„Deine Liebe ist Feuer“auf Deutsch und Arabisch
Das Stück spielt in Damaskus. Die Menschen sind dem Krieg ausgeliefert. Sie leiden.
Wenn der Autor aufhört zu schreiben, verharren die Akteure. Schreibt er weiter, setzt sich die Handlung fort. Derart fremdgesteuert, ohnmächtig, voller Angst und Wut treffen Hala (Carolin Schupa), Rand (Vera Maria Schmidt) und Khaldoun (Philipp Sommer) in der Wohnung der beiden Frauen in Damaskus aufeinander. Die Bomben kommen näher, auf der Straße wird geschossen. Hala will mit ihrem Freund Wissam nach Deutschland fliehen, auch Rand will weg, aber ihr Freund Khaldoun, Soldat der syrischen Assad-Armee, hat Angst. Er fürchtet um sein Leben und das seiner Familie. Rand beschimpft ihn als Versager und Feigling. Sie will, dass er desertiert. Es kommt zum Streit.
Der Autor (Adrian Linke) ist manchmal mitten in der Handlung, oft aber außerhalb. Sitzt im Publikum oder am Rand der Bühne – und schreibt. Oder auch nicht. Er ist nach nach Beirut migriert und von dort auf dem Weg nach Deutschland, wo er letztlich in einem Flüchtlingslager in Thüringen untergebracht wird. Seine Situation ist genau so ausweglos wie die seiner erfundenen Figuren in Damaskus. Sie alle sind Opfer des Krieges.
„Deine Liebe ist Feuer“feierte im Studio des Theaters eine doppelte Premiere. Denn nach der deutschen Fassung wurde nach einer Pause, in der sich die Besucher mit arabischer Linsensuppe stärken konnten, die syrische vorgestellt – von syrischen Schauspielern, die in Deutschland und Frankreich im Exil leben.
Beide Versionen gehen unter die Haut. Machen traurig und wütend. Nichts tun zu können, es aushalten zu müssen, keinen Ausweg zu sehen, diese Gefühle lassen den Menschen erstarren oder explodieren. Die Emotionen, die die Darsteller auf der Bühne erleiden, nehmen die Theatergäste auf. Das Verständnis füreinander, und für die ausweglose Situation der Gefangenen des grausamen Krieges und des Flüchtlings in der Fremde eint Schauspieler und Theaterbesucher.
Verstärkt wird diese solidarische Gefühlslage durch Adrian Linke, der als Autor sich auch zwischen den Gästen bewegt, diese mit in die Handlung einbezieht. Das ist in der arabischen Fassung anders. Da ist der Autor vielfach unsichtbar, taucht nur ab und zu in der Handlung auf. Diese Version des Stücks wühlt anders auf. Der Zuschauer weiß um das Leid, das die syrischen Schauspieler selbst erlebt haben, ohne sich den Horror, die Angst und den Schrecken wirklich vorstellen zu können. Das Grauen ist so nah – und viel zu groß. Und der Respekt vor diesen Darstellern ist riesig.
Der Autor des Stückes, Mudar Alhaggi, und der Regisseur Rafat Alzakout stammen beide aus Damaskus, sie trafen sich nach ihrer Migration in Berlin wieder. Ihr Anliegen ist die Sichtbarmachung der Emotionen. Sie wollen den psychischen Druck spüren lassen, der auf den betroffenen Menschen lastet. Gelungen. Ein wirklich beeindruckender Abend.
Nächste Vorstellung: Samstag, 22. Dezember, 20 Uhr; Tickets: 02166 6151-100 und www.theater-kr-mg. de