem Nachwuchs zeigen.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Seit dem März gemeinsam selbststän­dig, freuen sich Sternekoch Alexander Wulf (r.) und Sommelier Ronny Schreiber (l.) auf ihr Food & Wine-Festival im September.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Seit dem März gemeinsam selbststän­dig, freuen sich Sternekoch Alexander Wulf (r.) und Sommelier Ronny Schreiber (l.) auf ihr Food & Wine-Festival im September.

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