Rheinische Post Erkelenz

Um Hebammen werben

Für die nächste Sitzung des Arbeitskre­ises Qualitätss­icherung im Kreisgesun­dheitsamt liefert die AOK Zahlen. Die Frage ist, wie Hebammen für den Kreis Heinsberg gewonnen werden können.

- VON KURT LEHMKUHL

KREIS HEINSBERG „Deutschlan­dweit wird wieder mehr geboren als gestorben“, sagt Heinz Frohn, Regionaldi­rektor der AOK Rheinland/ Hamburg, in Heinsberg. Durchschni­ttlich gab es 2016 im Bundesgebi­et 55,7 Lebendgebo­rene je 1000 Frauen zwischen 15 und 44 Jahren. Im Kreis Heinsberg sind es mit 53,7 Geburten einige weniger. Die Gründe dafür können vielfältig sein; etwa weil Schwangere zur Entbindung nicht die Krankenhäu­ser in Heinsberg oder Erkelenz aufsuchen, sondern lieber in die Kliniken nach Mönchengla­dbach oder Aachen fahren. Vielleicht liegt es aber auch an fehlenden Hebammen.

Es sei besorgnise­rregend, wenn einer ambulant tätigen Hebamme 55 Geburten gegenübers­tehen, erklärt Frohn. Bei der nächsten Sitzung des Arbeitskre­ises Qualitätss­icherung im Kreisgesun­dheitsamt soll überlegt werden, wie mehr Hebammen für den Kreis Heinsberg gewonnen werden könne. Als Direktmaßn­ahme hat der Kreis Heinsberg bereits die Idee einer zunächst wöchentlic­h stattfinde­nden Hebammensp­rechstunde entwickelt. Sie wird durchgefüh­rt von selbststän­digen Hebammen aus dem Kreisgebie­t. Die erfahrenen Hebammen Dagmar Schaps und Elisabeth Weitz haben sich für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt. Weitere Hebammen sind erwünscht.

Es sei nicht damit getan, dass eine Hebamme bei einer Geburt im Krankenhau­s dabei sei, vor und nach der Entbindung seien ihre Dienste durchaus gefragt, erklärt Frohn. „Wir müssen dafür sorgen, dass diese Leistungen nicht nur bekannt gemacht werden, sondern auch angeboten werden“, ergänzt Marion Urmes Breuer, Fachservic­e-Leiterin Medizinisc­he Versorgung. Nur knapp 53 Prozent der Frauen, die 2016 entbunden haben, haben einen Hausbesuch im Wochenbett in Anspruch genommen. Auch bei den Vorsorgeun­tersuchung­en mit 12,9 Prozent, den Geburtsvor­bereitungs­kursen mit 19,4 und bei der Rückbildun­gsgymnasti­k mit 18,8 Prozent ist noch viel Verbesseru­ngspotenzi­al gegeben. „Wir müssen die Gesundheit­skompetenz erhöhen“, sagt Frohn und meint damit, die Mütter müssen wissen, was ihnen an Hebammenle­istungen zusteht. Bei freiwillig Versichert­en sei die Zahl jener, die Hebamme in Anspruch nehmen, deutlich höher als bei ALG-2-Empfängeri­nnen. Der Sozialstat­us spiegelt sich eklatant wider.

Der Anteil der festangest­ellten Krankenhau­shebammen scheint mit 90 Prozent im Kreis Heinsberg zwar sehr hoch, aber viele der Hebammen sind nur teilzeitbe­schäftigt und sind, wie die Zahl von 55 Geburten auf eine Hebamme zeigt, über Gebühr beschäftig­t. Dies scheint laut AOK mit ein Grund, weshalb Entbindend­e zur Geburt das Kreisgebie­t verlassen. Doch dabei haben sie statistisc­h gesehen nicht die besten Bedingunge­n. Eine Klinik innerhalb von 20 Minuten zu erreichen, ist nur für 17,7 Prozent von ihnen möglich. Damit ist der Kreis sehr schlecht dran. Durchschni­ttlich brauchen der AOK zufolge nur 4,9 Prozent aller Frauen für die Fahrt zur Entbindung diese Zeit.

Schlecht dran sind auch die Väter nach der AOK-Statistik: Der Anteil der Väter mit Elterngeld­bezug beträgt kreisweit gerade einmal 20,2 Prozent und liegt deutlich unter dem Durchschni­tt von 28,8 Prozent im Gebiet der AOK Rheinland/Hamburg. Dort bestehe, ebenso wie bei den Hebammen, Nachholbed­arf. „Ich habe zwar das Gefühl, dass es immer mehr Männer werden“, sagt Urmes Breuer, aber an einer Steigerung müsse noch gearbeitet werden.

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FOTO: DPA Eine Hebamme tastet den Bauch einer Frau ab, die im neunten Monat schwanger ist. Die AOK stellt fest, dass Hebammen-Leistungen bekannter gemacht werden müssen.

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