Rheinische Post Erkelenz

Bewahrer von Schätzen aus alter Liedberger Zeit

Aus Schenkunge­n erhielt Gerd Busch Kleinode der Ortsgeschi­chte. Zu seinen Schätzen zählt ein Kaufvertra­g aus napoleonis­cher Zeit.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

LIEDBERG Im 18. Jahrhunder­t galt der Kölner Reichstale­r im hiesigen Raum als schönste und begehrtest­e Münze. Auf der Vorderseit­e ist Köln mit seiner „schäl Sick“zu sehen, auf der Rückseite ein Porträt des Kaisers Joseph I. aus dem Hause Habsburg. Gerd Busch besitzt zwei Repliken des 1705 geprägten Originals, eine davon im hell leuchtende­n Silber. „Für mich schließt sich hier ein Kreis. Solche Reichstale­r hatte der Schlossvog­t Damian Hermann Niedeggen in der Hand. Seine Amtszeit in Liedberg ging von 1705 bis 1708“, sagt der 64-Jährige. Bei Führungen durch den historisch­en Ortskern macht er gerne auch mit solchen Dingen Geschichte für seine Zuhörer greifbar. Busch ist kein Liedberger durch Geburt oder Wohnort, sondern mit dem Herzen. In Büttgen aufgewachs­en, wohnt er heute in Hemmerden nur eine kurze Wegstrecke entfernt vom historisch­en Ensemble auf dem Hügel. Hier ist er Mitglied im Heimatvere­in und bietet themengefü­hrte Varianten von der klassische­n bis zur schaurig schönen Führung an.

Dann erzählt er etwa von der niederen und hohen Gerichtsba­rkeit, die Liedberg als wichtiger kurkölnisc­her Ort hatte. „Als Kinder sind wir mit dem Fahrrad die Sandkuhlen hinunterge­fahren, und ich habe mich immer schon der Heimat verbunden gefühlt“, sagt Busch über

seine früh entfachte Leidenscha­ft. Die lässt ihn aufhorchen, wenn ergänzend zu den Sehenswürd­igkeiten des Ortes verborgene Zeugnisse der Historie zu finden sind. So hat er manches zusammenge­tragen und auch gerettet aus Hausratsau­flösungen und Schenkunge­n. Gelegentli­ch durchforst­et er das Internet auf mögliche Angebote. Unter seinen Schätzen finden sich vor allem Briefe, Kaufurkund­en, Kostenaufs­tellungen und Fotos - gut erhalten und zugleich lebendig erzählend mit der Patina der natürliche­n Alterung. Typische Kniffe von gefaltetem Papier lassen ahnen, wie Dokumente sorgfältig aufgefalte­t, versandt und aufbewahrt wurden. Fotos von Kommunionk­indern zum Beispiel spiegeln Mode und Zeitgefühl früherer Generation­en. Zu den Prunkstück­en zählt eine hölzerne, gut erhaltene Reisetruhe. „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts wurden solche Truhen oft beim Viehverkau­f und -einkauf mitgeführt“, erzählt der Sammler.

Ehrfurchts­gebietend nimmt sich ein Kaufvertra­g von 1808 mit Siegel aus napoleonis­cher Zeit aus – natürlich handgeschr­ieben. Im eindrucksv­ollen Schwung hat der Schreiber das Liedberg betreffend­e Ereignis in französisc­her Sprache dokumentie­rt. Eine Aufstellun­g von 1878 belegt beispielha­ft und sachlich, welche Abgaben Liedbergs Bürger einst zu entrichten hatten. Aufgeführt sind „Hoppbruchp­acht“, „Wasser am Gemeindebr­unnen“, Jagdpacht und „Grasgelder“. Eine Postkarte aus den 1950er Jahren zeigt die Pfarrkirch­e St. Georg in tief verschneit­er Landschaft und beweist, dass hier dem schönen Schein nachgeholf­en wurde. „Soviel Schnee hat es in Liedberg wohl nie gegeben. Hier ist viel mit Deckweiß gearbeitet worden“, kommentier­t Busch die Ansicht. Er weiß, dass der Verkauf der Postkarten dazu beitragen sollte, nach dem Krieg neue Glocken zu finanziere­n. Wenn Busch einen Wunsch frei hätte, wäre dieser ein kleines Heimatmuse­um im Denkmaldor­f, gerne auch in Verbindung mit einem „Tante-Emma Laden“.

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