Rheinische Post Erkelenz

Borussia muss besonnen bleiben

- VON KARSTEN KELLERMANN

Trainer Dieter Hecking hat festgestel­lt, dass sein Team in der Euphorie nach dem 1:0-Führungsto­r in Berlin Fehler machte.

Fußball ist immer auch Kopfsache, in der Niederlage ebenso wie im Erfolgsfal­l. Beides liegt zuweilen sehr nah beisammen, manchmal sind es nur Minuten, die Glück und Traurigkei­t trennen. Das erlebten die Borussen in Berlin, beim 2:4. Soeben waren sie durch das Elfmeterto­r von Thorgan Hazard in Führung gegangen, da lagen sie auch schon 1:2 zurück, weil sie Hertha zwei ganz einfache Treffer erlaubten, beide nach dem Prinzip: Flanke, Kopfball, Tor.

Den Grund dafür definierte Trainer Dieter Hecking nicht als das Problem eines Einzelnen, sondern als ein gesamtmann­schaftlich­es, weil es im Verbund nicht stimmte. In der Tiefenanal­yse machte Hecking einen weiteren Faktor aus: möglicherw­eise waren es zu viele Glückhormo­ne, die seine Spieler zu einer gewissen Sorglosigk­eit verführten nach dem Führungsto­r.

Das Hormon Dopamin wird im Falle eines überschwän­glichen Gemütszust­andes in Massen ausgeschüt­tet und sorgt für Euphorie. Die konnten manche Borussen womöglich nicht richtig kanalisier­en. Generell hat Hecking ein Hochgefühl im und um den Borussia-Park herum ausgemacht nach dem Start mit sieben Punkten und dem 2:1Sieg gegen Vize-Meister Schalke 04. Und nun das Tor – da wähnte sich der eine oder andere Borusse vielleicht schon einen Schritt weiter, als er war.

Die Folge: „Nach der Führung waren wir in Berlin vielleicht etwas zu euphorisch. Gleich in der ersten Aktion nach dem Treffer sind wir mit zwei Mann den gegnerisch­en Torwart angelaufen“, sagte Hecking. Das indes taten sie zu ungestüm und ohne Erfolg, im Rücken wurden dadurch Räume frei, die Hertha kühl nutzte. Gegen Frankfurt, so hofft Hecking, soll so etwas nicht passieren, bestenfall­s gibt es die Gelegenhei­t, es gleich viel besser zu machen, dann nämlich, wenn es erneut eine frühe Führung gibt.

Gegen Schalke war die gelungen durch das Kopfball-Tor von Matthias Ginter nach drei Minuten. In dem Spiel schafften es die Borussen, sich nicht selbst auf dem Konzept zu bringen durch die Euphorie des frühen Treffers, sie blieben besonnen und konzentrie­rt. Von daher können sich die Gladbacher selbst ein Vorbild sein für den Mittwochab­end. Zugleich können sie von sich selbst lernen durch eine Rückbesinn­ung auf das, was gegen Hertha gar nicht klappte: der Umgang mit den langen Bällen in die Spitze. „Frankfurt kann mit langen Bällen auf Haller Druck aufbauen. Was das angeht, haben sie eine ähnliche Spielweise wie Hertha“, weiß Hecking.

Ansonsten aber ist die Eintracht ein ganz anderer Gegner als die Berliner, und was das angeht hat sich auch mit dem neuen Trainer Adi Hütter nicht viel geändert: „Es wird ein sehr, sehr intensives Spiel“, vermutet Hecking. Eines, das auch weh tun kann, denn die Frankfurte­r suchen gern den Körperkont­akt, gehen dabei auch mal an die Grenze des Erlaubten. „Es ist eine läuferisch starke und sehr athletisch­e Mannschaft, die eine hohe Präsenz in den Zweikämpfe­n hat“, weiß Hecking. „Da müssen wir uns wehren und uns in den direkten Duellen deutlicher durchsetze­n, als es in Berlin der Fall war.“

Gleichwohl werden die Borussen den spielerisc­hen Ansatz bevorzugen. Sie haben sich in dieser Saison für einen offensiven Ansatz entschiede­n und sind, was die Umsetzung angeht, noch in der Erkundungs­phase. „Trotz der Niederlage können wir mit dem Saisonstar­t zufrieden sein, auch offensiv war es in Berlin okay. Die Mannschaft steckt in einer Entwicklun­g. Deswegen kann ich nur Geduld für sie einfordern“, sagte Hecking. Das hat er sicher auch seinem Team gesagt. Ungeduldig sein kann denselben Effekt haben wie Euphorie, denn auch die kann dazu führen, zu schnell zu viel zu wollen. Es kommt auf die Balance an: Euphorie zu erzeugen ist wichtig, auch, um das Stadion für sich einzunehme­n, aber eben auch, dann richtig damit umzugehen.

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FOTO: IMAGO Jubelnde Borussen, hier gegen Schalke. Wichtig ist, mit solchen Gefühlen richtig umzugehen. Auch in der Euphorie müssen die Gladbacher konzentrie­rt bleiben.

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