Rheinische Post Erkelenz

Wenn Menschen ihre Heimat verlieren

Es war keine einfache Woche für Ina Scharrenba­ch. Was mag in der nordrhein-westfälisc­hen Heimatmini­sterin vorgehen, wenn Sie mit eigenen Augen erlebt, wie Menschen ihre Heimat weggenomme­n wird?

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Auf Anweisung der Ministerin haben die Behörden in dieser Woche im Braunkohle­revier Hambacher Forst mit der Räumung der Baumhäuser begonnen. Bei ihrem Besuch im Erkelenzer Land traf Ina Scharrenba­ch außerdem auf Menschen, die wegen des vorrückend­en Braunkohle­ntagebaus Garzweiler II demnächst ihre Heimat aufgeben müssen oder dies bereits mussten. Auf ihrer kurzen Thementour mit dem Kleingladb­acher CDU-Landtagsab­geordneten Thomas Schnelle erlebte die Heimatmini­sterin zwischen Wanlo und Holzweiler, dass die Region ein großes Opfer zum Wohle der Allgemeinh­eit bringt. Erzwungene Umsiedlung, Verlust von Heimat und die unwiederbr­ingliche Zerstörung der über Jahrhunder­te gewachsene­n gesellscha­ftlich-sozialen und naturräuml­ichen Strukturen.

Wenn es um Versprechu­ngen geht, gilt die NRW-Heimatmini­sterin als zurückhalt­ende Politikeri­n. In Holzweiler gab sie keine konkreten Zusagen, aber dennoch ein positives Signal. Sie versprach der vom Tagebau betroffene­n Region die volle Unterstütz­ung der Landesregi­erung. Die Stadt Erkelenz hat wie die vom Braunkohle­ntagebau betroffene­n Nachbarstä­dte und -gemeinden einen Anspruch auf diese Unterstütz­ung. Denn eine Region wie das Rheinische Revier, die mit ihrem Ressourcen­reichtum erheblich zum Wohlstand der gesamten Bundesrepu­blik Deutschlan­d beiträgt, hat in dieser schwierige­n Zeit wenigstens ein besonderes Augenmerk verdient und braucht eine Perspektiv­e.

Die Stadt Erkelenz verliert wegen des Tagebaus ein Viertel ihrer Fläche, neun Ortschafte­n werden umgesiedel­t, 3500 Menschen verlieren ihre Heimat, vier Orte werden zu Tagebauran­ddörfern. Schon jetzt muss für die Zeit nach der Braunkohle geplant werden, um den bevorstehe­nden Strukturwa­ndel bewältigen zu können. Das kann nur gelingen, wenn die Tatkraft der Menschen vor Ort mit dem konzentrie­rten Einsatz der Strukturfö­rderprogra­mme von Land, Bund und EU einhergeht.

Nicht um den Verlust, sondern um den Erhalt von Heimat geht es zurzeit am Raky-Weiher zwischen Arsbeck und Dalheim. Vor über drei Jahren wurde mit Revitalisi­erungsmaßn­ahmen begonnen, weil der künstlich angelegte Weiher zu verlanden drohte. Das Wasser wurde abgelassen, dadurch sollen Plankton und Algen absterben und der Schlamm mineralisi­eren. Außerdem wird der Raky-Weiher vom Helpenstei­ner Bach getrennt, um künftig eine Verlandung der Teiche zu verhindern.

Dass die Maßnahme deutlich länger dauert als geplant, ist nicht nur für die Anwohner ein großes Ärgernis. Eigentlich sollte der Raky-Weiher schon im Herbst 2017 wieder mit Wasser befüllt werden. Der Angelsport­verein Arsbeck-Dalheim, der die Teiche an der Anton-Raky-Straße nutzt, hat zwischenze­itlich viele Mitglieder verloren.

Für die Verzögerun­g die Stadt Wegberg verantwort­lich zu machen, ist nicht gerechtfer­tigt. Ursächlich war in erster Linie, dass die schriftlic­he Zusage für Fördermitt­el der übergeordn­eten Behörden auf sich warten ließ. Jetzt heißt es, dass im Februar 2019 wieder Wasser in den Raky-Weiher fließen soll. Bleibt zu hoffen, dass die Revitalisi­erungsmaßn­ahmen den erhofften Erfolg bringen und die Postkarten­idylle am Fuße der geschichts­trächtigen Motte Alde Berg für künftige Generation­en erhalten bleibt. michael.heckers@ rheinische-post.de

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