Jusos nennen scharfe Bedingungen für Fortbestand der Groko
Der SPD-Nachwuchs verlangt von der Union Zugeständnisse, etwa beim Einwanderungsgesetz. Ein frühzeitiges Aus der Regierung ist einkalkuliert.
BERLIN Juso-Chef Kevin Kühnert dringt vor der SPD-Vorstandsklausur darauf, dass seine Partei sich auf ein mögliches früheres Ende der großen Koalition vorbereitet. „Mit Blick auf die Entwicklungen in der Union müssen wir zügig handlungsfähig sein“, sagte Kühnert unserer Redaktion. „Sich jetzt noch auf das Erreichen der Revisionsklausel zu verlassen, kann schnell nach hinten losgehen“, mahnte der Juso-Chef. Er forderte zugleich die SPD auf, ihren eigenen Parteitag vorzuziehen. „Angesichts des fragilen Zustands der Koalition haben wir keine Zeit zu verlieren, um unsere Programmatik gemeinsam mit den 600 Delegierten auf den aktuellen Stand zu bringen“, sagte er.
Die Revisionsklausel im Koalitionsvertrag von Union und SPD verankert eine Zwischenbilanz, die eigentlich in der zweiten Hälfte 2019 gezogen werden soll. Nun könnte vieles schneller gehen. An diesem Sonntag und Montag trifft sich die SPD-Führung, um das Vorgehen in der Koalition zu beschließen und die eigene Erneuerung zu beschleunigen. Dazu hatte Parteichefin Andrea Nahles ein sechsseitiges Papier verfasst, mit dem sie unter anderem die Union innerhalb der nächsten Wochen zu einem Fahrplan für die Umsetzung wichtiger Koalitionsvorhaben drängen will.
Kühnert begrüßte das Papier, verlangt aber eine Reihe von Verschärfungen. So heißt es in einem Änderungsantrag, der unserer Redaktion vorliegt: „Das Einwanderungsgesetz muss noch dieses Jahr beschlossen werden und die Möglichkeit eines Spurwechsels zwischen dem Asylverfahren und dem Verfahren nach dem Einwanderungsgesetz beinhalten.“Die Spurwechsel-Option für gut integrierte, aber lediglich geduldete und damit irgendwann ausreisepflichtige Asylbewerber wird indes von der Union abgelehnt.
Bis zur Sommerpause 2019 verlangen Kühnert und seine Mitstreiter zudem eine Kabinettsbefassung zu Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und noch in dieser Legislatur Schlussfolgerungen aus dem Cum-Ex-Steuerskandal. Sie dringen darauf, die Abgeltungsteuer so schnell wie möglich restlos abzuschaffen. Hans-Georg Maaßen sei sofort vom Amt des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz abziehen, heißt es im Antrag weiter. Und: „Die Union wird akzeptieren müssen, dass wir Paragraf 219a Strafgesetzbuch abschaffen“, heißt es zur geplanten Reform des Werbeverbots für Abtreibungen.
Auf den Fortbestand der großen Koalition bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2021 will bei Kühnerts Leuten niemand wetten. „Die Zusammenarbeit in der Koalition war in den vergangenen Monaten schlecht“, heißt es im Antrag. „Sollte es keine grundlegende Veränderung in der Zusammenarbeit geben, werden wir nicht an der Koalition festhalten, sondern diese vorzeitig verlassen.“