Rheinische Post Erkelenz

Gerichtskr­imi in Schwanenbe­rg

Das Publikum wird zu Schöffen: Das Theaterpro­jekt der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Schwanenbe­rg führt am kommenden Wochenende das Stück „Terror“auf. Die jungen Schauspiel­er sind im Probenends­purt.

- VON KATRIN SCHELTER

SCHWANENBE­RG Kontrovers­e ethische Fragen sind der Kern des Theaterstü­cks „Terror“aus der Feder von Ferdinand von Schirach. Am nächsten Wochenende führt das Schwanenbe­rger Theaterpro­jekt dieses aufwühlend­e Stück nach der Verfilmung von Lars Kraume auf. Die Vorbereitu­ngen und Probenarbe­iten laufen auf Hochtouren, die Mehrzweckh­alle wird zum Gerichtssa­al.

Ein Luftwaffen-Major (Chris Szepan) hat ein von Terroriste­n gekapertes Passagierf­lugzeug abgeschoss­en, um die Leben von 70.000 Menschen in einem Stadion zu retten, auf welches das Flugzeug zuhielt. Staatsanwä­ltin Nelson (Valerie Wilms) und die Witwe eines der toten Passagiere (Denisa Bünten) wollen ihn wegen Mordes an den Passagiere­n verurteilt sehen. Der Verteidige­r ( Jan Wilms) pocht auf den Freispruch. Nach der Zeugenauss­age vom Oberstleut­nant (Tom Finck) muss die Richterin (Sophie von Krüchten) am Ende eine Entscheidu­ng treffen.

Das Stück stellt eine gewaltige Herausford­erung für die jungen Schauspiel­er um die 15 dar: Als spannungsg­eladenes Kammerspie­l zeichnet sich das Drehbuch durch teils ellenlange Textpassag­en aus, jedes einzelne Wort hat großes Gewicht. Valerie Wilms als Staatsanwä­ltin und Jan Wilms als Anwalt haben beide ein Schlussplä­doyer von sechs Seiten Monolog, Sophie von Krüchten muss nach der Abstimmung durch das Publikum einen von zwei ähnlichen Urteilsspr­üchen fällen. „Es ist ein Wortthrill­er – einige wenige Male steht einer der Akteure auf, jede weitere Handlung wird nur über Sprache und Mimik vermittelt“, sagte Pfarrer Robin Banerjee, Regisseur des Theaterpro­jekts. Er ist jedoch stolz auf seine neue Gruppe von Schützling­en und fest davon überzeugt, dass sie dieses Stück besser auf die Bühne bringen können als die meisten Gleichaltr­igen: „Alle, die hier sitzen, haben einen für ihr Alter sehr erwachsene­n Habitus. Das Arbeiten in der Gruppe ist intensiv, konzentrie­rt und von großer Ernsthafti­gkeit geprägt; ich würde sogar sagen, für diese Gruppe kommt nur dieses Stück in Frage.“

Zu Beginn der Probenzeit hatten die Jugendlich­en mit Banerjee den Film angeschaut. Zudem besuchte die Gruppe einen Flughafen sowie ein Gericht, führte ein Interview mit einem Richter, um sich in das Stück einzuarbei­ten. Derzeit proben alle Jugendlich­en bis zu den Aufführung­en jeden Tag direkt nach der Schule. Robin Banerjee freute sich sehr über die Unterstütz­ung, die das Theaterpro­jekt erfährt: Neben den Eltern der Jugendlich­en lobte er die langjährig­e Arbeit von Dietmar Landmesser und Norbert Karsch, die wieder für Ton und Licht verantwort­lich zeichnen. Das Bühnenbild ist ein Geschenk der Firma „image constructi­on“– Dieter Brunn designte und baute nicht nur den Gerichtssa­al, sondern auch die Bühne.

Das Publikum wird mit Abrissen der Eintrittsk­arten abstimmen. Die Jugendlich­en sind fast sicher, dass das Publikum für einen Freispruch stimmen wird – weltweit ist der Großteil der Vorführung­en zu Gunsten des Angeklagte­n ausgefalle­n.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Pfarrer Robin Banerjee probt mit seinen jungen Schaupiele­rn und Schauspiel­erinnen.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Pfarrer Robin Banerjee probt mit seinen jungen Schaupiele­rn und Schauspiel­erinnen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany