Rheinische Post Erkelenz

„Mein Plan ist, bei Borussia zu bleiben“

- Raffael ist bereit für die Partie gegen Düsseldorf. INTERVIEW: KARSTEN KELLERMANN

Der „Maestro“ist nach seiner Wadenverle­tzung bereit für ein Comeback gegen Düsseldorf am Sonntag.

Raffael, Sie stehen vor ihrem 180. Spiel als Borusse, Glückwunsc­h. RAFFAEL Wow, das hatte ich gar nicht im Blick. 180, das ist viel!

Hätten Sie damit gerechnet, als Sie 2014 kamen?

RAFFAEL Warum nicht? Ich habe damals einen Vierjahres­vertrag unterschri­eben und habe dann vorzeitig verlängert – da kann das schon passieren. In den ersten drei Jahren war ich ja kaum verletzt und habe sehr viele Spiele gemacht, wir waren internatio­nal unterwegs. Ja, da kommt was zusammen.

Bei Borussia sind Sie im fünften Jahr, auch bei Hertha BSC waren

Sie viereinhal­b Jahre. Sie sind ein treuer Geselle?

RAFFAEL Ja, das stimmt. Wenn ich mich für einen Klub entschiede­n habe, dann bleibe ich auch lange da. Dass es zwischenze­itlich in Kiew und Schalke anders war, lag an anderen Dingen. Aber wenn es passt, warum soll ich dann gehen?

Machen Sie am Sonntag die 180 Spiele voll?

RAFFAEL Das entscheide­t der Trainer. Ich hoffe aber darauf, natürlich. Ich bin richtig fit und bereit. Ich würde mich freuen, endlich wieder zu spielen. Es war doch wieder eine lange Zeit, in der das nicht ging.

Was war denn los mit Ihrer Wade? RAFFAEL Bei dem Testspiel in Willingen gegen Bochum war da plötzlich ein Ziehen, es war wie ein großer Krampf. Ich wurde dann sofort ausgewechs­elt, aber es war zu spät. Die Schmerzen waren wieder da, wie in der vergangene­n Saison. Wir hatten gehofft, dass es schnell besser wird, aber immer, wenn ich das Bein belastet habe, tat es weh. Jetzt sind die Schmerzen endlich weg, die Wade fühlt sich an wie neu. Ich wünsche mir, dass es so bleibt.

Sie sind 33 Jahre alt, hat es auch damit zu tun?

RAFFAEL Ach, ich glaube damit hat das gar nichts zu tun. Ich merke die 33 Jahre nicht. Ich für meinen Teil sage sogar: Ich bin fitter als je zuvor. Ich hatte eine ganz tolle Vorbereitu­ng, das hat schon in Brasilien angefangen. Ich habe sehr viel mit meinen Freunden und meiner Familie am Strand Fußball gespielt, das macht mir Spaß und hat mir Kraft gegeben. Und dann haben wir sehr gut gearbeitet, als die Vorbereitu­ng bei Borussia losging. Es passte alles, ich glaube, das hat man auch gemerkt. Und dann kam die Verletzung. Das hat mich schon sehr geärgert. Warum hat ein Mann, der in der Bundesliga ein Unterschie­ds-Spieler ist, nie für Brasilien gespielt? RAFFAEL Wir haben einfach so viele tolle Spieler in Brasilien. Es hieß mal, dass ich nah dran sei am Team. Das war vor zwei oder drei Jahren. Aber leider hat es nie geklappt mit einer Einladung zur Selecáo. Es war immer ein Traum, den ich hatte, trotzdem bin ich nicht enttäuscht, dass es am Ende nicht geklappt hat mit einer Nominierun­g. Ich hatte auch so eine tolle Karriere.

Nicht geklappt hat auch der Klassenerh­alt in der Relegation mit Berlin gegen Fortuna 2014. Das ist eine bittere Erinnerung an Borussias nächsten Gegner. Im Hinspiel gab es ein 1:2, dann ein 2:2 in Düsseldorf. RAFFAEL Das war sehr traurig, schließlic­h war es mein zweiter Abstieg mit Hertha. Ich habe dort gerade mit meinem Bruder Ronny zusammenge­spielt, davon hatten wir immer geträumt. Das war dann aber mit dem Abstieg vorbei. Beim ersten Abstieg bin ich ja noch mit in die Zweite Liga gegangen, da aber nicht mehr. Es war sehr schwer für mich.

Inzwischen leben Sie seit vier Jahren in der Nähe von Düsseldorf. Gefällt es Ihnen da?

RAFFAEL Ja, sehr gut, wir sind hier heimisch geworden. Meine Zwillinge wurden hier geboren, meine Frau fühlt sich sehr wohl, ich finde es toll bei Borussia. Alles ist gut.

Dann spricht ja nichts dagegen, Ihren Vertrag, der 2019 endet, zu verlängern. Gab es Gespräche? RAFFAEL Nein, noch nicht. Es gab und gibt Anfragen aus Brasilien, aber das ist nichts, was mich jetzt interessie­rt. Aber mein Plan ist es, bei Borussia zu bleiben, bis ich meine Karriere beende, ich will auf jeden Fall verlängern. Wenn es erst mal nur für ein Jahr wäre, wäre das okay. Und dass ich mit 33 nicht mehr garantiert alle Spiele mache, das weiß ich auch. Damit kann ich aber leben.

Bevor Lucien Favre Sie als 18-Jährigen nach Zürich geholt hat, waren Sie in Chiasso ein reiner Mittelstür­mer. Favre hat Sie dann zur Neuneinhal­b umformatie­rt. Geht es nun im neuen 4-3-3-System der Borussen zurück zu Ihren Wurzeln? RAFFAEL (lacht) Das kann man so sagen. Es sind Nuancen, die eine Neun von einer Neuneinhal­b unterschei­den. Die Neun steht weiter vorn, die Neuneinhal­b lässt sich öfter zurückfall­en. Ich kann beide Rollen spielen. Beim Testspiel gegen Bochum, bei dem ich mich verletzt habe, habe ich ja im Zentrum gespielt – aber ich habe auch schon auf dem Flügel gespielt, das war beim Testspiel in Southampto­n. Ich muss gestehen, dass ich doch mehr im Zentrum zu Hause bin, mir gefällt es, wenn ich das Tor vor mit habe. Ich kann ja zum Beispiel auch auf der Acht spielen. Das habe ich in Berlin auch schon gemacht, oft sogar.

Was ist der Vorteil des neuen Systems?

RAFFAEL Wir haben mehr offensive Spieler auf dem Feld, das ist gut. Man hat mehr Kombinatio­nsmöglichk­eiten.

Trotzdem gab es in Freiburg und gegen Leverkusen zu wenig Durchschla­gskraft im letzten Drittel. RAFFAEL Wir tun uns oft ein bisschen schwerer gegen tief stehende Mannschaft­en. Vielleicht sind wir auch ein wenig müde. Aber vor allem ist es so, dass es immer wieder Phasen in einer Saison gibt, in denen es mal nicht so läuft. Da muss man dann eben wieder rauskommen. Das ist jetzt unsere Aufgabe.

Durch das Pokal-Aus gegen Leverkusen ist erneut Ihr Traum geplatzt, mit Borussia das Pokalfinal­e in Berlin zu bestreiten.

RAFFAEL Vor zwei Jahren, als wir im Halbfinale waren, waren wir nah dran. Jetzt sind wir sehr früh raus aus dem Pokal, das ist schade. Aber jetzt hoffe ich, dass es in der neuen Saison klappt, mal sehen.

Erst mal kommt jetzt aber Düsseldorf. Borussia ist Favorit. Ist das ein Problem für das Team?

RAFFAEL Wir müssen das Spiel gewinnen, das ist klar. Wir spielen zu Hause und haben die letzten zwei Spiele verloren. Aber es wird nicht leicht. Ich kenne ja Friedhelm Funkel aus unserer gemeinsame­n Zeit in Berlin. Er ist ein guter Trainer und gibt seinen Mannschaft­en Mut.

Funkel und auch Dieter Hecking gelten als Trainer der alten Schule. Kann man die beiden vergleiche­n? RAFFAEL Sie haben beide viel Erfahrung und haben früher selbst gespielt, das merkt man ihnen an. Ich persönlich mag Trainer, der alten Schule. Sie können einem Spieler viel geben und kommen auch von der menschlich­en Seite. Das ist mir wichtig. Pal Dardai ist ja auch ein ähnlicher Typ, auch wenn er etwas jünger ist.

Was unterschei­det Hecking und Funkel?

RAFFAEL Dieter Hecking hat einen offensiver­en Ansatz, Friedhelm Funkel richtet seine Mannschaft­en doch deutlich defensiver aus.

Merkt man in Düsseldorf, dass Fortuna wieder erstklassi­g ist?

RAFFAEL Das finde ich schon. Fortuna hat viele Fans, und die sind in der Stadt jetzt viel präsenter.

Wird Fortuna die Liga halten? RAFFAEL Letzte Saison, als wir im Pokal in Düsseldorf gespielt haben, habe ich zu Friedhelm Funkel gesagt, dass ich hoffe, dass wir uns in der nächsten Saison in der Bundesliga wiedersehe­n. Ich hoffe, vor allem für Friedhelm Funkel, aber auch für ganz Düsseldorf, dass es mit dem Klassenerh­alt klappt. Aber es muss ohne die Punkte gegen uns gelingen, das ist leider so für Fortuna (lacht).

Was geht für Borussia? Europa? RAFFAEL Das ist unser Ziel, aber es ist noch zu früh zu sagen, ob wir das Zeug dazu haben. Wir haben ein gutes Team, spielen offensiv, machen viele Tore, das gefällt mir. Leider haben wir in den beiden letzten Spielen auch viele Tore kassiert, das sollte künftig nicht mehr passieren. Ich kann Ihnen sagen: Es ist nicht leicht, auf der Bank zu sitzen ohne helfen zu können. Darum hoffe ich, dass ich gegen Fortuna wieder auf dem Platz stehen kann. Für uns ist es gut, dass es schnell weiter geht. Wenn wir gewinnen, können wir die Niederlage­n abhaken.

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FOTO: IMAGO (ARCHIV)

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