Rheinische Post Erkelenz

Erntedank ist Erntedenk

Was kann ich tun, damit Bauern und Landwirte auch Hitzesomme­r überstehen?

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Goldgelbe Garben, Körbe voll Äpfel und Birnen, orange leuchtende Kürbisse, knuspriges Brot – Erntedank steht vor der Tür. Da werden die Altäre und Abendmahls­tische in den Kirchen wieder von der Fülle zeugen, aus der wir hierzuland­e schöpfen können. Evangelisc­herseits wird vielerorts auf den Liedtafeln die Nummer 508 aus dem Gesangbuch angeschlag­en sein: „Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land, …“Das Lied, dessen Text Matthias Claudius gegen Ende des 18. Jahrhunder­ts geschriebe­n hat, gehört zu den Erntedank-Klassikern. Doch vielen von denen, die pflügen, säen, pflegen und ernten, geht das Gotteslob zum Erntedank in diesem Jahr sicher nicht so leicht über die Lippen. Sie haben blanke Existenzno­t: Nach dem Hitzesomme­r beklagen die Bauern massive Ernteausfä­lle bei Mais, Weizen & Co. Weil auch die Heuernte vielerorts miserabel war, verfüttern Landwirte jetzt schon die Wintersila­ge oder schlachten das Vieh, damit sie es nicht mit teuren Futterzukä­ufen über den Winter bringen müssen. Aller bäuerliche­r Fleiß ist aber nur ein Ernte-Faktor. Das greift die zweite Zeile des Claudius-Liedes auf: „… doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand“. Christen wissen, dass sie nicht alles in der Hand haben. Deswegen feiern wir Erntedank. Aber Erntedank ist für mich nicht nur in diesem Jahr auch Erntedenk: Was kann ich am Ende doch mehr beeinfluss­en, als ich bislang bei oberflächl­icher Betrachtun­g so meine? Meinen alltäglich­en automobile­n Beitrag zum Treibhause­ffekt. Meinen Fleischkon­sum, der viel Wasser und Land kostet. Meine Kaufentsch­eidung für regionale Produkte aus ökologisch­em Landbau. Meine Bereitscha­ft, faire Preise für Milch zu bezahlen. Meine Spende für Menschen in dauerhafte­n Dürrelände­rn. Das jedenfalls habe ich sehr wohl in der Hand.

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