Brexit-Deal steht vor dem EU-Gipfel auf der Kippe
Eine Lösung für Nordirland ist nicht in Sicht. EU-Ratspräsident Tusk fordert die Briten zu mehr Entgegenkommen auf.
BRÜSSEL (rtr) Die Verhandlungen über einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union stehen auf der Kippe. Vor dem EU-Gipfel zum Brexit sagte Ratspräsident Donald Tusk, ein harter Ausstieg sei „wahrscheinlicher als jemals zuvor“. Auf solch ein Szenario müsse man sich vorbereiten, betonte er. Der von EU-Unterhändler Michel Barnier vorgestellte Fortschrittsbericht und die Parlamentsdebatte in Großbritannien am Montag gäben keinen Grund zum Optimismus“.
Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Brexitverhandlungen als „Quadratur des Kreises“. Tusk sprach von einem „Gordischen Knoten“. Leider sei derzeit kein Alexander in Sicht, sagte Tusk in Anspielung auf Alexander den Großen, der der Legende nach den unentwirrbaren Knoten mit seinem Schwert durchschlug. Deshalb werde er die britische Premierministerin Theresa May beim EU-Gipfel am Mittwoch fragen, ob sie konkrete Vorschläge habe, um die derzeitige Blockade zu durchbrechen. Großbritannien will die EU in weniger als sechs Monaten verlassen.
Am Sonntag war eine Einigung zwischen der EU und dem Königreich auf einen Ausstiegsvertrag am Streit über die Vermeidung von Kontrollen an der Grenze zwischen Irland und Nordirland gescheitert. Einen Tag später warf May im britischen Parlament der EU vor, sie riskiere mit ihrer derzeitigen harten Haltung einen chaotischen Brexit.
Für den anstehenden Verhandlungspoker brachten beide Seiten ihre Truppen in Stellung. May beschwor die Einheit ihrer Ministerriege. Wenn das Kabinett geschlossen hinter ihr stehe, sehe sie eine Chance für ein Brexit-Abkommen. Der Sprecher betonte, dass ranghohe Minister May unterstützten. Es gebe auch keine Rücktrittsdrohungen. May habe zugleich auch deutlich gemacht, dass kein Abkommen besser sei als ein schlechtes Abkommen. Und ein schlechtes Abkommen sei eines, das zu einem Bruch im Vereinigten Königreich führe.
Größter Streitpunkt ist die Frage, wie sich nach dem Brexit eine Grenze mit festen Kontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindern lässt. Da es bislang keine Einigung darüber gibt, fordert die EU eine Absicherungsklausel (Backstop-Klausel), nach der Nordirland zunächst Teil der Zollunion mit der EU bliebe. Die Ausgestaltung erweist sich als extrem schwierig, weil die Briten dann eine Abspaltung Nordirlands fürchten.