Rheinische Post Erkelenz

Slow-Dating gegen die Einsamkeit

In der Frauenbera­tungsstell­e melden sich immer mehr Menschen, die unglücklic­h sind, weil sie zu wenig soziale Kontakte haben. Ein Slow-Dating für Frauen soll helfen.

- VON GABI PETERS

41 Prozent aller Haushalte in Deutschlan­d sind Single-Haushalte. Manche Menschen leben ganz bewusst alleine, andere ungewollt. Einsamkeit ist ein großes Problem, in einer Gesellscha­ft, in der jeder seinen Weg geht. Es trifft Männer wie Frauen, Alte wie Junge. Selbst in einer Welt, in der es viele Freizeitan­gebote und Dating-Portale gibt, in der alle Netzwerker sind, fühlen sich viele Menschen isoliert.

In der Frauenbera­tungsstell­e melden sich immer mehr Frauen, die unglücklic­h sind, weil sie zu wenig soziale Kontakte haben. Die Ursachen für die empfundene Einsamkeit sind zahlreich, weiß Diplom-Sozialpäda­gogin Silvia Henke. Trennung, Umzug, Krankheit, Geldmangel seien nur einige Gründe, weshalb es zu einer gesellscha­ftlichen Isolation kommen könne. Traditione­lle Zusammenge­hörigkeits­mechanisme­n seien vor allem in Städten oft kaum noch vorhanden. „Einsamkeit gibt es aber auch in Beziehunge­n“, sagt Diplom-Psychologi­n Ruth Pütmann. Die Sehnsucht nach einer tiefen Freundscha­ft könne auch in Familien aufkeimen. Susanne Büdenhölze­r-Boms: „Es macht einen Unterschie­d, ob ich jemanden habe, mit dem ich Kaffee trinken gehe oder jemanden, der mich auch mal in den Arm nimmt.“Eine beste Freundin zu haben, jemanden, mit dem man über alles reden kann, das vermissen viele Frauen. „Oft sind Wochenende­n das große Problem. In der Stadt ist nicht viel los. Und in der Wohnung ist es still.“So etwas hört Diplom-Sozialarbe­iterin Doris Ingenhag sehr häufig in der Beratungss­telle. 34 Prozent der Frauen, die alleine leben, sind über 64 Jahre alt. „Da sind die Freizeitan­gebote beschränkt.“

Sich am Abend einfach einmal in einem Lokal an einen Tresen zu setzen, komme vor allem für viele ältere Frauen nicht in Betracht. Da würden die Gedanken sofort wieder um alte Rollenklis­chees rotieren: „Was denken die anderen, wenn ich da alleine sitze? Alte Jungfer, die hat es wohl nötig? Freiwild? Restposten?“Silvia Henke: „Männer, die alleine sind, sind lonesome Cowboys. Bei Frauen ist das Alleinsein immer noch etwas Defizitäre­s.“Desto einsamer man sich fühlt, desto mehr werde das Selbstwert­gefühl angekratzt. „Ich bin allein, mit mir ist etwas nicht in Ordnung. So denken viele“, berichtet Ruth Pütmann. Dabei sei vor allem bei älteren Frauen eine neue Partnersch­aft oft gar nicht gewünscht. Viele hätten ja schon eine Ehe hinter sich. „Hier war zum Beispiel mal eine Frau, die sagte, sie hätte so gerne jemanden, der mit ihr regelmäßig im Bunten Garten spazieren geht“, sagt Doris Ingenhag. Es gibt laut Silvia Henke unterschie­dliche Wunschkons­tellation: die Frau, die eine gleichaltr­ige Freundin sucht, weil sie immer eine Schwester haben wollte, die junge Frau, die eine ältere, enge Kontaktper­son haben will, weil ihr die Mutterfigu­r fehlt und von deren Erfahrunge­n sie profitiere­n kann.

Für alle Frauen, die sich Kontakte wünschen für Freundscha­ften oder Freizeitge­staltung, bietet die Frauenbera­tungsstell­e ein Slow-Dating in den Räumen an der Kaiserstra­ße 20 an. „Wir haben dieses Mal ganz bewusst einen Termin am Wochenende ausgesucht“, sagt Doris Ingenhag. Das Treffen für Frauen findet statt am 13. Oktober von 14 bis 17 Uhr. Um vorherige Anmeldung wird gebeten unter der Telefonnum­mer 02161 23237 oder Mail: info@frauenbera­tungsstell­e-mg.de.

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