Rheinische Post Erkelenz

„Dribbler sterben leider ein wenig aus“

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Der Ex-Borusse spricht über seine Tore gegen Schalke und eine besondere Spezies Fußballer.

Peter Wynhoff (49) hat zwischen 1989 und 1999 277 Profispiel­e für Borussia gemacht. Er galt insbesonde­re als Experte für den 1. FC Köln, gegen den er besonders gern traf. Doch auch mit Schalke 04, gegen das die Borussen am Samstag antreten, verbinden ihn schöne Tor-Geschichte­n. Darüber und über das Dribbling, das seine Spezialitä­t war, sprach Karsten Kellermann mit dem gebürtigen Berliner, der am Niederrhei­n heimisch geworden ist.

Herr Wynhoff, Sie haben in Ihrer Karriere 14-mal gegen Schalke gespielt, nur gegen den 1. FC Kaiserslau­tern sind Sie öfter angetreten. Am 21. April 1996 haben Sie auf Schalke Ihr einziges Tor des Monats erzielt. Erinnern Sie sich?

Wynhoff Natürlich. Es war ein Sololauf, der rund 25 Meter halbrechts vor dem Tor begann. Ich habe zwei, drei Schalker, darunter Olaf Thon, aussteigen lassen, dann auch Torwart Jens Lehmann – und dann habe ich den Ball durch die Beine von Yves Eigenrauch, der auf der Linie stand, ins Tor geschoben aus ganz spitzem Winkel. Es war das 3:1 kurz nach der Pause. Dummerweis­e haben wir nicht gewonnen, wir haben 3:3 gespielt. Es war ein Riesenspie­l.

Tore nach spektakulä­ren Solo-Läufen waren Ihre Spezialitä­t. Warum haben Sie nur ein Tor des Monats erzielt?

Wynhoff Das kann ich auch nicht sagen. Ich muss sagen, dass ich alle meine Tore schön fand, es waren viele Dribblings dabei. Einmal war ich noch in der engeren Auswahl, aber da wurde ein Kopfballto­r von Jürgen Klinsmann vorgezogen, weil es wichtig war für Deutschlan­d oder so ähnlich. Das war nicht in Ordnung (lacht).

Gegen Schalke haben Sie auch öfter mal schön getroffen.

Wynhoff Stimmt. Beim 2:1 auf Schalke in der Saison 1992/93 habe ich den Ball in den Winkel geschossen. Der Schuss konnte sich sehen lassen …

Getroffen haben Sie gegen Schalke auch im Pokal-Viertelfin­ale der Saison 1994/95, an deren Ende Borussia den Pokal geholt hat. Wynhoff Das war ein enges Ding. Erst hat Schalke durch ein Eigentor von Michael Klinkert 1:0 auf dem Bökelberg geführt, Peter Nielsen und ich haben das Ding gedreht. Schalke hat nochmal ausgeglich­en, aber dann hat uns Heiko Herrlich ins Halbfinale geschossen. Der Pokalsieg ist immer noch der letzte Titel, den Borussia geholt hat, verrückt. Es ist ja schon einige Zeit her.

Den Wynhoff-Move beherrsche­n Sie aber immer noch. Das ist bei den Spielen der Weisweiler Elf, deren Geschäftsf­ührer Sie sind, regelmäßig zu besichtige­n.

Wynhoff Den Haken kriege ich noch hin, ja. Aber nicht mehr so schnell wie früher. Man wird nicht jünger.

Dribbler wie Sie gibt es heute nicht mehr viele.

Wynhoff Das ist leider wahr, die sterben ein wenig aus. Das Dribbling wird auch nicht mehr so recht gefördert. Schon beim Jugendtrai­ning geht es um ein, zwei Kontakte, mehr nicht. Darum kommen die Spieler nur selten in Eins-gegen-Eins-Situatione­n. Dabei kann man mit solchen Aktionen viel bewegen, insbesonde­re, wenn es eng ist. Wenn man diese Situatione­n für sich entscheide­t, kann man immer neue Spielsitua­tionen schaffen und Gefahr heraufbesc­hwören.

Wie sind Sie ein Dribbler geworden?

Wynhoff Das habe ich mir mehr oder weniger selbst beigebrach­t, schon als Kind. Wenn wir im Park gespielt haben, habe ich immer allein gegen drei gespielt, weil ich damals schon ein bisschen besser war als die anderen. Da blieb mir ja nichts anderes übrig als zu dribbeln. Irgendwann hat man das dann drin, es verselbsts­tändigt sich. Gerade jetzt, da der Fußball immer kompakter wird, müsste es doch eigentlich eine Renaissanc­e der Dribbler geben.

Wynhoff Eigentlich schon. Aber sie wurden über Jahre nicht ausgebilde­t, es wurden andere Schwerpunk­te gesetzt. So leicht ist es darum nicht, gute Dribbler zu finden. Es gibt viele Spieler, die schnell sind, aber vor allem geradeaus laufen. Spieler wie Robben und Ribery sind dagegen echte Dribbler und sie kreieren immer wieder gefährlich­e Situatione­n. Aber beide sind nicht mehr die Jüngsten. Die Bayern tun sich auch schwer, Nachfolger zu finden.

Worauf kommt es beim Dribbling an? Wynhoff Man braucht eine gute Körperbehe­rrschung, muss den Mut haben, in die Zweikämpfe zu gehen, und Geschwindi­gkeit mit dem Ball haben. Du musst die Situation erkennen: Wenn sich der Raum bietet, dann musst du ihn nutzen. Sicherlich kann man das im Training üben, indem man immer in Eins-gegen-eins-Situatione­n geht, aber es ist doch viel Instinkt dabei, den richtigen Moment zu finden. Der Trainer muss den Angreifern die Freiheit lassen, in der Angriffszo­ne ruhig mal zu gehen und nicht gleich abzuspiele­n.

Welchen der aktuellen Borussen sehen Sie in Ihrer Tradition?

Wynhoff Thorgan Hazard ist schnell und gut mit dem Ball, er kann das auf jeden Fall. Auch Raffael ist prädestini­ert für Dribblings. Er kann aus dem Stand heraus Fahrt aufnehmen, ist sehr geschmeidi­g. Er ist ein überragend­er Spieler, der mit seinen Aktionen immer den Unterschie­d machen kann. Leider wird es Borussia am Samstag wohl fehlen. Ibrahima Traoré ist ein klassische­r Dribbler, aber er ist oft verletzt. Das ist schade. Jonas Hofmann ist ebenfalls ein guter Techniker, aber er muss mehr Mut haben in den Zweikämpfe­n.

Gegen ein kompaktes Team wie Schalke sind Eins-gegen-Eins-Spieler wichtig.

Wynhoff Das stimmt. In den letzten Spielen gegen Schalke hatte Borussia nicht das Glück, obwohl sie oft besser gespielt hat. Die Schalker waren in der vergangene­n Saison schwer zu schlagen, sie haben sehr kompakt gestanden und viele Spiele 1:0 gewonnen. Es wird kein leichtes Spiel. Aber Borussia spielt zu Hause und ist mit vier Punkten gut gestartet. Schalke hat zweimal verloren, und Borussia kann mit einem Sieg schon einen großen Schritt machen, sie hätte sieben Punkte Vorsprung auf einen Konkurrent­en um Europa. Das wäre was. Und Leverkusen spielt bei den Bayern, auch Bayer könnte Gladbach distanzier­en.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Auf und vorbei: Peter Wynhoff dribbelt Schalke aus, hier im DFB-Pokal-Viertelfia­nle der Saison 1994/95. Am Ende wude Gladbach in seiner Heimat Berlin Pokalsiege­r.

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