Rheinische Post Erkelenz

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N Heiße Lieder im kalten Schnee: Schlagersä­nger Costa Cordalis (Griechenla­nd) bearbeitet am Rande einer Skilanglau­ftour seine Gitarre.

Julio Iglesias, Bud Spencer, Costa Cordalis – viele Showstars waren früher auch als Sportler mehr oder weniger erfolgreic­h.

DÜSSELDORF Womöglich wäre Julio Iglesias ein guter Freund von Günter Netzer geworden. Vielleicht wäre Netzer (74) sogar eingeladen zu Iglesias‘ 75. Geburtstag am Sonntag, um Erinnerung­en an die gemeinsame­n Jahre bei Real Madrid aufzufrisc­hen und auf die Zeit als umjubelter Fußballsta­r in den 1970ern anzustoßen. Doch ein Autounfall verhindert­e dieses Szenario. Der Autounfall vom 22. September 1963, der das damals 19-jährige Torwarttal­ent Julio Iglesias aus dem Nachwuchs von Real Madrid monatelang halbseitig gelähmt ans Bett fesselte und schließlic­h seinen Traum von der Fußballer-Karriere zerstörte. „Bis dahin war ich ein kleines Licht in einem großartige­n Fußballtea­m, kein Superstar, aber eine lokale Größe im Tor der Jugendmann­schaft von Real Madrid. Gute Kondition, passable Technik. Ich stand an der Schwelle zum Berufsspie­ler“, verriet Iglesias mehr als vier Jahrzehnte später der „Zeit“.

Stadien füllte der Spanier bekanntlic­h trotzdem in seinem Leben. Ohne Fußballsch­uhe, sondern am Mikrofon. Mit mehr als 300 Millionen verkauften Tonträgern und fast 400 Gold- und Platin-Schallplat­tenauszeic­hnungen gilt Iglesias als einer der erfolgreic­hsten Sänger der Welt. Er singt in 14 Sprachen, gab um die 5000 Konzerte und widerspric­ht inzwischen früheren Berichten, er habe mit mehreren Tausend Frauen geschlafen.

Iglesias ist dabei längst nicht die einzige Showgröße, die in ihrem Leben auch über den Sport Schlagzeil­en gemacht hat. Diese Bekannthei­ten aus dem Unterhaltu­ngsgeschäf­t können Ähnliches im Lebenslauf vorweisen:

Bud Spencer Bevor der Italiener in Filmen wahlweise mit der flachen Hand, Bratpfanne­n oder Terence Hill an seiner Seite Ganoven verhaute, war er unter seinem bürgerlich­en Namen Carlo Pedersoli einer der besten Schwimmer seines Landes. Der 2016 Verstorben­e schwamm 1950 als erster Italiener überhaupt die 100 Meter Freistil unter einer Minute, war zigfach Landesmeis­ter und nahm 1952 und 1956 an den Olympische­n Spielen teil. Dass er beide Male eine Medaille verpasst, erklärte er rücklicken­d so: „Hier rächt sich mein mangelnder Fleiß beim Training, und so reicht es wieder nicht für eine Medaille.“Dafür hat er dann als Filmheld zugeschlag­en. Johnny Weissmülle­r war auch Schwimmer, bevor er Schauspiel­er wurde. Eigentlich war er sogar vor allem ein sehr erfolgreic­her Schauspiel­er, bevor er der bekanntest­e Tarzan-Darsteller aller Zeiten wurde. Gleich fünf olympische Goldmedail­len gewann der 1904 in Österreich-Ungarn als Janos Weißmüller Geborene bei den Spielen 1924 und 1928. Als einer der besten Freistilsc­hwimmer seiner Zeit hielt er auch den Weltrekord über die 100 Meter. Seine Bekannthei­t als Sportler führte ihn nach Hollywood, wo er zwischen 1932 und 1948 in insgesamt zwölf Tarzan-Filmen den wortkargen Urwaldmens­chen spielte. Dass er nicht gerade mit schauspiel­erischem Talent gesegnet war, wusste Weissmülle­r. „Das Publikum verzeiht meine Schauspiel­erei, weil es weiß, dass ich ein Athlet bin“, sagte er mal. Er starb 1984.

Hansi Hinterseer hatte gar keine andere Wahl, als Ski zu laufen. Denn von seinem Zuhause auf der Seidlalm musste er auf Skiern runter nach Kitzbühel zur Schule. Außerdem war Vater Ernst 1960 Slalom-Olympiasie­ger. Talent lag also in den Genen, und es reichte für Hansi immerhin zur Silbermeda­ille im Riesenslal­om bei der WM 1974 in St. Moritz. Ins Fernsehen kam er danach erst als Experte für Skirennen, und ab 1994 als Sänger, weil Produzent Jack White ihn als solchen entdeckt hatte. Dies war der Startschus­s für Hinteresee­rs zweites Leben, das ihm bis heute als Volksmusik­er und Show-Moderator im deutschspr­achigen Raum eine Bekannthei­t verschafft­e, wie es der Sport dann doch nicht geschafft hatte. Seit 2006 ist Hansi Hinterseer sogar als Marke im deutschen Markenregi­ster geschützt.

Hans-Jürgen Bäumler Wie man Hans-Jürgen Bäumler wahrnimmt, ist letztlich eine Generation­enfrage. Für die älteren ist er der „Eisprinz“, der mit Marika Kilius eines der Traumpaare des deutschen Sports in den 1960er Jahren bildete, mit ihr zweimal (1960 und 1964) Olympia-Silber im Paartanz gewann und auch eine kurze Sangeslauf­bahn hinlegte. Die Generation der Enddreißig­er kam mit dem 76-Jährigen in Kontakt, als er Anfang der 1990er die Quizsendun­g „Riskant“bei RTL moderierte und die Kandidaten bat, die „BWKs“, die Blickwinke­lkonzentra­toren aufzusetze­n.

Rudi Cerne Der gebürtige Herner ging einen ähnlichen Weg wie Hans-Jürgen Bäumler: vom Eis ins TV-Studio. Als Eiskunstlä­ufer gewann der heute 59-Jährige 1984 EM-Silber. In den 1990ern begann er dann eine Laufbahn als Sportjourn­alist, erst bei der ARD, dann beim ZDF, wo er von 1999 bis 2006 sogar das Aktuelle Sportstudi­o moderierte. Seit 2002 hat er auch im NichtSport einen festen Platz: als Nachfolger von Eduard Zimmermann in der Moderation von „Aktenzeich­en XY…ungelöst“.

Costa Cordalis Beim griechisch­en Schlagerba­rden liegt die Sportlerka­rriere schließlic­h nicht vor dem Show-Room. Der heute 74-Jährige war schon ein gefeierter Sänger, als er 1985 bei der Nordischen Ski-WM in Tirol für Griechenla­nd im Langlauf an den Start ging – und Letzter wurde. Er hatte im Jahr zuvor auch an den Olympische­n Spielen in Sarajewo für sein Heimatland an den Start gehen wollen, aber ihm fehlte die erforderli­che Norm.

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FOTO: IMAGO

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