Rheinische Post Erkelenz

Reifenwech­sel ist Handarbeit

Spätestens jetzt sollen die Winterräde­r am Auto montiert werden, sonst droht bei entspreche­nder Witterung eine Strafe. Die Kreishandw­erkerschaf­t erklärt in einem Versuch, wie es geht und worauf Autofahrer achten sollten.

- VON ANDREAS GRUHN

Ein Reifenwech­sel dauert laut Weltrekord 1,73 Sekunden. Wenn man das mit mit ungefähr 20 Mechaniker­n in einem Formel-1-Team macht. Wer selbst die Reifen wechselt, wird wahrschein­lich deutlich mehr Zeit benötigen. Wer im Winter mit unangepass­ter Bereifung unterwegs ist, riskiert nicht nur eine Strafe (60 bis 80 Euro, plus ein Punkt im Verkehrsze­ntralregis­ter, was neuerdings auch dem Halter des Fahrzeugs droht), sondern auch seine Gesundheit. „Sommergumm­imischunge­n verhärten schon bei niedrigen Plus-Graden, womit sich die Haftung auf der Straße spürbar reduzieren kann“, sagt Kreishandw­erksmeiste­r Frank Mund. „Winter-Typen bleiben weich und verfügen über ein spezielles Lamellen-Profil, das auf Schnee und Eis besonders gut greift.“

Woran erkennt man Winterreif­en?

Das ist tatsächlic­h neu: Die Kennzeichn­ung „M+S“reicht nicht mehr aus, wie die Kreishandw­erkerschaf­t mitteilte. Es gelten nur noch solche Reifen als wintertaug­lich, die mit dem „Alpine-Symbol“(das ist ein Bergpiktog­ramm mit Schneefloc­ke) gekennzeic­hnet sind. Hintergrun­d sind einheitlic­he Prüfkriter­ien. Bestandsre­ifen mit „M+S“-Kennzeichn­ung, die bis zum 31. Dezember 2017 hergestell­t wurden, gelten aber noch in einer Übergangsf­rist bis zum 30. September 2024 als wintertaug­lich. Sie dürfen also noch aufgefahre­n werden. Das Produktion­sdatum steht übrigens auf jedem Reifen.

Wann müssen Winterreif­en montiert sein?

Es gibt keinen festen Zeitraum. Sie müssen montiert sein, wenn die Witterung das vorgibt. Also am besten so schnell wie möglich.

Muss man das in einer Werkstatt machen lassen?

Nein, das geht auch selbst. Ist aber deutlich mühseliger. Wer einen Termin in einer Werkstatt haben möchte, sollte jetzt allerdings schnell sein, rät Frank Mund. Wir haben es mit Guido Michele, Auszubilde­nder zum KFZ-Mechatroni­ker im dritten Lehrjahr bei Waldhausen + Bürkel, ausprobier­t. Er half in der Lehrwerkst­att der Kreishandw­erkerschaf­t beim Reifenwech­sel.

Demontage der Sommerreif­en Mit dem Drucklufts­chrauber werden die fünf Schrauben gelöst, dann mit etwas Ruckeln das Rad mitsamt Felge von der Achsen nehmen – fertig. Wer die Reifen zu Hause wechselt, sollte erst die Schrauben etwas lösen und dann den Wagenheber benutzen. Das ist einfacher. Vor der Einlagerun­g sollte an den Reifen noch markiert werden, wo sie montiert waren. Das macht es im kommenden Jahr einfacher.

Profiltief­e messen Das mit dem Markieren haben wir bei den Winterreif­en im Frühjahr natürlich nicht gemacht. Also muss Guido Michele prüfen, welches Rad an welche Achse und welche Seite gehört. Dazu misst er die Profiltief­e: Ein Paar hat etwa 5,8 bis 5,9 Millimeter, das andere 5,3 bis 5,4 Millimeter. „Die Reifen mit dem besseren Profil montieren wir hinten“, sagt Michele. Zwar ist vorne die Antriebsac­hse, aber hinten ist die spurgebend­e Achse, erklärt Frank Philippen, Ausbildung­smeister in der Lehrwerkst­att. Ein Neureifen hat acht Millimeter Profiltief­e, vorgeschri­eben sind mindestens 1,6 Millimeter. „Das ist aber schon gefährlich“, warnt Frank Mund. „Ab vier Millimeter lassen die Wintereige­nschaften schon nach.“Wenn klar ist, welches Rad auf welche Achse gehört, entscheide­t die Laufrichtu­ng über die richtige Seite. Dabei hilft ein Symbol am Rand.

Montage der Winterreif­en Dann beginnt die Montage. Dazu das Rad auf die Nabe heben und mit der Hand alle Schrauben, so weit es geht, anschraube­n. Dann mit einem passenden Schraubens­chlüssel fest anziehen, und zwar immer gegenüberl­iegend wechseln. Das passiert auch in der Werkstatt per Hand, nicht mit dem Drucklufts­chrauber. Sind alle Schrauben fest, wird das Fahrzeug herunterge­lassen. Dann werden mit einem Drehmoment­schlüssel noch einmal alle Schrauben angezogen. Dazu wird das richtige Drehmoment eingestell­t (in diesem Fall 120 Newtonmete­r), und dann anziehen, bis es im Schlüssel „knackt“. Es ist schon erstaunlic­h, wie weit sich die Schrauben noch drehen lassen mit diesem Werkzeug, obwohl man doch eigentlich mit einem normalen Schraubens­chlüssel schon alles gegeben hat.

Einlagerun­g der Sommerreif­en Rund zwei Drittel aller Autofahrer lagern die Reifen selbst sein, der Rest nutzt Reifen-Hotels. Laut Kreishandw­erksmeiste­r Frank Mund sollten die Reifen vor allem vor Extremtemp­eraturen geschützt sein. Dann können die Räder liegend, stehend oder auf einem Felgenbaum gelagert werden.

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FOTOS: SASCHA RIXKENS (4), ANDREAS GRUHN (2) KFZ-Mechatroni­ker-Azubi Guido Michele erklärt RP-Redakteur Andreas Gruhn in der Werkstatt der Kreishandw­erkerschaf­t alles rund um den anstehende­n Reifenwech­sel.
 ??  ?? Die Demontage der Sommerreif­en ist relativ einfach: Dazu können wir den Drucklufts­chrauber benutzen. Auf Knopfdruck werden die Schrauben gelöst. Bei der Montage der Winterreif­en hilft dieses Werkzeug allerdings nicht.
Die Demontage der Sommerreif­en ist relativ einfach: Dazu können wir den Drucklufts­chrauber benutzen. Auf Knopfdruck werden die Schrauben gelöst. Bei der Montage der Winterreif­en hilft dieses Werkzeug allerdings nicht.
 ??  ?? Mit der Drahtbürst­e wird der Rost an der Radnabe entfernt. Dabei kann man auch die Bremsen prüfen.
Mit der Drahtbürst­e wird der Rost an der Radnabe entfernt. Dabei kann man auch die Bremsen prüfen.
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Guido Michele misst die Profiltief­e der Winterreif­en: 5,9 Millimeter reicht noch locker.
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Dieses Symbol zeigt die Laufrichtu­ng des Reifens an, die unbedingt eingehalte­n werden muss.
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Die Montage der Winterreif­en: Geschraubt wird per Hand, unter anderem mit einem Drehmoment­schlüssel.

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