„Ein persönliches Gespräch muss sein“
In der Flut von E-Mails neigen Führungskräfte dazu, mit ihren Mitarbeitern schriftlich zu kommunizieren. Dabei wünschen sich diese vor allem ein persönliches Gespräch. Über die Missverständnisse in der Mitarbeiterkommunikation spricht Professor und Autor
Herr Kiefer, wie wird in den Unternehmen heute kommuniziert?
KIEFER Vorgesetzte erreicht eine wahre E-Mail-Flut, und auf Ihnen lastet ein enormer Druck. Da ist die Versuchung groß, vieles auf dem digitalen Weg zu erledigen. Die Mitarbeiter bekommen so die Infos, die sie brauchen – das war’s. Stimmungen und Befindlichkeiten erkennt die Führungskraft so aber nicht.
Was wünschen sich die Mitarbeiter stattdessen?
KIEFER Wertschätzung, Interesse, Zeit für Nachfragen – das alles geht mit der digitalen Kommunikation verloren. Die Mitarbeiter wünschen sich ein persönliches Gespräch. Aus fachwissenschaftlicher Sicht ist dies auch der Königsweg der Mitarbeiterkommunikation.
Wie können Führungskräfte diesem Bedürfnis entsprechen?
KIEFER Das geht nur, in dem ich mir ganz konkret Zeit blockiere. Zum Beispiel einen Tag im Monat für Feedback-Gespräche, zu denen ich mir diejenigen lade, die am besten oder auch am schlechtesten performt haben. Viele Führungskräfte fragen mich bei Seminaren, warum sie Feeback-Gespräche einplanen sollten. Ich sage dann: Vielleicht möchten Sie einmal jemanden loben?
Wann wirkt das persönliche Gespräch besonders gut?
KIEFER Ein hochwirksames Führungsinstrument ist das spontane, informelle Gespräch: Man fragt jemanden auf dem Flur, ob er fünf Minuten Zeit hat, und lobt den Mitarbeiter dann für seine geleistete Arbeit.
Welche Art der eher informellen Gespräche gibt es noch?
KIEFER „Management by Walk Around“ist noch so eine Methode. Sie ist für CEOs ebenso geeignet wie für Geschäftsführer. Sie sorgt dafür, dass die Chefs nicht nur virtuell vorhanden sind. Dabei setzen sich die Führungskräfte zu verschiedenen Mitarbeitern in die Kantine, sprechen Sie auf den Gängen oder auch in der Produktion einfach an. Je höher es für Führungskräfte nach oben geht, desto mehr Zeit für solch informelle Kommunikation sollten sie einplanen.
Wie finde ich als Führungskraft denn Zeit für solche Gespräche?
KIEFER Das funktioniert, indem ich meine Zeit umverteile. Etwa, indem ich ineffizienten Meetings mit zehn Teilnehmern, in denen sowieso immer die gleichen zu Wort kommen, weniger Zeit einräume, oder diese ganz streiche. Das kommt übrigens nicht nur dem Mitarbeiter, sondern auch mir als Führungskraft zu Gute: Denn oft bewerten Angestellte ihre Chefs nicht nach Sachkompetenz, sondern nach persönlicher Zuwendung.
Warum sind Meetings aus Kommunikationssicht häufig ineffizient?
KIEFER Weil dort nur diejenigen Kollegen zu Wort kommen, die eine gewinne „Rampensau“Mentalität haben. Von denen hört man dann immer wieder was, von eher stilleren Mitarbeitern gar nichts.
Wie führe ich ein kritisches Gespräch mit meinen Mitarbeitern? Welche Fehler machen Chefs an dieser Stelle häufig?
KIEFER Sie müssen sich von dem Gedanken lösen, sie hätten es mit einem schwierigen Mitarbeiter zu tun. Es geht um einen Perspektivwechsel: Es geht nicht um den Charakter des Mitarbeiters, sondern um eine schwierige Situation. In einem kritischen Gespräch sollte man als Vorgesetzter außerdem schnell zur Sache kommen, ohne Smalltalk oder andere Umwege.
Auf welchen Typ Chef treffen Mitarbeiter denn heute häufig?
KIEFER Ganz klar auf den „Coach“. Er will seine Mitarbeiter besser machen, hat das Team im Blick. Chefs dieses Typs müssen die Antennen für die persönliche Verfassung der Gesprächspartner sehr offen haben – aber nicht alles ganz nah an sich heranlassen.“