Krisentreffen in Riad
Der Fall des getöteten Journalisten Chaschukdschi ist für die USA ein Problem. Präsident Trump möchte gute Beziehungen zu Saudi-Arabien. Aber das Land agiert eigenartig.
Darstellung, Chaschukdschi habe das Konsulat lebend verlassen, kaum noch zu halten gewesen. Der Sender CNN und die „New York Times“meldeten, die Regierung in Riad wolle offiziell einräumen, dass Chaschukdschi tatsächlich im Konsulat starb – weil ein Verhör aus dem Ruder gelaufen sei. Die Verantwortung dafür solle auf Mitarbeiter von Kronprinz Mohammed abgewälzt werden, um den Thronfolger aus der Schusslinie zu nehmen.
US-Präsident Donald Trump, der sich seit Beginn seiner Amtszeit um enge Beziehungen zu Saudi-Arabien bemüht, deutete an, dass Chaschukdschi möglicherweise ohne Auftrag aus Riad ermordet worden sei. Mit dieser Erklärung könnte Trump begründen, warum er auch weiter zu Saudi-Arabien hält. Ein kurzfristig anberaumter Besuch von US-Außenminister Michael Pompeo in Riad am Dienstag deutete darauf hin, dass Washington nach einem gesichtswahrenden Ausweg für die saudische Regierung sucht.
Auch die Türkei könnte versucht sein, sich mit einer solchen Version zufrieden zu geben. Erdogan telefonierte mit dem saudischen König Salman und vermied öffentliche Schuldzuweisungen gegen Riad. Saudische Regierungsvertreter bauten offenbar darauf, dass Trump und andere Spitzenpolitiker sich das Wohlwollen Riads erhalten wollten – „vielleicht behalten sie Recht“, schrieb der angesehene US-Politologe Richard Haass auf Twitter.
Dass die US-Regierung bereit ist, den Fall Chaschukdschi nicht zum Anlass einer ernsten Krise in den Beziehungen zu Riad zu machen, liegt an der wichtigen Rolle der Saudis als Verbündete. Diese Bedeutung ist mit dem Aufstieg von Thronfolger Mohammed, der sein Land wirtschaftlich modernisieren und von der Abhängigkeit vom Öl befreien will, noch gestiegen.
Obwohl der Kronprinz konservative Regeln wie das Fahrverbot für Frauen abgeschafft hat, will er mit dem Umbau keine demokratischen Reformen verbinden. Schon vor Chaschukdschis Verschwinden war MBS, wie der Thronfolger oft genannt wird, mit der Verhaftung von Widersachern und Aktivisten aufgefallen. Kritiker sprechen von einer „Entwicklungsdiktatur“, die eine Modernisierung des Staates ohne mehr Demokratie anstrebt.
Das Umbauprogramm des Prinzen entspricht amerikanischen Interessen. Washington wünscht sich ein Saudi-Arabien, das nicht zuletzt wegen seiner Bedeutung für den weltweiten Öl-Handel stabil bleibt, US-Gegner in der Golf-Region bekämpft und Israel stärkt – Kronprinz Mohammed, ein enger persönlicher Freund von Trumps Schwiegersohn und Nahost-Beauftragtem Jared Kushner, ist bei all diesen Punkten ein wichtiger Mann.
So teilt MBS die Gegnerschaft der USA gegenüber dem Iran. Auch unterstützt er Kushners Plan für einen Friedensschluss zwischen Israel und den Palästinensern. Darüber hinaus hat er den Amerikanern Rüstungsaufträge in Höhe von mehr als 100 Milliarden Dollar versprochen – was Trump zu der Erklärung veranlasste, er wolle die Einnahmen nicht dem Fall Chaschukdschi opfern.