Herzlichen Glückwunsch!
Zwei Mönchengladbacher Frauen blicken auf ein langes Leben zurück: Gertrud Heinrich feierte am Mittwoch ihren 100. Geburtstag im Helmut-Kuhlen-Haus, Katharina Lindenberg feiert ihren Ehrentag heute. Wir gratulieren.
Wenn Katharina Lindenberg erzählt, hört man noch ein wenig den Berliner Akzent heraus. Am 3. November 1918 wurde sie in Westberlin, genauer gesagt in Charlottenburg, geboren. Sie wuchs dort zusammen mit ihren beiden Schwestern und ihren Eltern auf. Ihr Vater starb, als sie zehn Jahre alt war und die Mutter zog die drei Kinder von da an alleine groß und arbeitete als Hauswartin. So lernte Katharina Lindenberg schon früh, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. „Ich habe im Leben vieles alleine geschafft. Es war nicht immer einfach, aber es hat geklappt“, sagt die rüstige Jubilarin.
Und das merkt man ihr an. Auch wenn es mit dem Laufen und der Sehkraft nicht mehr so gut funktioniert, macht sie vieles noch eigenständig. So geht sie regelmäßig auf den Wochenmarkt in Rheindahlen, der auf dem Marktplatz am Freitag stattfindet, und nicht weit vom Städtischen Altenheim Rheindahlen entfernt ist. Gerne wäre sie Krankenschwester geworden oder Schneiderin. „Aber die Ausbildung kostete Geld und das war damals zu teuer“, sagt sie. Also machte sie eine Lehre zur Verkäuferin bei Breningmeier, heute C&A. Ihr Chef ging dann nach Erfurt und holte Katharina zu sich ins Kaufhaus. Dort baute sie sich ihren Hausstand alleine auf. Um ihr Gehalt als Verkäuferin aufzubessern, schnallte sie sich abends in der Scala einen Bauchladen mit Süßigkeiten um. „Da habe ich gutes Geld verdient“, sagt sie.
Mit 19 Jahren wurde sie aufgrund des Krieges zum Sanitätsdienst ins Krankenhaus eingezogen. Dort pflegte sie vier Jahre lang die verletzten Soldaten. Hier lernte sie auch ihren zukünftigen Mann kennen. Bis zu seinem frühen Tod führten sie eine glückliche Ehe. Dann zog sie mit ihrem zweiten Mann nach Voosen an den Niederrhein. „22 glückliche Jahre haben wir zusammen verbracht. Wir sind oft nach Holland und an die Nordsee gefahren. In Holland hatten wir eine feste Clique, mit der wir uns regelmäßig getroffen haben“, erzählt sie und zeigt stolz Fotos vom Haus, dass sie komplett alleine eingerichtet hat. „Mein Mann hat gesagt, mir gefällt alles, was dir gefällt und du sollst dich hier wohlfühlen.“Neben ihren Hunden, war die Handarbeit ihr großes Hobby, ob Häkeln, Sticken und natürlich das Nähen. „Aus dem Mantel meines Vaters habe ich einen Mantel für mich gemacht“, erzählt sie. Besonders stolz ist sie auf ihren Erfolg beim Kegeln, da holte sie den Pokal für ihre Station. Ihren Geburtstag wird sie mit ihrem Neffen feiern.
Fast hatte Gertrud Heidrich damit gerechnet, dass niemand darauf kommen würde, dass sie am 30. Oktober 2018 ihren 100. Geburtstag feiert. Aber da hatte sie die Rechnung ohne die Bewohner und das engagierte Personal des Helmut-Kuhlen-Hauses gemacht. „Als ich heute morgen aufgestanden bin, habe ich noch gedacht, es weiß ja niemand, dass ich Geburtstag habe“, sagt die Jubilarin. Doch weit gefehlt. Am Nachmittag ist die Cafeteria des Hauses voll. Viele Bewohner sind gekommen, um mit ihr das neue Lebensjahr zu feiern. Auch ihr Neffe, der in Rheydt lebt, und Verwandtschaft aus Schlesien sind extra zu diesem Ehrentag gekommen.
In Schlesien wurde sie geboren und kam 1961 an den Niederrhein. Ihre beiden Brüder und ihre Schwestern, darunter auch ihre Zwillingsschwester, blieben in Polen. Wie in Polen arbeitete sie bis zur Rente in der Druckerei der Westdeutschen Zeitung. „Ich kann gut mit den Niederrheinern“, sagt sie und lacht. Das passt zu 100 Prozent. „Et kütt wie et kütt“steht im Kölsche Grundgesetz, das gilt auch für Gertrud Heidrich. Auf die Frage, wie man denn 100 Jahre alt wird, antwortet sie: „Einfach weiterleben.“Zudem ist sie für jeden Spaß zu haben und liebt Musik. Gerne hat sie getanzt. Auch jetzt hält sie beim Klassiker „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“nichts im Rollstuhl. Sie hält sich an einer Mitarbeiterin fest und schunkelt im Takt. Sie ist bei fast allen Aktivitäten im Haus dabei. Besonders liebt sie das „Mensch-ärgere-Dich- nicht“-Spiel. Nur logisch, dass ihre Geburtstagstorte passend zum Hobby gestaltet ist. Gertrud Heidrich freut sich sehr über das Kunstwerk und kann zunächst nicht glauben, dass es eine Torte ist. Sie nimmt kurzerhand eine Spielfigur und stellt erstaunt fest: „Die kann man ja essen.“Außerdem liebt sie Schokolade. Das haben sich die Bewohner gemerkt und übergeben ihr einige Tafeln als Geschenk. Natürlich darf ein Blumenstrauß zum Geburtstag nicht fehlen. Den muss sich Gertrud Heidrich selber zusammenstellen. Jeder Bewohner im Kreis hat eine Blume in der Hand und Gertrud Heidrich wird zu jedem einzelnen gefahren um sich ihre Blume und Glückwünsche abzuholen. Am Ende ist ein schöner, bunter Strauße entstanden. Als besonderes Highlight haben die H-KH-Allstars, die Tanzgruppe aus dem Seniorenzentrum, noch etwas vorbereitet. Oliver Jansweid und Natascha Höing im Schwimmdress und Bademantel singen Playback und tanzen zu „Die Wanne ist voll“. Erschöpft aber glücklich lässt sich Gertrud Heinrich von ihrem Neffen Burkhard Wysluch auf ihr Zimmer bringen.