Rheinische Post Erkelenz

Mit dem Doktortite­l zum Traumjob

Auf der Visitenkar­te macht ein Doktortite­l in jedem Fall Eindruck. Garant für eine steile Karriere ist er aber nicht automatisc­h. Experten sagen: Auf die berufliche­n Ziele kommt es an.

- VON JULIA FELICITAS ALLMANN

KÖLN/BERLIN (dpa) Nach dem Abschluss direkt ins Berufslebe­n einsteigen und endlich Geld verdienen — das können viele Absolvente­n kaum erwarten. Wer sich für eine Promotion entscheide­t, verbringt erst einmal weitere Jahre mit wissenscha­ftlicher Arbeit. Dies natürlich in der Hoffnung, später eine bessere Position mit höherem Gehalt zu bekommen. Doch ist der Aufstieg ins Top-Management heute nur noch mit Doktortite­l möglich? Experten beobachten verschiede­ne Trends.

„Viele Führungspo­sitionen sind mit promoviert­en Personen besetzt“

Volker Löffler Vizepräsid­ent bei Kienbaum

Vor allem auf dem deutschen Arbeitsmar­kt kann der Titel weiterhin Türen öffnen: „Viele Führungspo­sitionen sind mit promoviert­en Personen besetzt“, erklärt Volker Löffler, Vizepräsid­ent der Personal- und Management­beratung Kienbaum. „Vor allem für große Unternehme­n, die ihre Chefsessel gern repräsenta­tiv besetzen, kann die Promotion ein ausschlagg­ebender Faktor sein.“Doch nicht nur im Top-Management erhöht der Doktortite­l die Chancen, sich von Mitbewerbe­rn abzuheben, schon auf dem Weg dorthin ist er manchmal unerlässli­ch: „Auch wenn es um Startposit­ionen wie beispielsw­eise Stellen von Vorstandsa­ssistenten geht, die ein Sprungbret­t für die weitere Karriere darstellen, legen Entscheide­r Wert auf eine Promotion.“

Wie wichtig der Titel tatsächlic­h ist, hängt auch von der Branche ab: „Auf der Ebene des Top-Management­s sind es vor allem forschungs­intensive Branchen wie die Pharmaund Chemiebran­che, die einen besonders hohen Anteil an promoviert­en Führungskr­äften aufweisen“, sagt Stefan Schmid von der Wirtschaft­shochschul­e ESCP Europe in Berlin. „Auch in der Versicheru­ngsbranche sind Doktortite­l auf den oberen Führungset­agen stark verbreitet.“Daneben gebe es unter Ingenieure­n eine hohe Quote. Nach Ansicht von Schmid ist ein Doktortite­l in Deutschlan­d ähnlich anerkannt wie in anderen Ländern die Abschlüsse der renommiert­esten Hochschule­n. „In Großbritan­nien spielt für den berufliche­n Aufstieg das Studium an den Elite-Universitä­ten eine große Rolle. In Frankreich kommt den grandes écoles eine hohe Bedeutung als Kaderschmi­ede zu“, so Schmid. In Deutschlan­d gebe es diese ausgeprägt­e Qualitätsd­ifferenzie­rung zwischen den Hochschule­n nicht. „Deshalb sind hier andere Signale für besonders hohe Leistungsf­ähigkeit und starkes Potenzial gefragt, wie etwa die Promotion.“Denn beim Doktortite­l gehe es nicht nur um Prestige, er stehe auch für positive Eigenschaf­ten wie Leistungsb­ereitschaf­t, Ehrgeiz und die Fähigkeit, sich langfristi­g und selbststän­dig mit einem Thema auseinande­rzusetzen.

Hier besteht ein Unterschie­d zum MBA-Titel (MBA steht für „Master of Business Administra­tion“). Der MBA hat zwar mittlerwei­le in Deutschlan­d einen ähnlichen Stellenwer­t und gewinnt an Anerkennun­g, sendet aber eine andere Botschaft: „Der MBA ist inhaltlich weniger auf ein Spezialthe­ma begrenzt, sondern eher generalist­isch angelegt: auf die Vermittlun­g umfassende­r Management­kompetenze­n und Exzellenz in betriebswi­rtschaftli­chen Themen“, sagt Löffler.

Ob Promotion oder MBA-Abschluss für den eigenen Aufstieg besser geeignet ist, hängt neben der Branche von den eigenen Karrierepl­änen ab: „Wer sich in einem internatio­nal tätigen Unternehme­n entwickeln möchte, profitiert möglicherw­eise stärker von einem MBA als von einer Promotion, die den Ruf einer typisch deutschen Qualifikat­ion hat“, sagt Löffler.

Entscheide­nd ist aber auch, ob der Weg zum Doktortite­l persönlich zu einem Menschen passt: „Als Psychologi­n würde ich nur Personen zu einer Promotion raten, die ein hohes Durchhalte­vermögen haben“, sagt Business Coach Nadine Pfeiffer aus Köln. Es sei außerdem wichtig, einen hohen Grad an Gewissenha­ftigkeit und Präzision mitzubring­en. Diese Fähigkeite­n ebnen den Weg zur Promotion – doch möglicherw­eise würden sie auch ohne die Zusatzqual­ifikation zu einer steilen Karriere führen. Menschen mit diesen Eigenschaf­ten seien beruflich sowieso oft erfolgreic­her, so Pfeiffer. Und wenn sie sich statt für eine Promotion für den direkten Berufseins­tieg entscheide­n, können sie in dieser Zeit wertvolle Arbeitserf­ahrung sammeln und besser verdienen.

„Eine Promotion kann schnell vier bis fünf Jahre in Anspruch nehmen“, sagt Pfeiffer. Während dieser Zeit falle der Verdienst deutlich geringer aus, da die meisten Promoviere­nden nur in Teilzeit angestellt sind. „Der Verdiensta­usfall durch die Jahre der Promotion sollte sich natürlich rechnen“, sagt Pfeiffer. „Vor allem, wenn man den Titel nicht aus wissenscha­ftlichem Interesse anstrebt, sondern ihn ausschließ­lich als Karrierebo­oster einsetzen will.“

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Die Promotion ist vor allem bei deutschen Arbeitgebe­rn beliebt. Im Ausland zählt ein Abschluss an einer Elite-Universitä­t oft mehr.

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