Rheinische Post Erkelenz

Verrückte Fiktion im Museum Abteiberg

„Der Schrank des Ramon Haze“ist eine schräge Ausstellun­g. Die Präsentati­on ist humorvoll, aber nicht spöttisch. Gezeigt wird die Sammlung von Ramon Haze, den Holmer Feldmann und Andreas Grahl erfunden haben.

- VON INGE SCHNETTLER

Ramon Haze (gesprochen: Hase) lebt in der Zukunft. Sein Wohnzimmer allerdings befindet sich im Museum Abteiberg. Seine Sammlung mit Werken aus dem 20. und frühen 21. Jahrhunder­t ebenfalls. Die Künstler, von denen die Arbeiten stammen, sind zum Teil erfunden und alle bereits tot. Das heißt, nein, Ruth Tauer stirbt 2022 in Edgarston in den Vereinigte­n Staaten und Kurt Helm 2037 in Leipzig. So steht es in den Erläuterun­gen. Die stammen von den beiden Künstlern Holmer Feldmann und Andreas Grahl. Sie haben die Sammlung des Kunstdetek­tivs Ramon Haze, den sie erfunden haben, 1996 aufgespürt und zeigen sie nun erstmals in einem Museum. Im Mönchengla­dbacher Museum Abteiberg. Eine Sensation.

Neun bis zu dem bemerkensw­erten Fund von Feldmann und Grahl unbekannte Urinale von Marcel Duchamp wird der Museumsbes­ucher in einem Industrier­egal vorfinden. „Duchamp hatte sie 1912 in einem Keller in Dresden versteckt“, erklärt Helmer Feldmann. „Der Künstler wollte sie immer abholen, das wurde aber durch den Ersten Weltkrieg, den Zweiten Weltkrieg und den Kalten Krieg verhindert.“Nun sind sie wieder da, leider ist eines der Urinale in einem schlechten, weil zerbrochen­en Zustand.

Der Museumsgas­t muss sich übrigens nicht wundern, wenn er die Straßenebe­ne betritt. Da sind massenhaft Holzkisten gestapelt und scheinen auf den ersten Blick den Weg in die Ausstellun­g zu versperren. Tun sie nicht, die Kisten gehören dazu. Und gleich dahinter sind zwei Kinderlauf­ställchen mit bunten Gitterstäb­en platziert. In dem einen sitzt ein nicht mehr ganz neuer Teddybär, in dem anderen eine Puppe, vor deren Gesichtsau­sdruck jedes Kind zurückschr­ecken müsste. Gruselig. Eine Holzlokomo­tive steht in dem einen, ein -waggon in dem anderen Kinderaufb­ewahrungsm­öbel. Und über dem Geländer hängt hüben wie drüben ein nicht mehr ganz weißer Büstenhalt­er. Der Russe Ilja Kabakov schuf den einen Laufstall, der andere stammt von einem völlig unbekannte­n kolumbiani­schen Künstler. „Der Kolumbiane­r war entweder Kabakovs Vorbild oder dachte rein zufällig so ähnlich wie Kabakov. Dass Kabakov ihn inspiriert­e, schließen die Indizien aus“, sagen Feldmann und Grahl.

Ja, es gibt viele Kuriosität­en zu entdecken. Und die Besucher werden sich Fragen stellen (müssen): Was wird aus der Kunst des 20. und 21. Jahrhunder­ts? Welche Werke bleiben erhalten und welche Kunstrezep­tion setzt sich durch? Welche medialen Arbeiten sind noch lesbar, und wie werden sie konservier­t? Was ist überhaupt Kunst? „Kunst hängt oder steht im Museum und behauptet von sich, Kunst zu sein“, sagt Museumsdir­ektorin Susanne Titz. Sie entdeckte den sagenhafte­n Schatz, den Holmer Feldmann und Andreas Grahl hoben, 2016 in Berlin. „Ich ging durch den Schrank und geriet in diese bemerkensw­erte Ausstellun­g. Und die wollte ich unbedingt ins Museum Abteiberg holen.“Das hat sie getan. Zum Glück. Und der Schrank steht nun in Ramon Hazes Wohnzimmer. Nicht zu übersehen.

Die Ausstellun­g wird am Sonntag, 11. November, um 12 Uhr eröffnet. Es gibt ein umfangreic­hes Rahmenprog­ramm: www.museum-abteiberg.de

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Holmer Feldmann (l.) und Andreas Grahl bezeichnen sich als die Schergen des (fiktiven) Ramon Haze, der in der Zukunft weilt. Sie haben die Sammlung des Kunstdetek­tivs entdeckt, den Schatz gehoben und bewahrt.Bis zum 28. April 2019 wird „Der Schrank des Ramon Haze“im Museum gezeigt. Eröffnung ist am Sonntag um 12 Uhr.
FOTO: DETLEF ILGNER Holmer Feldmann (l.) und Andreas Grahl bezeichnen sich als die Schergen des (fiktiven) Ramon Haze, der in der Zukunft weilt. Sie haben die Sammlung des Kunstdetek­tivs entdeckt, den Schatz gehoben und bewahrt.Bis zum 28. April 2019 wird „Der Schrank des Ramon Haze“im Museum gezeigt. Eröffnung ist am Sonntag um 12 Uhr.

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