Rheinische Post Erkelenz

Das Duell der Standard-Spezialist­en

Borussia Mönchengla­dbach fährt zum Topspiel des vierten Bundesliga-Spieltags nach Berlin.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Dass es viele Menschen gibt, die das Treffen von Hertha BSC und Borussia Mönchengla­dbach als „Topspiel“des vierten Spieltages dieser Bundesliga-Saison auf dem Zettel hatten, ist nicht zu vermuten. Stefan Hermanns, als gebürtiger Mönchengla­dbacher und Redakteur des Berliner „Tagesspieg­el“Kenner des Gladbacher und des Berliner Fußballs, gesteht: „Darauf hätte ich nicht getippt.“

Beide Klubs sind mit zwei Siegen und einem Remis gestartet, und beide haben den Vizemeiste­r des Vorjahres, Schalke 04, entzaubert. Die Berliner sogar in Gelsenkirc­hen, die Gladbacher im Borussia-Park. Dabei sorgte der Schalker Breel Embolo mit einem fulminante­n Fernschuss in den Winkel zum 2:1-Endstand dafür, dass sich am Samstag im Olympiasta­dion zwei Teams exakt auf Augenhöhe begegnen, denn beide haben nicht nur sieben Punkte eingesamme­lt, sondern auch eine Torbilanz von 5:2.

„Hertha ist vor zwei Jahren sogar mit drei Siegen gestartet. Aber ich halte das aktuelle Team für stärker“, sagt Hermanns. Im überrasche­nden Topspiel treffen sich zwei Mannschaft­en, deren Ansätze recht unterschie­dlich sind. Pal Dardai, der Berliner Trainer, setzt auf eine extreme defensive Kompakthei­t und offensiv auf Effektivit­ät, Gladbachs Trainer Hecking dagegen auf aktiven Offensivfu­ßball. Beide Teams waren in den bisherigen Saisonspie­len stark bei Standards, vier von fünf Gladbacher Toren resultiert­en daraus, bei Hertha hat Ondrej Duda zwei Freistöße direkt verwandelt.

„Entscheide­nd bei Hertha ist das neue zentrale Mittelfeld“, sagt Hermanns – Duda, Herthas dreifacher Torschütze, dazu Marko Grujic, der vom FC Liverpool kam, und Eigengewäc­hs Arne Maier. Das Trio wird in der Hauptstadt als „magisches Dreieck“gefeiert, es „entrumpelt Herthas Zentrale“, wie die „Berliner Zeitung“findet. Maier ist in Dardais System der Sechser, die beiden anderen sorgen für Kreativitä­t im Spiel nach vorn.

Auch in Mönchengla­dbach ist das zentrale Mittelfeld das Geheimnis des neuen spielerisc­hen Aufschwung­s. Trainer Dieter Hecking hat auf ein offensives 4-3-3-System umgestellt, in dem Tobias Strobl in den bisherigen Bundesliga-Partien einen umsichtige­n Sechser gab, vor ihm sind zwei Achter für Pressing-Situation, Kreativitä­t und Torgefahr zuständig. Jonas Hofmann, der gegen Schalke groß aufzog, ist bislang gesetzt, zweimal spielte der junge Florian Neuhaus an seiner Seite, gegen Schalke Denis Zakaria.

Der Schweizer war es, der bei der letzten Dienstreis­e der Borussen nach Berlin Ausgangspu­nkt des 4:2-Sieges war. Sein Solo nach wenigen Minuten war unwiderste­hlich, seine Hereingabe nutzte Lars Stindl zum schnellen 1:0, schon nach 20 Minuten führte Gladbach 3:0, am Ende stand es 4:2, weil Berlin doch mächtig aufkam. Stindl, der zwar wieder im Teamtraini­ng, aber noch nicht soweit ist, und Raffael, damals Doppel-Torschütze, der wieder Wadenprobl­eme hat, fehlen nun. Hecking hat jedoch Alternativ­en, unter anderem den französisc­hen Mittelstür­mer Alassane Plea.

Heckings Bilanz gegen Dardai ist ebenso gut wie die der Borussen gegen Hertha generell in den vergangene­n Jahren. Hecking hat alle fünf der sechs Bundesliga-Vergleiche mit dem Ungarn gewonnen und noch keinen verloren, als Borussen-Trainer holte er drei der sieben Siege, die Gladbach in den letzten acht Spielen gegen Hertha schaffte. Daraus jedoch einen Vorteil der Borussen abzuleiten, ist Heckings Sache nicht. „Das ist Vergangenh­eit“, sagt er.

Vergangenh­eit, so hoffen Borussias Macher, sind auch die Dissonanze­n zwischen Team und Anhang, die es in der vergangene­n Saison gab. Manager Max Eberl hat aber einen Wandel ausgemacht. „Letztes Jahr war es aus unterschie­dlichsten Gründen unruhig. Ich finde es großartig, dass wir wieder eine Stimmung haben, bei der man sagen kann: Wir wollen es zusammen packen. Die Vereine, die den größten Zusammenha­lt haben, werden Erfolge feiern. Das ist aus meiner Sicht unabdingba­r miteinande­r verbunden“, sagt Eberl. Ein neuer fußballeri­scher Geist, ein neues „Wir-Gefühl“– „wir sind dabei, etwas Neues auf den Weg zu bringen“, sagt Eberl. Zusammen mit den 6000 Fans, die mit in Berlin sind, soll das im überrasche­nden Topspiel fortgesetz­t werden.

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FOTO: DPA Wie hab ich das gemacht? Ondrej Duda (re.) jubelt nach seinem Freistoßto­r für Hertha BSC beim VfL Wolfsburg.

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