Elefanten als Akrobaten
Zu Fuß auf Safari in Simbabwe: Im Mana-PoolsNationalpark erlebt man bei Walking Safaris hautnah Afrikas ungezähmte Wildnis.
Ruhig Blut! Das befiehlt kühl der Verstand, im Wissen, dass alles gut gehen wird. Doch die Schweißdrüsen an den Händen gehorchen einfach nicht den Signalen aus dem Gehirn. Außerdem klopft irgendetwas ziemlich aufgeregt in der Brust. Denn der Riese kommt immer näher. Langsam und doch zielstrebig setzt der Elefant behutsam einen Fuß vor den anderen, bis er wenige Meter vor uns steht.
„Wie geht’s Dir, alter Junge? Wo bist Du die ganze Zeit gewesen? Ich hab’ Dich lange nicht gesehen“, hört man Stretch Ferreira sagen. In diesem Tonfall würde der erfahrene Guide wohl auch einen anderen alten Freund begrüßen, dem er sechs Monate lang nicht begegnet ist. Die Pisten von Mana Pools sind in der Regenzeit von November bis April nicht befahrbar, weswegen die Guides immer erst im Mai zurückkommen in den Nationalpark am mächtigen Sambesi-Fluss. Und sein Stil passt auch zu Old Vic, 40 Jahre alt, mit großem V-förmigen Schlitz im Ohr (deshalb sein Name), einem riesigen Elefantenbullen. Der scheint zu wissen, wer der Mann mit dem wild wuchernden Bart ist, der da mit ihm spricht. „Wir kennen uns seit 30 Jahren“, erzählt Stretch Ferreira, raubeiniger Besitzer von Goliath Safaris. „Und jedes Mal zu Beginn der Safarisaison bange ich, ob ich ihn wiedersehen werde.“
Entlang des Sambesi zeigt sich Simbabwe von seiner wildesten Seite. Ein paar hundert Kilometer entfernt von der Gischt der Viktoriafälle liegt Mana Pools: Schon seit 1984 zählt das Schutzgebiet zum UnescoWelterbe, wird unter AfrikaKennern aber immer noch als Geheimtipp für spektakuläre Tierbeobachtungen gehandelt. Wie viele Kollegen hat Stretch Ferreira deswegen der
Mit Staub auf den Lippen und der Morgensonne im Gesicht marschieren wir durch den Galeriewald
Gegend immer die Treue gehalten und ist nicht ausgewandert – selbst in der schwierigen Zeit, als Touristen und Reiseveranstalter Simbabwe wegen der Politik des inzwischen abgesetzten Präsidenten Mugabe den Rücken kehrten. Nun erwacht Simbabwe aus dem Dornröschenschlaf. Die Natur hat durch die Wilderei zwar gelitten. Doch noch immer tummeln sich in Mana Pools riesige Tierherden, die in der Trockenzeit von Mai bis Oktober zum
Fluss ziehen.
Vorneweg der Guide, hinterher im Gänsemarsch die Gäste: Mit Staub auf den Lippen und der Morgensonne im Gesicht marschieren wir durch den Galeriewald am Ufer des Sambesi. So kann man die Natur sehen, hören, riechen, ertasten und schmecken: Es ist eine Safari für alle Sinne. Denn wir sind zu Fuß unterwegs statt mit dem Geländewagen. In vielen afrikanischen Nationalparks ist das verboten. Anders in Simbabwe: Aufwändig ausgebildet und für Notfälle auch bewaffnet, führen hier Guides bei Walking Safaris durch den Busch. Vom Massentourismus ungestört erlebt man diesen hautnah mit Nervenkitzel.
Nach Mana Pools geht es per Buschf lieger oder im angemieteten Geländewagen. Die Nationalparkverwaltung betreibt rustikale Stellplätze für Camper, die ihre Verpflegung selbst mitbringen und auch auf eigene Faust den Tieren nachspüren. Mehr vom Besuch hat man in den Zeltcamps der SafariUnternehmen, denn die bieten Komfort und geführte Wildbeobachtungen. African Bush Camps betreibt direkt am Flussufer eine Unterkunft und zusätzlich an einem Wasserloch im Hinterland, wo sonst kaum andere Reisende unterwegs sind, das Kanga Camp. Robin Pope Safaris ehrt mit dem John’s Camp die SafariLegende John Stevens. Hier kann man auf einer Aussichtsplattform schlafen und vom Bett aus den Sternenhimmel genießen.
Die Naturschutzorganisation Great Plains Conservation hat derweil die an den Nationalpark angrenzende SapiKonzession übernommen. Früher schossen hier Großwildjäger ihre Trophäen. Nun ist das Areal ein Schutzgebiet: Statt Knarren sind nur noch
Kameras erlaubt. Beim Kanufahren auf dem Sambesi und bei den Walking Safaris führen einen hier trainierte Guides. Sie erklären den Busch und bringen Gäste so nahe heran an die Tiere, wie das andernorts nicht möglich ist. So wie jetzt. Zwei mahagonibraune Augen mit langen Wimpern mustern uns Menschlein, die wir mucksmäuschenstill auf dem Boden sitzen. Sein massiger Körper duftet süß nach frisch aufgebrochener, feuchter Erde. Der Elefantenbulle ist nicht gezähmt, sondern wild. Was ihn nicht daran hindert, eine Show abzuziehen. Erst testet der Koloss die Festigkeit des Untergrunds. Dann erhebt er sich auf die Hinterbeine, streckt den Körper, fährt den Rüssel aus und – krach – reißt einen Ast herunter.
Elefanten als Akrobaten – gibt’s in Mana Pools.
Die Redaktion wurde von African Bush Camps, Goliath Safaris und Robin Pope Safaris zu der Reise eingeladen.