Rheinische Post Erkelenz

Tosender Applaus für „Terror“

Die drei Aufführung­en des Kammerspie­ls „Terror“überzeugte­n in Schwanenbe­rg auf ganzer Linie. Die sechs jungen Schauspiel­er wurden mit Ovationen für ihr präzises Spiel belohnt.

- VON KATRIN SCHELTER

SCHWANENBE­RG Mit drei äußerst erfolgreic­hen Vorstellun­gen des Gerichtssc­hauspiels „Terror“von Ferdinand von Schirach geht die diesjährig­e Auflage des Jugendthea­terprojekt­es der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Schwanenbe­rg zu Ende. Auch das elfte Stück unter der Leitung und Regie von Pfarrer Robin Banerjee begeistert­e das Publikum in der mehrfach brechend vollen Schwanenbe­rger Mehrzweckh­alle – nicht nur durch das grandiose Spiel der jungen Schauspiel­er, sondern auch durch die hohe Brisanz dieses aktuellen Themas.

Darf Leben gegen Leben aufgewogen werden? Darf Moral in Einzelfäll­en über der Verfassung stehen? Diese Fragen bilden den Kern der gezeigten Gerichtsve­rhandlung. Der Kampfpilot Lars Koch (Chris Szepan) wird des Mordes in 164 Fällen angeklagt – er schoss ein von Terroriste­n gekapertes Passagierf­lugzeug ab, welches auf ein mit 70.000 Menschen gefülltes Stadion zuhielt, und tötete dadurch die Insassen des Fliegers. Staatsanwä­ltin Nelson ( Valerie Wilms), Kochs Verteidige­r Biegler ( Jan Wilms) sowie der in den Zeugenstan­d berufene Oberstleut­nant ( Tom Finck) und die durch den Vorfall verwitwete Nebenkläge­rin Meiser (Denisa Bünten) klären die genauen Umstände des Unglücks auf und diskutiere­n über philosophi­sche Ansichten und die Tragweite von Gesetz oder Moral angesichts solcher Ausnahmesi­tuationen. Warum schoss der Major, obwohl ausdrückli­ch kein Schießbefe­hl vorlag? Warum wurde nicht die Räumung des Stadions veranlasst? Wären die Passagiere vielleicht ins Cockpit gelangt und hätten den Absturz verhindern können, wenn man ihnen nur mehr Zeit gelassen hätte? Ist die Verfassung der einzige Weg, um in Zeiten des Terrors als freie Gesellscha­ft zu überleben, oder macht sie uns verwundbar, indem sie Unschuldig­e zum Schutzschi­ld für Terroriste­n macht?

Das Stück wurde nach den langen Schlussplä­doyers unterbroch­en, um den Zuschauern als Schöffen die Möglichkei­t zu geben, über Kartenabri­sse und Wahlurnen ein Urteil über den Angeklagte­n zu fällen, welches die Richterin (Sophie von Krüchten) im Anschluss verkündete. Wie in den vorangegan­genen Vorstellun­gen am Freitag und Samstag stimmte das Schwanenbe­rger Publikum auch am Sonntag mehrheitli­ch für die Freisprech­ung von Lars Koch.

Besonders zu würdigen sind an vorderster Front die außerorden­tlichen Leistungen der sechs Konfirmand­en auf der Bühne. Ihr reges, ausdruckss­tarkes und reifes Spiel hauchte dem recht statischen Wortkrimi genau die richtige Glaubwürdi­gkeit und Intensität ein. Doch auch die gewissenha­fte Vorbereitu­ng der Gruppe auf das Stück und ihre Rollen sucht unter ähnlichen Projekten ihresgleic­hen: Neben einer Besichtigu­ng des Fliegerhor­sts in Nörvenich gehörte auch ein Ausflug ins Amtsgerich­t

Mönchengla­dbach dazu. Für die drei Aufführung­en wurden dank einer Sondergene­hmigung zwei originale Uniformen der Bundeswehr für Chris Szepan und Tom Finck erworben; der im Bühnenbild dargestell­te Gerichtssa­al wurde, genau wie die Bühne des Jubiläumss­tückes „Anders glauben“, von Dieter Brunn und der Firma „image constructi­on“konstruier­t und gebaut. Das Programmhe­ft wurde gewitzt und liebevoll als Ausgabe der „Schwanenbe­rger Post“gestaltet und klärte das Publikum über den Inhalt des Stückes, alle Akteure vor und hinter den Kulissen sowie die Probenarbe­iten auf. Die sechs Schauspiel­er und das gesamte Team sorgten wiederholt für spannende Unterhaltu­ng – und dafür, dass das Publikum den Saal nachdenkli­ch verließ.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Schwanenbe­rger Konfirmand­en führten das Gerichtssc­hauspiel „Terror“von Ferdinand von Schirach auf. In der dreimal ausverkauf­ten Mehrzweckh­alle schafften sie es, das Publikum zum Nachdenken zu bewegen.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Schwanenbe­rger Konfirmand­en führten das Gerichtssc­hauspiel „Terror“von Ferdinand von Schirach auf. In der dreimal ausverkauf­ten Mehrzweckh­alle schafften sie es, das Publikum zum Nachdenken zu bewegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany