„Barber Angels“wieder am Werk
Zum zweiten Mal vollbrachten die ehrenamtlichen Friseure in Mönchengladbach Gutes mit Schere und Kamm.
Obdachlosen zu neuer Würde verhelfen, das ist die Mission der „Barber Angels“, die nach ihrer Gründung im Jahr 2016 durch Klaus Niedermeyer aus Bieberach inzwischen auch international unterwegs sind. Am Sonntag, 23. September, waren die Ehrenamtler zum zweiten Mal in Mönchengladbach, um Obdachlosen Kopf- und Bartbehaarung zu schneiden.
Im Inneren der City-Kirche am Edmund-Erlemann-Platz positionierten sie Friseurstühle und professionelles Werkzeug und hießen jeden, der zur Tür hereinkam, persönlich willkommen. Nach der Besprechung über die Wunschfrisur wurde den Obdachlosen zunächst kein Spiegel mehr vorgesetzt. Denn das Ziel sei ganz klar: Nicht mehr zurückschauen, sondern voller Hoffnung nach vorne blicken. Hinterher durften sie dann aber ihre neuen Frisuren bestaunen und waren sichtlich überwältigt. Zudem durfte sich jeder Obdachlose ein sogenanntes „Goodie Bag“, eine Geschenktasche, mitnehmen, in der sich eine Bürste, Shampoo und weitere Pflegeprodukte befanden. Essen und Trinken wurde ihnen bereitgestellt vom „Sozialdienst katholischer Frauen Mönchengladbach“(SkF). So wurden die Menschen zu einer Art Neubeginn geführt.
Vertreten sind die „Barber Angels“in Deutschland, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und auf Mallorca. Viele von den Helfern sind angestellte Friseure oder besitzen einen eigenen Salon. Claudia Wimmers, Apostel Zenturia NRW, kümmert sich vor allem um die Organisation und die Terminleitung, sowie Wasser- und Stromversorgung vor Ort, dort, wo die Engel jedes zweite Wochenende im Einsatz sind. Zu Beginn sei es schwierig das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, denn sie könnten meist nicht glauben, dass sie etwas umsonst bekommen. Die „Barber Angels“würden deshalb auch darauf achten, dass sie authentisch und vertrauenswürdig auf die Menschen zugehen. Schwarze Kleidung, Lederweste im Punk-Stil und coole Frisur würden dabei helfen, genauso wie das gemeinsame Essen. „Die Obdachlosen schenken uns so ihr Vertrauen und sehen, dass wir es ernst mit der Unterstützung meinen. Man sagte zu uns: ,Ihr seht aus, als ob ihr anpackt´“, sagt Wimmers. Sie würden erkennen, dass sie keine Scheu haben müssten, zu den Helfern zu kommen.
Dass viele mit „anpacken“, sei wichtig, denn die „Barber Angels“ helfen ehrenamtlich und könnten jede Unterstützung gebrauchen – ob als professioneller Friseur, Fotograf oder in der Organisation. Die Unterstützer seien immer mehr geworden. Laut Wimmers habe man zu Beginn im Jahr 2016 mit 30 Friseur-Engeln angefangen, jetzt bestehe das Team aus 250 Helfern. Diese werden tatkräftig von Kunden der Friseursalons mit Lebensmitteln und Kleidung für die armen Menschen oder eigene Mithilfe unterstützt, sowie von der Diakonie und dem „SkF“. Ihre nächsten Einsatzorte sind Düsseldorf, Dortmund und Bochum. In Mönchengladbach ist im Februar 2019 ein dritter Termin geplant.
Die Zahl der Obdachlosen in Deutschland ist auf 1,2 Millionen gestiegen. Die Wohnungslosen würden meist keine Schuld an ihrer misslichen Situation tragen, sagte Wimmers. „Auch Akademiker, wie Ärzte oder Lehrer, sind von Obdachlosigkeit betroffen. Handwerker dagegen haben derzeit mehr Glück und finden schnell etwas.“Viele hätten nach einem befristeten Job nichts mehr gefunden. Hinzu käme die schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt und die wachsende Altersarmut. „Jeder kann obdachlos werden. Wir stehen alle auf derselben Stufe“, so Wimmers.