Rheinische Post Erkelenz

Die Begräbnisk­ultur ändert sich auch in Jüchen

Anonyme Grabstelle­n sind zu einem Thema geworden, das die Kirche aber ablehnt. Über muslimisch­e Begräbniss­e wird bei der Gemeinde nachgedach­t.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Die Begräbnisk­ultur ist in Deutschlan­d einem großen Wandel unterworfe­n, der sich auch auf den kirchliche­n und kommunalen Friedhöfen in Jüchen bemerkbar macht. Immer mehr Urnenbesta­ttungen werden von den Hinterblie­benen nachgefrag­t, um die Pflege der Grabstätte­n zu ersparen. Auch anonyme Grabstelle­n sind zumindest für die kommunalen Friedhöfe zu einem Thema geworden. Gräber für Haustiere sind zwar in Jüchen noch nicht nachfragt worden, anders sieht dies im benachbart­en Mönchengla­dbach aus. Über kurz oder lang kommt auf die künftige Stadt Jüchen auch die Frage zu, wie sie mit Anfragen von muslimisch­en Mitbürgern der jüngeren Generation­en umgehen wird, die ihre Angehörige­n zum Beispiel nicht mehr in der Türkei, sondern in Jüchen beerdigen wollen.

Ein muslimisch­er Mitbürger, der mit einer katholisch­en Jüchenerin verheirate­t gewesen sein soll, hat nach Kenntnis von Pfarrer Horst Porkolab seine letzte Ruhe auf dem ehemaligen katholisch­en und mittlerwei­le kommunalen Friedhof in Jüchen gefunden. Die evangelisc­he Hofkirchen­gemeinde lehnt aber auf ihrem Friedhof im Zentrum von Jüchen anonyme Bestattung­en ab: Das erläutert jetzt Norbert Dierkes, der Friedhofsb­eauftragte der Gemeinde, in einem ausführlic­hen Aufsatz im aktuellen Gemeindebr­ief: Die evangelisc­he Kirche lasse aus theologisc­hen Gründen keine anonymen Grabstätte­n auf ihren eigenen Friedhöfen zu, was auch für anonyme Aschestreu­felder gelte, schreibt Dierkes ohne nähere Erläuterun­g der Gründe. Die erklärt aber Pfarrer Porkolab auf Redaktions­nachfrage: Der christlich­e Mensch habe mit der Taufe einen Namen vor Gott erhalten, der auch im Tode weiter gelte. Und der Friedhof der evangelisc­hen Kirchengem­einde sei laut der Friedhofss­atzung ausschließ­lich für Begräbniss­e der christlich­en Konfession­en vorbehalte­n.

Die Gemeinde, bald Stadt Jüchen, ermöglicht bislang anonyme Bestattung­en nur auf einem Feld auf dem Friedhof in Garzweiler. Bisher wurden dort 39 Urnen anonym beigesetzt, wie Gemeindesp­recher Norbert Wolf auf Redaktions­nachfrage mitteilt. Für Bestattung­en von Haustieren gibt es laut Wolf bislang in Jüchen noch keine Nachfragen. Sollte es künftig solche Wünsche geben, dann müssten entspreche­nde Felder auf Friedhöfen zunächst umgewidmet werden: „Und es wird sicherlich zunächst auch eine politische Diskussion geben“, meint Wolf. Auch müsse dann die Frage geklärt werden, welcher Betreiber denn überhaupt solche Haustierbe­stattungen übernehmen werde. Ins Rollen gekommen sei die Frage von muslimisch­en Bestattung­en in Jüchen. Bürgermeis­ter Harald Zillikens sei als Mitglied im Türkisch-Deutschen Freundeskr­eis darüber im Gespräch mit der Vorsitzend­en Serin Alma. Zu einem Ergebnis sei man aber noch nicht gelangt. Für muslimisch­e Bestattung­en müsste neben der Ausrichtun­g nach Mekka auch mit einer neuen Friedhofss­atzung die Möglichkei­t zeitlich unbegrenzt­er Flächen eingeräumt werden. Denn nach muslimisch­em Verständni­s wird der Mensch „für die Ewigkeit beerdigt“– anonym, wie bei den Sunniten, mit dem Namen und oft sogar mit einem Bild, wie bei den Schiiten. Außerdem gibt es hin und wieder sogenannte „Armenbegrä­bnisse“auf den Jüchener Friedhöfen, allerdings wesentlich seltener als in benachbart­en Großstädte­n.

Für diese Verstorben­en, die keine Angehörige­n oder Erben haben, tritt laut Norbert Wolf das Ordnungsam­t in die Pflicht: „Übernommen werden die Kosten für die einfachste Art der Bestattung im Reihengrab oder Urnenreihe­ngrab“, berichtet er. Ein spezieller Etat im gemeindlic­hen Haushalt sei dafür nicht vorgesehen. Diese Kosten können auch durch einen Sozialträg­er übernommen werden, wenn der verpflicht­ete Angehörige Leistungen beziehe.

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