Lieblingsbrote vor der Kamera
Die Fotografen Link und Kress haben die Teilnehmer des interkulturellen Kochprojekts „Meet & Eat“mit ihren selbstgebackenen Brotspezialitäten porträtiert. Für die Ausstellungsbesucher gab es Rezepte zum Mitnehmen.
Viele der Menschen, die sich im Projektraum EA 71 drängen, erkennt man wieder: Es sind dieselben Gesichter wie auf den großformatigen Schwarz-Weiß-Fotos, die die Wände zieren. Auf den Bildern halten alle das in den Händen, was Thema und Titel der Kunstausstellung ist: „Brot“. Brot liegt auch auf der langen Tafel aus: mal rund, mal kastenförmig, mal flach, mal voluminös. Die Brote sind so unterschiedlich wie die Lebensgeschichten der Menschen, mit denen die Rezepte nach Deutschland gekommen sind: Sie kommen aus Eritrea, Guinea, Syrien, Griechenland, aber auch typische Brote aus den Niederlanden und Deutschland sind dabei.
„Brot ist in aller Herrn Ländern fundamental“, sagt Anna Link, die zusammen mit Marc-Daniel Kress die Fotos gemacht hat. 21 sind es, die nun in der Ausstellung zu sehen sind. Alle aus dem gleichen Blickwinkel aufgenommen, und alle zeigen den gleichen Ausschnitt, wie Sigrid Blomen-Rademacher in ihrer Einführung unterstrich. Und: Der schwarze Hintergrund lenke den Fokus auf die Menschen. Unter den Bildern hängen Zettel, die die Ausstellungsbesucher mitnehmen können. Darauf stehen unter dem Namen der Brotsorte der Name der Person, die es gebacken hat, außerdem Zutaten und Zubereitung.
„Der Geruch von Brot verheißt ein Stück Heimat und Geborgenheit“, führte Blomen-Rademacher. Heimat, Herkunft und Ankunft in einem anderen Land und einer anderen Gesellschaft bilden das Fundament der Kunstausstellung. Den Anstoß gab die Sozialarbeiterin Zoe Niomanaki mit einem interkulturellen Kochprojekt, das Annette Coenen-Lösch, Präsidentin des Vereins Interessengemeinschaft Städtepartnerschaft Mönchengladbach, aufgriff. So entstand das Projekt „Meet & Eat“, für das sich der Reha-Verein Mönchengladbach als Kooperationspartner engagierte und das beim Wettbewerb „Europa bei uns zuhause“prämiert wurde.
Über zehnmal trafen sich zehn Deutsche und zehn Flüchtlinge zum gemeinsamen Kochen. Unterschiede bei den Esskulturen stellten dabei wesentlich geringere Herausforderungen an die Teilnehmer als Sprachbarrieren, wie auch das Fotografen-Duo Link und Kress feststellten. Ihre Fotoshootings liefen in mehreren Hinsichten anders ab als sonst: Die Menschen, die sie ablichten sollten, konnten nicht gut Deutsch sprechen, zum Teil sei die Arbeit nur mit einem Übersetzer möglich gewesen, erinnert sich Anna Link. Zudem waren sie es nicht gewöhnt, vor der Kamera zu agieren. Doch wer die Bilder in der Ausstellung betrachtet, glaubt beim Anblick der Gesichter zu spüren, dass es Momente voller Offenheit, Spaß und gegenseitiger Sympathie gewesen sein müssen, in denen sie gemacht wurden. Auf einigen Fotos sind einzelne Personen zu sehen, auf anderen Paare, bei wieder anderen Geschwister oder Familien. Das Altersspektrum der Teilnehmer reichte von acht bis 68. Brot ist sonst nicht das bevorzugte Motiv von Link und Kress, doch bietet es einen Vorteil: „Bei Food-Fotografie kann man die Lebensmittel oft nach dem Shooting nicht mehr essen. Bei Brot ist das noch möglich“, erklärt Marc-Daniel Kress. In ihrer Ansprache appellierte Sigrid Blomen-Radermacher: „Brechen Sie das Brot und brechen Sie die Mauern, die vielleicht noch immer in den Köpfen sind, ab.“