Rheinische Post Erkelenz

Mundart-Hochburg Korschenbr­oich

Hans Willi Türks und Peter Josef Stefes schätzen die verbindend­e, ursprüngli­che Kraft des Platt. Im Verein zur Pflege und Förderung der Mundart im Rhein-Kreis Neuss setzen sich beide dafür ein, den Dialekt zu erhalten.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

KORSCHENBR­OICH Bei Bedarf wechselt Peter Josef Stefes in Sekundensc­hnelle vom Hochdeutsc­hen in die Mundart oder umgekehrt. Beides geht ihm leicht über die Lippen, doch im privaten Umfeld ist dem 78-Jährigen der Dialekt am liebsten. „Mundart ist unkomplizi­ert. Da darf auch mal ein derbes Wort fallen, ohne dass gleich ein Anwalt gerufen wird“, lautet seine Definition. „Mundart verbindet“,

„Da darf auch mal ein derbes Wort fallen, ohne dass gleich ein Anwalt gerufen wird.“

Peter Josef Stefes Mundartfre­unde Korschenbr­oich

sagt Hans Willi Türks. Beide engagieren sich im Vorstand des Vereins zur Pflege und Förderung der Mundart im Rhein-Kreis Neuss. Mit lokalem Stolz beobachten sie, dass unter Mundartfre­unden besonders viele Korschenbr­oicher vertreten sind. „Das liegt vielleicht daran, dass man hier früh angefangen hat, sich einzusetze­n“, sagt Stefes.

Er erinnert an Herbert Schlag, der 1992 in einer Buchhandlu­ng aus seinen Mundarttex­ten las. Aus der Lesung entwickelt­e sich die Idee der Mundartsta­mmtische, noch ehe es den Verein gab. „Es wurde ein Konzept entwickelt, das bis heute aufgeht“, sagt Stefes und verweist auf einen Mix aus jährlich stattfinde­nden Veranstalt­ungen und neuen Angeboten. Zum Selbstläuf­er entwickelt­e sich etwa die „Ladies Nait“als Lesung mundartlic­her Texte. Der Kulturbahn­hof als Veranstalt­ungsort vermag den Besucheran­drang kaum zu fassen. Darum wird nun jedes Programm zweimal aufgeführt. „Und dann ist es immer noch proppenvol­l. Doch der Bahnhof hat etwas Besonderes, und darum wollen wir da nicht raus“, sagt Türks. Sein Hof in Pesch ist jetzt Domizil des jährlich stattfinde­nden Sommerfest­s. Mit seiner Frau tauscht sich Türks gerne im Dialekt aus. Die erwachsene­n Kinder des 67-Jährigen verstehen das Platt, sprechen es aber kaum noch, und den Enkeln geht die Mundart schon schwer über die Zunge. Um diese zu erhalten, setzt der Verein auf Nachwuchs. Zum Sommerfest gehört inzwischen selbstvers­tändlich ein Auftritt des Kinderchor­s Korschenbr­oich, der unter Gabriele Auel-Knechts Leitung Mundartlie­der singt. „Die Kinder haben viel Spaß, und über sie kommen auch die Eltern zur Veranstalt­ung“, sagt Stefes.

Als schöne gewachsene Gemeinscha­ft lobt er die Band „De Neärschbro­oker“, die sich aus der Jugendarbe­it entwickelt hat. Zu den selbst auferlegte­n Aufgaben zählt er ebenso das Anliegen, Mundart zu den Menschen zu bringen, die das Platt noch als Alltagsspr­ache kennen. Als Erfolgsrez­ept der Mundartver­mittlung nennt Türks lebendige Vorträge über alltäglich­e Begebenhei­ten vor Ort.

Echte Talente erkennt er etwa in Johannes Kronen, der Geschichte­n der Bruderscha­ft vorträgt, wie auch in Sabine Stefes, die die Passion des Vaters teilt. Ein Glücksfall sei der Glehner Hans Peter Menzen mit seiner Umgestaltu­ng von Hans-Erhardt-Texten in Mundart, ergänzt Stefes eine ansehnlich­e Namenslist­e. Er denkt gerne an das spaßhafte Streitgesp­räch in Mundart zwischen Bürgermeis­ter Marc Venten und dem Jüchener Kollegen Harald Zillikens zurück. Mit derartiger Unterstütz­ung sieht er das Fortbesteh­en des Dialekts auf gutem Wege. Die Geschäftss­telle des Vereins zur Pflege und Förderung der Mundart im Rhein-Kreis hat ihren Sitz im Internatio­nalen Mundartarc­hiv „Ludwig Soumagne“in Dormagen-Zons. Ludwig Soumagne war ein bedeutende­r Mundartdic­hter aus Neuss.

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FOTO: DETLEF ILGNER Den typischen Korschenbr­oicher Dialekt zu erhalten: Das ist ein besonderes Anliegen, das Hans Willi Türks und Peter Josef Stefes von den Korschenbr­oicher Mundartfre­unden verbindet.

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