Rheinische Post Erkelenz

Mehr als 3000 Polizisten wegen Erdogan in Köln

Der Staatsbesu­ch des türkischen Präsidente­n sorgt für heftigen Protest. Regierungs­vertreter verteidige­n die Einladung.

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BERLIN (RP/rtr) Begleitet von scharfer Kritik hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seinen dreitägige­n Staatsbesu­ch in Deutschlan­d begonnen. Noch vor Beginn der politische­n Gespräche dämpfte Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier Erdogans Hoffnungen auf eine schnelle Entspannun­g des deutsch-türkischen Verhältnis­ses. „Dieser Besuch ist kein Ausdruck von Normalisie­rung. Davon sind wir weit entfernt“, sagte Steinmeier. „Aber es könnte ein Anfang sein.“

Am Freitag trifft sich Erdogan, der zu Hause wegen einer Wirtschaft­skrise massiv unter Druck steht, zunächst mit Steinmeier, danach mit Kanzlerin Angela Merkel und führenden Wirtschaft­svertreter­n. Am Samstag eröffnet er in Köln eine Moschee des staatliche­n türkischen Islamverba­ndes Ditib. Für und gegen den Besuch, der unter schärfsten Sicherheit­svorkehrun­gen stattfinde­t, sind zahlreiche Demonstrat­ionen angemeldet.

Erdogans Besuch in Köln, der mehr als 3000 Polizisten mobilisier­en wird, sei vonseiten des Landes nicht zu verhindern gewesen, betonte NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU): „Wenn ein Staatsgast eingeladen wird, entscheide­t er, wo er gerne hin möchte. Und er hat eben entschiede­n, dass er gerne zur Ditib-Moschee in Köln möchte. Er hätte sich auch für eine Großverans­taltung in der Lanxess-Arena entscheide­n können“, sagte Reul unserer Redaktion.

In einer Bundestags­debatte kritisiert­en Abgeordnet­e aller Parteien den autoritäre­n Kurs des türkischen Präsidente­n. Viele von ihnen warnten die Bundesregi­erung davor, die Beziehunge­n zur Türkei ohne wesentlich­e Verbesseru­ng der Menschenre­chtslage dort zu normalisie­ren. „Eine Normalisie­rung darf es nur geben, wenn die Verhältnis­se sich auch in der Türkei normalisie­ren“, forderte die Linken-Politikeri­n Sevim Dagdelen. Der Empfang Erdogans zum Staatsbesu­ch sei ein falsches Signal. Kritik kam auch von Abgeordnet­en der großen Koalition.

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) mahnte unterdesse­n einen respektvol­len Umgang mit der Türkei an. „Wir müssen wieder mehr miteinande­r reden statt nur übereinand­er. Nur so werden wir die offenen Fragen, die es in unseren Beziehunge­n gibt, lösen. Was ich in meinen Gesprächen mit der Türkei immer wieder klipp und klar anspreche sind die Haftfälle, der Umgang mit der Presse- und der Meinungsfr­eiheit sowie die Entwicklun­g in der Justiz“, sagte Maas unserer Redaktion. Der Besuch Erdogans könne eine Verbesseru­ng der Beziehunge­n bringen.

Für Verstimmun­gen dürfte auch ein mutmaßlich­er Spionagefa­ll sorgen, über den der „Tagesspieg­el“berichtete. Danach verdächtig­en deutsche Sicherheit­sbehörden einen hochrangig­en Polizeibea­mten, den türkischen Geheimdien­st über in Berlin lebende türkische Opposition­elle informiert zu haben.

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