40 Weltumrundungen für die Musik
Seit 41 Jahren pendelt John Kikken zwischen seinem Wohnort in den Niederlanden und der Mönchengladbacher Musikschule. Hier arbeitet er als Trompetenlehrer und als Leiter des Jugendblasorchesters. Bald geht er in Rente.
Den Taktstock erhoben, braucht es nur ein scharfes Einatmen – und die Musik beginnt. Der Probenraum der Musikschule füllt sich mit sinfonischer Blasmusik. „In meiner Zeit als Leiter des Jugendblasorchesters der Musikschule habe ich etwa 1750 Proben geleitet“, sagt John Kikken (63). Der Trompeter arbeitet seit 1978 an der städtischen Musikschule, seit rund 35 Jahren hat er neben zeitweise bis zu 70 Musikschülern die musikalische Leitung des Jugendblasorchesters ( JBO) inne. „Über die Jahre kommen wir schon auf 350 Auftritte“, blickt er zurück. Reisen führten das Orchester bis nach Schweden, England und Ungarn, auch vor dem ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker hat er den Taktstock schon erhoben.
Lief da auch mal etwas nicht nach Plan? Kikken überlegt lange. Dann lächelt er. „Wir hatten einen Auftritt im Theater. Ausverkaufter Saal. Aber der Schlagzeuger kam nicht.“Die Lösung? „Für die ersten Stücke haben wir uns mit Taktstöcken ausgeholfen. Später kam dann der Schlagzeuger dazu. Er war versehentlich zur Kaiser-Friedrich-Halle gefahren und hatte sich gefragt: ,Warum ist hier keiner?‘, fand dann aber noch den Weg zu uns.“
Auch John Kikkens Weg nach Mönchengladbach war nicht vorgezeichnet. „Während meines Studiums in Köln hat die Gladbacher Musikschule einen Trompetenlehrer gesucht und meinen Professor gefragt. Die Stadt kannte ich vorher nur über den Fußball. Angefangen habe ich dann noch im Gebäude an der Kaiserstraße, Raumnummer 6“, sagt er. Weit war sein Weg außerdem immer: „Meine Heimat ist Vaals in den Niederlanden. In den Jahren bin ich wohl knapp 10.000 Mal von Vaals nach Mönchengladbach gefahren Das sind 40 Weltumrundungen.“
Was hat sich im Laufe der Zeit verändert? Kikken schaut kritisch. „In der ersten Hälfte meiner Zeit hatten viele junge Leute ,nur‘ das Blasorchester als Hobby. Da war das technische Können oft besser. Heute haben die Jugendlichen neben mehr Schule auch oft etliche Hobbys. Da wird dann auch weniger geübt. Bei der Stückeauswahl müssen wir dann manchmal zurückstecken.“Und was ist gleich geblieben? „Meine Routine kurz vor dem Auftritt: Ich übe das letzte Mal meine Ansagen, schließlich will auch die Spontaneität geplant sein. Dann sage ich mir: Jetzt reicht es. Wir haben genug getan.“Und: „Mut und Vertrauen in die Schüler zu haben, ist wichtig“, sagt Kikken. Das kommt an: In den Reihen des JBO sitzen viele, die genau darauf vertrauen. Die daraus ihre Energie ziehen.
Diese Energie ist auch bei John Kikken zu spüren: „Manche lassen die Zeit bis zur Pensionierung ausrollen. Ich habe mir überlegt: Wir geben noch mal Gas.“Die Liste der Projekte in 2018 ist lang: Lossprechung bei der Kreishandwerkerschaft (22. Auflage), Muttertagskonzert (22. Mal), Konzerte in der Kaiser-Friedrich-Halle, im Theater, im Kino und in der Musikschule. „Im Juli haben wir bei 32 Grad eine Weihnachts-CD aufgenommen. Weihnachtsmusik hat mich selten so zum Schwitzen gebracht.“
Wie geht es jetzt weiter? Zuerst lässt er sich wenig entlocken: „Die anderen haben die Uhr, ich habe die Zeit.“Dann wird er doch konkret: „Konzertbesuche in der Hamburger Elbphilharmonie und dem Concertgebouw in Amsterdam stehen auf meiner Wunschliste. Außerdem mehr Touren mit meinem Oldtimer. Auch werde ich als Vertretungslehrer an der Musikschule bleiben.“
Zum Finale steht noch Großes an: Die zwei Filmmusik-Konzerte am 10. und 11. November im Kino waren innerhalb von zwei Stunden ausverkauft. Auch für das Festkonzert am Samstag im Hangar weckt Kikken Erwartungen: „Neulich war die WDR Bigband dort, eine tolleShow. Die wollen wir übertreffen.“