Rheinische Post Erkelenz

Im Eli steht die Ampel auf Grün

Der Mangel an Pflegekräf­ten und immer anspruchsv­ollere gesetzlich­e Vorgaben stellen Kinderklin­iken vor große Probleme – das Eli findet innovative Lösungen.

- VON ANGELA RIETDORF

Alle Kinderklin­iken in Deutschlan­d suchen händeringe­nd Kinderkran­kenschwest­ern und –pfleger. Der Fachkräfte­mangel tut weh. Und es wird noch schlimmer, denn Ende 2019 greifen neue gesetzlich­e Vorgaben, die es nötig machen, noch mehr Personal vorzuhalte­n. „90 Prozent der Kinderklin­iken werden diese Vorgaben nicht erfüllen können“, sagt Professor Wolfgang Kölfen. Zu den wenigen Häusern, die sehr gut aufgestell­t sind, gehört die Kinderklin­ik des Elisabeth-Krankenhau­ses, dessen Chefarzt Kölfen ist.

Warum steht die Rheydter Kinderklin­ik mit dem Perinatalz­entrum Level 1 so gut da? Zum einen, weil seit Jahren eine vorausscha­uende Personalpo­litik betrieben wurde und auch in den Zeiten, als an den Pflegekräf­ten gern gespart wurde, Kinderkran­kenschwest­ern eingestell­t wurden. Zum anderen, weil die Verantwort­lichen ein innovative­s Strukturmo­dell geschaffen haben, das in der Krankenhau­slandschaf­t überregion­al für Aufsehen sorgt. Es wurde ein Ampelsyste­m entwickelt, bei dem dreimal am Tag geklärt wird, ob genügend Personal vorhanden ist, welche Aufnahmen beispielsw­eise aus der Geburtskli­nik anstehen, ob Verlegunge­n möglich sind oder zusätzlich­es Personal benötigt wird. „Es ist in diesem Prozess klar, wer mit wem redet, wer Entscheidu­ngen trifft und was passiert, wenn Personal fehlt“, erklärt Pflegedien­stleiterin Petra Coenen, die das Modell entwickelt hat.

Dieser klare Prozess ist in jedem Fall vorteilhaf­t, in Zukunft aber besonders notwendig, weil die gesetzlich­e Qualitätss­icherungsr­ichtlinie Früh- und Reifgebore­ne nicht nur sehr konkrete Vorgaben zum Betreuungs­schlüssel zum Beispiel in der Kinderinte­nsivstatio­n macht, sondern auch verlangt, dass das Personal jederzeit zur Verfügung steht. Das allerdings ist praktisch nur unter enormen Schwierigk­eiten umzusetzen. Petra Coenen nennt ein Beispiel: Im Frühdienst sind sieben Mitarbeite­r für die Intensivpf­lege von Kindern eingeteilt. Bei der vorhandene­n Patientenz­ahl passt das. Dann kommt es zur Notaufnahm­e von Drillingen, die in der 28. Schwangers­chaftswoch­e geboren wurden und alle weniger als 1500 Gramm wiegen. Für jedes dieser drei Babys muss nun eine Eins-zu-EinsBetreu­ung sicher gestellt werden. Das heißt: Drei weitere Kinderkran­kenschwest­ern müssen direkt ihren Dienst antreten. Und zwar nicht nur in dieser Schicht, sondern auch in den folgenden Schichten. Sollte es noch zu einer Frühgeburt von Zwillingen kommen, werden noch einmal zwei zusätzlich­e Pfleger benötigt. So viel Fachperson­al steht nicht dauerhaft zur Verfügung.

Was passiert, wenn die Qualitätsr­ichtlinie Ende 2019 verpflicht­end umgesetzt werden muss? Die kleinen Patienten müssen in andere unter Umständen weit entfernte Kliniken verlegt werden, die genügend Personal und Betten vorhalten können. Kölfen hält das für eine schlechte Lösung. „Qualität ist ein hohes Gut, aber es ist Augenmaß erforderli­ch“, sagt er. Es könne nicht nur um berechnete Personalsc­hlüssel gehen. „Nicht immer ist bei Drillingen unter 1500 Gramm eine Eins-zu-Eins-Pflege nötig“, sagt der erfahrene Kindermedi­ziner. „Man muss sehen, was vernünftig und sinnvoll ist.“Und Thorsten Celary, Geschäftsf­ührer der Städtische­n Kliniken, fügt hinzu: „Die Personalsc­hlüssel beruhen auf Gutachten von Unternehme­nsberatung­en, die zum Teil einfach realitätsf­ern sind.“Im Eli aber steht die Ampel auf Grün.

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FOTO: DETLEF ILGNER Am Eli steuert eine Ampel die Intensivst­ation für Frühchen. Unser Foto zeigt (v.l.) Thomas Fauhl, Beate Welsch, Prof. Wolfgang Kölfen und Petra Coenen, die das Ampel-System entwickelt hat.

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