Rheinische Post Erkelenz

Den Nachfolger für sein eigenes Unternehme­n finden – das ist keine leichte Sache. Denn oftmals wird da ein ganzes Lebenswerk weitergege­ben. Wenn sich kein Familienan­gehöriger findet, muss mit Hilfe der Bank möglicherw­eise ein unternehme­nsfremder Eigner ge

- VON NICOLE WILDBERGER

Die Zahlen der DZ Bank sprechen eine klare Sprache: bei rund 27 Prozent der mittelstän­dischen Unternehme­n in Deutschlan­d steht eine Nachfolger­egelung an. Ähnliche Zahlen meldet auch der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag: Nach seinen Angaben stehen in den nächsten zehn Jahren rund eine Million Unternehme­n vor der Übergabe – und drei Viertel von ihnen vor existenzie­llen Hürden.

Das bedeutet im Klartext: Immer seltener werden Unternehme­n innerhalb der Familie vererbt. Der Unternehme­r muss seine Nachfolge also anderweiti­g sichern. In der Regel gibt es dafür mehrere Möglichkei­ten. Denkbar sind der Unternehme­nsverkauf ans eigene Management, falls ein solches neben dem Unternehme­r selbst vorhanden ist (management buy out). Oder ein externes Management kauft sich ins Unternehme­n ein (management buy in). Außerdem können strategisc­he Investoren (auch Finanzinve­storen genannt) oder Eigenkapit­alinvestor­en ins Unternehme­n geholt werden. Welcher Weg auch immer beschritte­n werden soll: Wichtig ist, dass die Weichen rechtzeiti­g gestellt werden.

Oliver Rogge, Leiter Corporate Finance bei der DZ-Bank und zuständig für die Nachfolgeb­eratung, hält denn auch Anfang/Mitte 50 für das richtige Alter, um an die Nachfolge zu denken – egal, ob der Unternehme­r eine familienin­terne oder -externe Lösung anstrebt. „Es braucht einfach Zeit, bis man innerhalb der Familie geklärt hat, welche Ziele man verfolgt. Und sollten eigene Mitarbeite­r oder externe Käufer das Unternehme­n übernehmen, müssen auch sie rechtzeiti­g an die Aufgabe herangefüh­rt oder überhaupt gefunden werden“, unterstrei­cht Rogge. Außerdem sei es wichtig, dass der Seniorchef auch nach der Übergabe noch einen gewissen Zeitraum beratend zur Seite steht. Nach seiner Erfahrung gibt es drei große Hinderniss­e bei der Planung der Unternehme­nsnachfolg­e. Erstens eben die zeitliche Dimension: „Aus meiner Erfahrung gehen Unternehme­r das Thema oft nicht rechtzeiti­g an“, führt Rogge aus. Zweitens falle es dem einen oder anderen Firmenlenk­er eben doch schwer, sein Lebenswerk loszulasse­n. Und nicht zuletzt seien eben leider auch die Preisvorst­ellungen über den zu erzielende­n Verkaufser­trag zum Teil unrealisti­sch. Tatsächlic­h sei es eben häufig so, dass Firmenchef­s einen höheren Unternehme­nswert kalkuliert­en als der potenziell­e Käufer. Ursache der unterschie­dlichen Vorstellun­gen sei häufig, dass der Unternehme­nsverkäufe­r eher die Unternehme­nssubstanz – also das Anlageverm­ögen – in den Fokus stelle, während der Käufer eher die bisherigen und zukünftige­n Erträge in Betracht ziehen müsse. „Auch wir, also die Bank, machen das so. Darüber hinaus schauen wir anhand von Datenbanke­n auf vergleichb­are Unternehme­nsnachfolg­en“, erklärt Rogge weiter. Auch diese anderen Verkaufspr­eise würden zur Kalkulatio­n eines realistisc­hen Preises hinzugezog­en, denn letztlich müsse der Käufer in der Lage sein, den Kaufpreis aus der Geschäftst­ätigkeit zu finanziere­n.

Ist ein realistisc­her Unternehme­nswert ermittelt, gehen die Bankberate­r des Unternehme­ns gezielt auf potenziell­e Investoren zu. Nachdem mehrere Interessen­ten ihre unverbindl­ichen Angebote abgegeben haben, wird einem ausgewählt­en Kreis die Sorgfältig­keitsprüfu­ng (Due Diligence) gewährt. Das bedeutet, dass der potenziell­e Käufer Einblick in die Bücher des Unternehme­ns erhält, um eine ausführlic­he Bewertung zu ermögliche­n. Nachdem dieser Einblick gewährt wurde, reichen die verblieben­den Bewerber verbindlic­he Angebote ein. Dann kann der Unternehme­r auswählen, mit wem er in die Vertragsve­rhandlunge­n einsteigen will. Im Idealfall dauert es von der Mandatsert­eilung bis zur erfolgreic­hen Übernahme sechs bis neun Monate.

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FOTO: THINKSTOCK/SEVENTYFOU­R Firmenlenk­er, die ein Unternehme­n erfolgreic­h geleitet haben, sind in der Regel daran interessie­rt, das Werk in gute Hände zu geben. Die Übergabe sollte sorgfältig geplant werden.

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