Mit dem Doktortitel zum Traumjob
Auf der Visitenkarte macht ein Doktortitel in jedem Fall Eindruck. Garant für eine steile Karriere ist er aber nicht automatisch. Experten sagen: Auf die beruflichen Ziele kommt es an.
KÖLN/BERLIN (dpa) Nach dem Abschluss direkt ins Berufsleben einsteigen und endlich Geld verdienen — das können viele Absolventen kaum erwarten. Wer sich für eine Promotion entscheidet, verbringt erst einmal weitere Jahre mit wissenschaftlicher Arbeit. Dies natürlich in der Hoffnung, später eine bessere Position mit höherem Gehalt zu bekommen. Doch ist der Aufstieg ins Top-Management heute nur noch mit Doktortitel möglich? Experten beobachten verschiedene Trends.
„Viele Führungspositionen sind mit promovierten Personen besetzt“
Volker Löffler Vizepräsident bei Kienbaum
Vor allem auf dem deutschen Arbeitsmarkt kann der Titel weiterhin Türen öffnen: „Viele Führungspositionen sind mit promovierten Personen besetzt“, erklärt Volker Löffler, Vizepräsident der Personal- und Managementberatung Kienbaum. „Vor allem für große Unternehmen, die ihre Chefsessel gern repräsentativ besetzen, kann die Promotion ein ausschlaggebender Faktor sein.“Doch nicht nur im Top-Management erhöht der Doktortitel die Chancen, sich von Mitbewerbern abzuheben, schon auf dem Weg dorthin ist er manchmal unerlässlich: „Auch wenn es um Startpositionen wie beispielsweise Stellen von Vorstandsassistenten geht, die ein Sprungbrett für die weitere Karriere darstellen, legen Entscheider Wert auf eine Promotion.“
Wie wichtig der Titel tatsächlich ist, hängt auch von der Branche ab: „Auf der Ebene des Top-Managements sind es vor allem forschungsintensive Branchen wie die Pharmaund Chemiebranche, die einen besonders hohen Anteil an promovierten Führungskräften aufweisen“, sagt Stefan Schmid von der Wirtschaftshochschule ESCP Europe in Berlin. „Auch in der Versicherungsbranche sind Doktortitel auf den oberen Führungsetagen stark verbreitet.“Daneben gebe es unter Ingenieuren eine hohe Quote. Nach Ansicht von Schmid ist ein Doktortitel in Deutschland ähnlich anerkannt wie in anderen Ländern die Abschlüsse der renommiertesten Hochschulen. „In Großbritannien spielt für den beruflichen Aufstieg das Studium an den Elite-Universitäten eine große Rolle. In Frankreich kommt den grandes écoles eine hohe Bedeutung als Kaderschmiede zu“, so Schmid. In Deutschland gebe es diese ausgeprägte Qualitätsdifferenzierung zwischen den Hochschulen nicht. „Deshalb sind hier andere Signale für besonders hohe Leistungsfähigkeit und starkes Potenzial gefragt, wie etwa die Promotion.“Denn beim Doktortitel gehe es nicht nur um Prestige, er stehe auch für positive Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft, Ehrgeiz und die Fähigkeit, sich langfristig und selbstständig mit einem Thema auseinanderzusetzen.
Hier besteht ein Unterschied zum MBA-Titel (MBA steht für „Master of Business Administration“). Der MBA hat zwar mittlerweile in Deutschland einen ähnlichen Stellenwert und gewinnt an Anerkennung, sendet aber eine andere Botschaft: „Der MBA ist inhaltlich weniger auf ein Spezialthema begrenzt, sondern eher generalistisch angelegt: auf die Vermittlung umfassender Managementkompetenzen und Exzellenz in betriebswirtschaftlichen Themen“, sagt Löffler.
Ob Promotion oder MBA-Abschluss für den eigenen Aufstieg besser geeignet ist, hängt neben der Branche von den eigenen Karriereplänen ab: „Wer sich in einem international tätigen Unternehmen entwickeln möchte, profitiert möglicherweise stärker von einem MBA als von einer Promotion, die den Ruf einer typisch deutschen Qualifikation hat“, sagt Löffler.
Entscheidend ist aber auch, ob der Weg zum Doktortitel persönlich zu einem Menschen passt: „Als Psychologin würde ich nur Personen zu einer Promotion raten, die ein hohes Durchhaltevermögen haben“, sagt Business Coach Nadine Pfeiffer aus Köln. Es sei außerdem wichtig, einen hohen Grad an Gewissenhaftigkeit und Präzision mitzubringen. Diese Fähigkeiten ebnen den Weg zur Promotion – doch möglicherweise würden sie auch ohne die Zusatzqualifikation zu einer steilen Karriere führen. Menschen mit diesen Eigenschaften seien beruflich sowieso oft erfolgreicher, so Pfeiffer. Und wenn sie sich statt für eine Promotion für den direkten Berufseinstieg entscheiden, können sie in dieser Zeit wertvolle Arbeitserfahrung sammeln und besser verdienen.
„Eine Promotion kann schnell vier bis fünf Jahre in Anspruch nehmen“, sagt Pfeiffer. Während dieser Zeit falle der Verdienst deutlich geringer aus, da die meisten Promovierenden nur in Teilzeit angestellt sind. „Der Verdienstausfall durch die Jahre der Promotion sollte sich natürlich rechnen“, sagt Pfeiffer. „Vor allem, wenn man den Titel nicht aus wissenschaftlichem Interesse anstrebt, sondern ihn ausschließlich als Karrierebooster einsetzen will.“