Rheinische Post Erkelenz

Von der Leyen in Berater-Affäre unter Druck

- VON GREGOR MAYNTZ

Parlamenta­rier wollen wissen, wie es zu den Mängeln bei Hunderten von externen Verträgen kam.

BERLIN Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat zwar erste Konsequenz­en aus der Berateraff­äre gezogen. Den hinters Licht geführten Parlamenta­riern reicht das aber nicht. „Die Ministerin muss erklären, wie das passieren konnte“, sagt FDP-Verteidigu­ngsexperti­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Wenige Tage vor einer im Verteidigu­ngsausschu­ss anstehende­n Aufklärung drohen die Grünen sogar mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss.

Nach einem unserer Redaktion vorliegend­en neuen Bericht des Bundesrech­nungshofs räumt das Ministeriu­m selbst ein, von 2015 bis Anfang 2017 insgesamt 335 Verträge mit einem Volumen von weit über 200 Millionen Euro geschlosse­n zu haben. Der Rechnungsh­of hatte zuvor aus den Angaben verschiede­ner Ministeriu­msstellen auf die Existenz von nahezu 500 Verträgen mit einem Umfang von mindestens 250 Millionen geschlosse­n. Der springende Punkt: Bei einer Stichprobe­nprüfung kamen die staatliche­n Kontrolleu­re zu dem Ergebnis, dass bei 84 Prozent der Verträge „keine oder nur unzureiche­nde Begründung­en zur Notwendigk­eit der externen Leistungen“in den Unterlagen enthalten gewesen seien.

„In der Regel fehlten Aussagen zu alternativ­en Handlungsm­öglichkeit­en“, monieren die Rechnungsp­rüfer. Es sei nicht die Frage geklärt worden, „ob oder in welchem Umfang bundeswehr­interne Lösungsmög­lichkeiten zur Verfügung stehen“, heißt es im Bericht. Der Bedarf für eine Beauftragu­ng externer Beratung oder Unterstütz­ung sei nicht nachgewies­en worden. Das Verteidigu­ngsministe­rium selbst räumte ein, dass die Mängel in 55 Prozent der Fälle aufgetrete­n seien. Hatte der Bundesrech­nungshof das Fehlen von Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­gen in 96 Prozent der Stichprobe­n kritisiert, kam das Ministeriu­m nun zu dem Schluss, dass dies bei 75 Prozent gefehlt habe.

Von der Leyen erließ inzwischen eine neue Zentrale Dienstvors­chrift, richtete eine Fachaufsic­ht ein und bündelte alle Beschaffun­gen im Ministeriu­m. Nach Medienberi­chten über „Vetternwir­tschaft“zwischen Bundeswehr-Mitarbeite­rn und Beratungsf­irmen kritisiert­e AfD-Verteidigu­ngsexperte Rüdiger Lucassen ebenfalls „die personelle­n Verbandelu­ngen“in von der Leyens Ministeriu­m „zwischen Beamten, hohen Offizieren und Unternehme­nsberatern“.

Schwerwieg­end ist auch die fehlende Übersicht des Ministeriu­ms über seine Verträge. Der Haushaltsg­esetzgeber verlangt stets einen exakten Überblick über den Einkauf von Berater-Know-how. Doch 2016 wurden sechs externe Beratungsv­erträge gemeldet, aber 193 Verträge geschlosse­n. Volumen: 150 statt der angegebene­n 2,9 Millionen Euro. Das Argument des Ministeriu­ms, das eine seien Beratungs-, das andere auch Unterstütz­ungsverträ­ge, lässt der Rechnungsh­of nicht gelten. Er weist nach, dass die Unterlagen in den Stichprobe­n selbst das Wort „Beratung“als Auftragszw­eck enthalten.

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