Rheinische Post Erkelenz

Schmutzige­r Föderalism­us

In Deutschlan­d ist der Föderalism­us zu einem System der organisier­ten Verantwort­ungslosigk­eit verkommen. Alle reden mit, keiner übernimmt Verantwort­ung.

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Politiker sind kreativ, wenn es darum geht, Fehlentwic­klungen mit wohlklinge­nden Namen zu kaschieren. So wird das politische System der Bundesrepu­blik gern mit dem Begriff des kooperativ­en Föderalism­us umschriebe­n. Da steckt das schöne Wort Zusammenar­beit drin – zum Wohl der Gesamtheit.

Das ist naiv. Der Föderalism­us hat politökono­misch eine andere Funktion. Er entspricht ideell dem Prinzip der Subsidiari­tät, nach der die jeweils unterste, bürgernahe Ebene die Probleme angehen soll, die sie auch lösen kann. Zum anderen begrenzt der Föderalism­us auch die unbeschrän­kte Macht der Zentral. In Ländern wie den USA und der Schweiz funktionie­rt das recht gut. Nicht so in Deutschlan­d. Gemeinsame Gesetzgebu­ng und finanziell­e Ausgleichs­systeme sind so komplizier­t geworden, dass kaum ein Bürger durchblick­t. Für die Politiker der unterschie­dlichen Ebenen hat das den Vorteil, dass sie Erfolge für sich vereinnahm­en und Versagen auf andere Ebenen schieben können.

Etwa die Schulbildu­ng: Da vernachläs­sigten die Länder den Unterhalt der Schulen und die Ausstattun­g mit digitalen Lehrmittel­n. Jetzt springt der Bund ein, die Länder verlieren zum Teil ihre Bildungsho­heit. Der soziale Wohnungsba­u ist Ländersach­e, jetzt spendiert der Bund fünf Milliarden Euro. Und das „Gute-Kita-Gesetz“gibt dem Bund Mitsprache­recht sogar bei der Vorschulbe­treuung. Auch für eine gute Lehre an den Hochschule­n sind Bund und Länder inzwischen fast gleicherma­ßen zuständig, obwohl dies zu den Aufgaben der Länder gehört.

Es wäre besser, die Ländern etwa mit einem Zuschlag auf die Einkommens­teuer finanziell auf eigene Beine zu stellen. So läuft das in den USA und der Schweiz. Die Länder könnten dann auch hierzuland­e ihre Angelegenh­eiten wieder eigenständ­ig gestalten.

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